Ostermarsch 2022: Wir ziehen nicht in EUREN Krieg!!

Aktualisiert, 18.4.22

In zahlreichen Städten gab es am Osterwochenende Demonstrationen und Kundgebungen gegen Aufrüstung, Krieg und Kriegstreiberei. Dabei wurde deutlich, dass viele Menschen gegen beide Kriegsparteien Stellung beziehen und nicht in diesen Krieg der Großmächte hineingezogen werden wollen. Der russische Angriff auf die Ukraine wurde verurteilt und ein Ende aller Kriegshandlungen gefordert, aber in Zusammenhang mit der ebenso aggressiven Politik der NATO, der USA, der EU und Deutschlands gestellt. Daher wurde auch das 100-Milliarden-Aufrüstungspaket und Waffenlieferungen an die Ukraine abgelehnt. Es wurde deutlich, dass die Zahl derer, die sich nicht blind und verhetzt in einen Krieg oder gar Weltkrieg hineinziehen lassen wollen, groß ist. Die Teilnehmerzahlen waren meist höher als in vorhergehenden Jahren. Der Krieg hat viele wach gerüttelt.

Allerdings war der Ostermarsch und seine Ausrichtung umkämpft. So forderte Tobias Weigelmann vom Jugendverband der Linken, Linksjugend Solid Bonn: „Die meisten hier sind gegen den Einsatz von Waffen. Ich sehe das anders. Man kann und sollte derzeit schwere Waffen liefern, um die Ukraine zu unterstützen.“ Oder als in Oldenburg einer der Redner die Nato als „Verbrecherbündnis“ bezeichnete, gab es heftige Auseinandersetzungen. Druck gab es von der herrschenden Klasse: Robert Habeck, Grüne, meinte, Pazifismus sei „ein ferner Traum“. Er will Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet steigern und schwere Waffen liefern. FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff hetzte gar, die Ostermarschierer für Frieden und gegen Aufrüstung seien „die fünfte Kolonne Wladimir Putins“. Der Vertreter des Großkapitals, dessen Vater wegen verschiedener Affären als „Graf Nimmsdoch“ tituliert wurde, steht stramm für die Rüstungsindustrie.

Stuttgart


Über 2500 waren beim Ostermarsch in Stuttgart, deutlich mehr als in vorhergegangenen Jahren. Der Redakteur des SWR „sah“ jedoch nur 400-500! Es passte wohl nicht, dass hier nicht in den Chor der Kriegstreiber eingestimmt wurde. Mehrere Jugendorganisationen hatten sich in einem Jugendblock zusammengeschlossen, der deutlich auffiel. Von den Reden stach der Beitrag von Christoph Marischka von der IMI (Informationsstelle Militarisierung) hervor: Er verurteilte den russischen Angriff, zeigte aber sehr detailliert auf, dass es sich hier um einen Machtkampf zwischen den Großmächten handelt, die seit Jahren schon in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Sahelzone, Iran miteinander um die Vorherrschaft ringen. Er sah keine „gute“ Seite, sondern forderte Schluß mit Aufrüstung und Krieg zu machen.

Wir verteilten viele Flugblätter und trugen mehrere Plakate mit unseren Forderungen zum Ostermarsch 2022.

Kiel


In Kiel hat sich die Teilnehmerzahl gegenüber den Vorjahren auf über 500 mehr als verdoppelt. In den Reden wurde der Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt, aber auch die Aggressivität der NATO und Deutschlands. Das 100-Milliarden-Rüstungspaket wurde abgelehnt und stattdessen Geld für Bildung, Gesundheitswesen, Umwelt gefordert.

München

Es waren, von mir geschätzt, etwa 1.500, vielleicht sogar etwas mehr Ostermarschierer, die in München am 16. April durch die Innenstadt marschiert sind, um ihren Unmut und auch ihre Sorgen über den Krieg in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen. Natürlich waren auch andere Fragen, wie die Stationierung von Atomraketen in Büchel durch die US-Army, die sich zuspitzende Kriegsrhetorik der Politiker und in der Presse usw., im Fokus.

Als 1. Redner der Auftaktkundgebung sprach Tommy Rödl von der DFG/VK. Obwohl seine Rede stellenweise pazifistische Illusionen wie die Hoffnung auf eine faire Verhandlungslösung enthielt, geißelte er mit scharfen Worten die kriegstreiberische Politik sowohl auf russischer Seite als auch auf Seiten der NATO und der USA. Sie wurde mit viel Beifall aufgenommen. Im Anschluss daran sprach Katja Ladinskaya von der Ukrainisch-Russischen Friedensbewegung. Dass es so etwas überhaupt gibt, war schon ermutigend.

Anschließend setzte sich der Marsch durch die Innenstadt zum Gärtnerplatz und von dort auf einem anderen Weg zurück zum Marienplatz in Bewegung. Trotz des kalten und teilweise regnerischen Wetters nahmen deutlich mehr Menschen teil als in den vergangenen Jahren. Verglichen mit der Anti-SiKo-Demo im Februar waren sehr viel mehr ältere Menschen auf den Beinen, die so genannten „alten Hasen“ der Friedensbewegung, die sich erfreulicherweise wieder mehr gefordert sehen.

