Korrespondenz: Zum 90. Jahrestag der Münchner Räterevolution
zeichnet das Literaturhaus den kurzen, aber ereignisreichen Zeitabschnitt vom
Ende des 1. Weltkrieges bis zur Niederschlagung der zweiten Räterepublik und
die weiteren Ereignisse in einer Ausstellung nach. Organisiert wurde die
Ausstellung vom Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG). Mit Hilfe von Studenten
des Uni-Instituts für Bayerische Geschichte, wurde die Ausstellung gestaltet.
Sehr vielseitig, mit Photos und Filmen, Bild- und Textstellwänden, Computer-
und Pressedokumenten und einigen nachgestellten Kulissen, sorgt die Ausstellung
für Abwechslung. Der Besucher wird über den allgemeinen Ablauf der dramatischen
Ereignisse informiert, in der binnen kurzer Zeit drei Regierungen aufeinander
folgten. Ebenso erfährt man einzelne Hintergründe und Details vor, während und
nach der blutigen Niederschlagung der Revolution. Natürlich ist die Ausstellung
kein Versuch ein marxistisches Geschichtsbild widerzugeben. Ist z.B. noch eine
gewisse Sympathie für die Proklamierung der ersten Räterepublik am 7. April
1919 und für den ersten Ministerpräsidenten Bayerns, Kurt Eisner (USPD)
herauszulesen, so will man sich von der zweiten Räterepublik unter Führung der KPD,
deren Verteidigung durch die in Bayern entstandene Rote Armee, distanziert
wissen. Die blutige Niederschlagung durch 30.000 mobilisierte Reichswehrtruppen
und Freikorpssoldaten wird zwar moralisch verurteilt, jedoch auch auf die
angebliche „Rote Gefahr“ angespielt. Auf eine ausreichende Würdigung der
Revolutionäre, die zum Opfer des weißen Terrors wurden, wollten sich die
Aussteller nicht einlassen. Zu einer plumpen Gleichsetzung von Faschismus und
dem Rätesystem kommt es jedoch nicht. Erwähnung und Anerkennung finden auch die
demokratischen Errungenschaften der Räterepublik. Beschlossen wurde u.a. damals
der Achtstundentag für Arbeiter, eingeführt wurde das Wahlrecht für Frauen und
aufgehoben wurde die geistliche Aufsicht über die Schulen! Für diese kurze
Zeitspanne waren das einige fortschrittliche Errungenschaften, die mitunter
auch bei bürgerlich-demokratisch gesinnten Menschen Anerkennung findet.
Schließlich geht auch die Geburtsstunde Bayerns auf die Räterepublik unter Kurt
Eisner, der kurz darauf einem Attentat zum Opfer fiel, zurück. Das Bayerische
Staatsgrundgesetz vom 17. März 1919 ernannte das Land zum Freistaat. Ein
Umstand, an den bürgerlich-konservative Kräfte bis heute noch nicht gern
erinnert werden, den diese jedoch anerkennen müssen! In der für die
Öffentlichkeit verfassten Proklamation, die von Kurt Eisner unterzeichnet wurde
heißt es:
„Proklamation
Volksgenossen!
Um nach jahrelanger Vernichtung aufzubauen, hat das Volk die
Macht der Zivil- und Militärbehörden gestürzt und die Regierung selbst in die
Hand genommen. Die Bayerische Republik wird hierdurch proklamiert. Die oberste
Behörde ist der von der Bevölkerung gewählte Arbeiter-, Soldaten und Bauernrat,
der provisorisch eingesetzt ist, bis eine endgültige Volksvertretung
geschaffen werden wird. Er hat
gesetzgeberische Gewalt. Die ganze Garnison hat sich der Republikanischen
Regierung zur Verfügung gestellt. Generalkommando und Polizeidirektion stehen
unter unserem Befehl. Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt.
Hoch die Republik!
Der Arbeiter- und Soldatenrat
Kurt Eisner“*
Wegen ihrer Vielfältigkeit und umfangreicher Infos ist die
Ausstellung sehenswert. Gerade wegen ihrer Stärken und Schwächen sollte man
sich selbst ein Bild machen. Kurz Entschlossene, die in die Stadt kommen, und
die Ausstellung noch sehen wollen, müssen sich allerdings beeilen. Zwar ist das
ursprünglich Ende der Ausstellung, am 22.02.09, verlängert worden, jedoch nur
bis zum 8.März!
[rab]
*Quellenangabe: Ralf Höller, Der Anfang der ein Ende war,
Die Revolution in Bayern
1918/19, Aufbau
Taschenbuchverlag 1999, S.48 (Rechtschreibung wurde angepasst).
Infos:
Öffnungszeiten des Literaturhauses München, Salvatorplatz 1:
Di-Fr 11-19 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr.
Weitere Infos unter: www.hdgb.de
oder www.literaturhaus-muenchen.de