Bosch-Chef Franz Fehrenbach drückt in der November-Nummer des
„Bosch-Zünder“, der „Zeitung für die Mitarbeiter der Bosch-Gruppe“,
direkt auf die Tränendrüsen. Das Interview lässt er übertiteln: „Große
Sorge um Arbeitsplätze in deutschen Werken“. Dann kommt er zur Sache,
was diese Sorge praktisch für Folgen haben soll:
· „Unsere Arbeitskosten sind im weltweiten Maßstab zu hoch –
gleichzeitig nimmt der Preisdruck aus allen Ecken der Welt unaufhaltsam
zu. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass unsere
Mitarbeiter ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Beiden Aspekten
können wir mit einer Arbeitzeitverlängerung bei unveränderten Entgelten
am ehesten gerecht werden.“
· Zynisch spielt er auf die Agenda 2010 an, an der er wahrscheinlich
höchstens auszusetzen hat, dass sie nicht weit genug geht: „Nach meiner
Einschätzung haben die meisten Mitarbeiter das größte Interesse daran,
ihr Einkommen mindestens zu halten, zumal sie künftig viele Risiken
verstärkt privat absichern müssen. Und da jeder weiß, dass…wir
weltweit mit die kürzesten Arbeitszeiten haben, scheint mir die
stufenweise Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden ein
durchaus erträglicher Weg zu sein.“
· „Geschickt“ spielt der Interviewer seinem Herrn und Meister die Bälle
zu: „Werden wir mit der 40-Stunden-Woche nicht aber mehr Arbeitsplätze
abbauen?“ Dazu weiß Fehrenbach gleich Rat: „Nein, das wird dann nicht
so sein, wenn wir durch die vielen erforderlichen Reformen – und dazu
gehört auch die Arbeitszeitgestaltung – die deutsche Wirtschaft wieder
zum Wachsen bringen…“
Ein schlagendes Beispiel, wie die bürgerliche Opppositons- unde
Regierungspolitik der Stimme ihrer Herren folgt und ihren Forderungen
nachkommt.
Wer Ohren hat zu hören, der höre: Die Arbeitszeitgestaltung gehört für
diese Herren des Kapitals eben auch zu den „vielen erforderlichen
Reformen“. Ein Vorsitzender der Geschäftsführung eines Konzerns wie
Bosch bedient sich natürlich eines gewählten, sozial angehauchten
Tonfalls. Die Praxis sieht drastischer aus:
Um gleich den Ernst seiner „großen Sorge um Arbeitsplätze in deutschen
Werken“ zu untermauern, lässt Fehrenbach die Streichung von 85
Arbeitsplätzen im Elektrowerkzeug(EW)-Werk in Sebnitz (Sachsen) und von
150 im EW-Werk Leinfelden (Baden Württemberg) verkünden. Speziell in
Leinfelden seien betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen,
obwohl man sozialverträglich vorgehen wolle.
Auf einer Betriebsversammlung bei Bosch in Leinfelden kam es daraufhin
im November 2003 zu heftigen Protesten und zu spontanen
Arbeitsniederlegungen der Belegschaft.
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