Positiv fiel mir auf, dass ein ziemlich großer Block von Ver.di-Mitgliedern mit Fahnen und Transparenten dabei waren, negativ dagegen, dass von der IGMetall gleich überhaupt nichts zu sehen war – München ist mit Kraus-Maffei und Siemens ja ein bedeutender Rüstungs-Standort.

Auf der Abschlusskundgebung hielten dann noch Jacqueline Andres, Informationsstelle Militarisierung Tübingen (IMI) und Michael Jäger, Extinction Rebellion, zu kommenden Aktionen beim G7-Gipfel, Reden.

Unsere Flugblätter zum Ostermarsch konnten wir praktisch komplett verteilen.

Frankfurt

Sternmarsch in und nach Frankfurt

Eine der ersten Aktionen des Ostermarsches in Frankfurt fand gegen halb elf im benachbarten Eschborn vor dem dortigen Hauptsitz des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) statt. Dieses Amt ist zuständig für die Genehmigung und Kontrollen der Ausfuhr von Rüstungsgütern und steht damit nicht erst seit Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine im Zentrum der Kritik der Friedensbewegung.

Wir stehen für die internationale Solidarität zwischen allen Völkern und Unterdrückten. Wir sind nicht Teil dieses Systems der gegenseitigen Legitimation von Kriegshandlungen und Aufrüstung. Militarisierung ist keine Solidarität!“, lautet der Aufruf der Bewegung „Rheinmetall entwaffnen / Rhein-Main“.

Auch in Darmstadt, Hanau, Oberursel und Offenbach sammelten sich die Friedensbewegten, um sich auf dem Fahrrad oder mit der Bahn auf den Weg nach Frankfurt zu machen.

Auftakt in Frankfurt im Stadtteil Bornheim, Niederrad und Rödelheim

Die Rednerin der Rödelheimer Friedensinitiative zum Auftakt in Rödelheim enthüllte vor den etwa einhundert Teilnehmenden die Ambivalenz, in der sich die deutsche Friedensbewegung seit dem Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine teilweise befindet. Die Rednerin sah zutreffend die Ursache des Krieges in den wachsenden Widersprüchen zwischen Russland und der NATO und forderte Friedensverhandlungen, sprach aber auch von berechtigten „Sicherheitsinteressen“ der Ukraine, der Nato und Russlands, die zu berücksichtigen seien. In welcher Art „Sicherheit“ die Werktätigen leben, wenn die Regierungen über ihre „Interessen“ verhandeln, war indes nicht zu hören.

Der Krieg beginnt hier, hier muss er gestoppt werden!

Auf dem Weg in die Innenstadt wurden vor einer Einrichtung der Bundeswehr im Stadtteil Hausen haltgemacht, wo gegen die Politik der „Neuen Wehrhaftigkeit“ der Bundesregierung Stellung bezogen wurde. In Hausen wird u. a. der Einsatz von Offizierinnen und Offizieren an Schulen und an Arbeitsagenturen koordiniert, um neues Kanonenfutter für die Vorwärtsverteidigung demokratischer Werte anzuwerben.

Ein weiterer Stopp wurde eingelegt vor der Frankfurter Messe, wo dieses Jahr die zwölfte Auflage der Waffenmesse „GPEC General Police Equipment & Conference“ stattfinden wird, denn auch die Vorbereitungen der Regierungen gegen den „inneren Feind“ sind Vorbereitungen für den Krieg. Dass dieser Krieg der Regierenden gegen die Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner propagandistisch längst begonnen hat, belegte Alexander Graf Lambsdorff (FDP), der die Friedensbewegung als die „fünften Kolonne Moskaus“ bezeichnete.

Deutsche Waffen, deutsches Geld – morden mit in aller Welt!“

Wenn in Frankfurt gegen den Krieg demonstriert wird, muss im Herzen des deutschen Finanzkapitals demonstriert werden! Im Frankfurter Bankenviertel laufen die Geldströme für die Finanzierung von Rüstung und Krieg zusammen, hier sitzen die größten Profiteure der imperialistischen Kriege.

Bevor die Abschlussveranstaltung auf dem Römerberg schließlich beginnen konnte, musste erst noch eine Gruppe der Querdenker-Organisation „Die Basis“ vom Platz komplimentiert werden, die diese Kundgebung für ihre rechtslastige Propaganda zu nutzen versuchte.

Alle Rednerinnen und Redner betonten, dass die Erhöhung des Wehretats auf zwei Prozent die Welt nicht friedlicher mache, und dass auch das kurzerhand geschaffene Sondervermögen Bundeswehr von 100 Milliarden Euro keinen Beitrag zum Erhalt des Friedens sein wird, sondern Kriegsführung möglich machen soll.

Auch wurde klar gemacht, dass unsere Solidarität allen Menschen gelten muss, die vor Kriegen fliehen, und dass Solidarität nicht nach Sympathie für eine der Kriegsparteien fragen darf.

Es wurde auch deutlich gesagt, dass der russische Krieg gegen die Ukraine ein Angriffskrieg sei und als solcher verurteilt werden muss, über die Ursachen dieses Krieges allerdings wurde wenig gesagt.

Ein Erfolg war, dass bei der Abschlussveranstaltung 3.000 Menschen zusammen gegen den Krieg demonstriert haben, im Jahr zuvor waren es nur 1.000 Menschen. Angesichts der Tatsache, dass im Einzugsgebiet dieser Demonstration etwa 2,4 Millionen Menschen leben, ist diese Resonanz natürlich trotz des Wachstums nicht zufriedenstellend.

Nürnberg

Ich hatte heute deutlich zu wenig Exemplare des Flugblattes „Schluss mit dem Krieg in der Ukraine“ kopiert, nämlich nur 50 Exemplare. Bestimmt wäre ich gut die dreifache Menge los geworden und so habe ich alle Flugblätter schon bei der Auftaktkundgebung am Kopernikusplatz (in Nürnberg) verteilt. Hier hielten die Rednerinnen und Redner überwiegend gute Reden, die sich gegen den aktuellen Krieg um die Ukraine zwischen der Russischen Föderation und der NATO/EU etc. richteten. Eine einzige Ausnahme war die Rede einer Stadträtin der Partei „Die Linke“, die ihren imperialistischen Pazifismus pflegte. Auf der anschließenden Demonstrationsroute zur Hauptkundgebung (am Kornmarkt) durch die Nürnberger Südstadt fielen mir kämpferische Parolen auf, wie „Siemens, Daimler, Deutsche Bank: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“und „Baerbock, Linder, Kanzler Scholz: Der Waffenlobby ganzer Stolz!“, die von verschiedenen (Jugend-)Organisationen (von SDAJ bis FDJ usw.) gemeinsam gerufen wurden.

Während der Abschlusskundgebung am Kornmarkt (des veranstaltenden Nürnberger Friedensforum) kritisierte der Hauptredner Christoph Marischka (von der Informationsstelle Militarisierung) hauptsächlich die gegenwärtige Politik der deutschen Bundesregierung mit ihrem Aufrüstungs- und Kriegskurs. Daran beteiligten deutlich über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die bürgerliche Presse rechnete die Teilnehmerzahl auf 600 herunter.

Hamburg


Am Ostermontag versammelten sich in Hamburg über 3.000 Menschen zum alljährlichen Ostermarsch. Im Vorfeld hatte es in der viel gelesenen Hamburger Morgenpost mehrere Artikel gegeben, die von der Teilnahme abrieten bzw. den Veranstalter, vor allem das Hamburger Forum, eine zu russlandnahe Position vorwarfen. Während die Kritik berechtigt ist, dass die Friedensbewegung häufig keine richtige Analyse des globalen Imperialismus hat, muss dies von Seiten der herrschenden Medien als eine gezielte Behinderung friedenspolitischer Bewegungen angesehen werden. So äußerten sich auch viele Politiker der Ampel-Koalition im Vorhinein kritisch zu den Ostermärschen und versuchten, die Forderung nach Abrüstung als absurd und schädlich darzustellen. In diesen Zeiten der allgemeinen Kriegshetze wurde in Hamburg trotz alledem ein starker Protest auf die Beine gestellt. Die Demonstration kam zahlenmäßig zwar weitem nicht an die regierungstreuen, blau-gelben „Anti“-Kriegsdemos der letzten Wochen heran, war jedoch laut und hat an Größe im Vergleich zu den letzten Jahren nicht eingebüßt.


Um 13:00 ging es auf der Reeperbahn los, wo nach der Osterandacht mehrere Redebeiträge gehalten wurden. Die Forderungen dieses Jahr waren unter anderem konsequente Abrüstung, Verbot von Rüstungsexporten, keine weitere Kriegsbeteiligung Deutschlands sowie keine Sanktionen oder Bedrohung Russlands, Chinas und anderer Staaten. Was das Bild der Demonstration besonders prägte war der aus einem breiten Bündnis bestehende Jugendblock, der größer und besser organisiert war als die letzten Jahre. Dieser forderte unter anderem den Austritt aus der NATO und setzte sich gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht ein. In vielen Redebeiträgen wurde sich gegen die 100 Milliarden für die Bundeswehr positioniert und aufgezeigt, dass genau dieses Geld an allen Ecken und Enden fehlt.


Alles in Allem war der Ostermarsch 2022 von verschiedenen Gruppen mit verschiedenen Positionen getragen, aber trotzdem ein schlagkräftiges Zeichen für eine tatsächliche Friedenspolitik. Es bleibt daran zu arbeiten, dass die fortschreitende Militarisierung auch ihre entsprechende Antwort in der Bevölkerung findet und in den nächsten Jahren ein noch größerer Protest organisiert wird. Die Gegenseite arbeitet hart für ihre Ziele – halten wir dagegen!

Köln

Magdeburg


In Magdeburg kamen am 16.4.22 rund 100 vor allem Jugendliche zusammen, um gegen den Krieg der Großmächte, gegen Aufrüstung und Kriegshetze zu demonstrieren.