Übersetzung aus „La Forge“, Zeitung der PCOF, Okt. 2020
Seit ein paar Wochen begann die Gesundheitskrise mit Macht von Neuem und die Wirtschaftskrise verschlechtert sich stetig auf dem Hintergrund von Ankündigungen von Firmenschließungen, Entlassungen, Lohnkürzungen, Abschaffung von Freistunden und steigender Flexibilisierung und Prekarisierung sowohl für die „Neulinge“ auf dem Arbeitsmarkt wie für die älteren Beschäftigten.
Die Armut und Unsicherheit trifft die Handwerker, besonders im Gaststättengewerbe, die Scheinselbständigen, von denen viele auf Gedeih und Verderben bedroht sind. Ihre Parole „Wir wollen Arbeit!“ – und ihre Beschäftigten arbeiten lassen – beißt sich mit den so willkürlich wie unverständlichen Schließungsmaßnahmen einer Regierung, die hin und her schwankt zwischen Befehlen von oben und örtlichen „abgestimmten Maßnahmen“, die von den Präfekten durchgeführt werden, die Vertreter des Staates sind und dessen Direktiven ausführen.
Die Wut dieser Kleinunternehmer und Handwerker kann sicherlich von verschieden Strömungen, die reaktionär sind oder Verschörungstheorien anhängen und alles auf den Virus schieben, instrumentalisiert werden. Aber sie stützt sich auf eine Realität: Das System, das sich in einer tiefen Krise befindet, stürzt ganze Teile der Wirtschaft ins Chaos und vernichtet die menschlichen Produktivkräfte und die Produktionsmittel.
Die Wut und die Ängste der Arbeiter und kleinen Leute kommen vor allem in den Klein- und Mittelstädten und den Regionen zum Ausdruck, die von der Schließung von Klein- und Mittelbetrieben, in denen einige hundert Arbeiter, Techniker, leitende Angestellte und deren Familien arbeiten, betroffen sind. Die Regierung, die beunruhigt über dieses schnelle Anwachsen der Brennpunkte ist, schickt Präfekten und Unterpräfekten, sogar die Minister dorthin, um zu verhindern, dass diese Brennpunkte des Protests in Kämpfe, Streiks, ja in Besetzungen ausarten. Die Medien bringen am laufenden Band „Berichte“ von Arbeitern, die ihrer Wut, aber auch ihrer Verzweiflung Ausdruck geben, aber jeden Gedanken an Streik ausschließen, weil dieser die „Verhandlungen“ gefährde. Diese finden oft kilometerweit entfernt statt, weit weg von den hauptsächlich Betroffenen: Der von Entlassungen bedrohten Arbeiterinnen und Arbeiter. Die Mobilisierungen sind oft noch zu isoliert voneinander, aber wenn etwas dafür getan wird, dass Arbeiter und Bevölkerung sich vereinen und ihr Gewicht gemeinsam in die Waagschale werfen, trägt das Früchte in Form des Vertrauens in die gemeinsame Aktion, der Fähigkeit, eine Kräfteverhältnis zu schaffen, um „nein“ zu den Entlassungen zu sagen.
Im Gesundheitssektor verursacht die „zweite Welle“ der Pandemie große Ängste und Sorgen. Die Operationen und Behandlungen, die aufgeschoben wurden, können nicht mehr warten, während es keine zusätzlichen Mittel, Betten, zusätzliches Personal in den Krankenhäusern gegeben hat. Auf einmal sind die Notfallstationen – für Covid oder andere Erkrankungen – in manchen Krankenhäusern überlastet.
Die Art und Weise, wie die Gesundheitsbehörden und politischen Amtsträger die Testung organisiert haben und auch dort „Trombosen“ erzeugt haben – die Warteschlangen und die verlängerten Wartezeiten auf Ergebnisse – verstärken den Eindruck eines planlosen und ineffizienten „auf Sicht Fliegens“.
Die die Freiheit beschneidenden Bestimmungen des Gesundheitsnotstands, deren Verlängerung gerade beschlossen wurde, kommen zum Arsenal der vorangegangenen Gesetze hinzu, welche schon die Bestimmungen des Ausnahmezustands eingeführt haben. Die letzte Version der Vorgehensweise bei der polizeilichen Begleitung von Demonstrationen zielt darauf ab, für die Journalisten die Möglichkeit, über Polizeigewalt zu berichten, bedeutend einzuschränken.
Alles das zeigt, dass die einzige „Antwort“, die Macron und seine Regierung auf das Ansteigen des sozialen und politischen Protests zu geben gedenken, der Ausbau einer Politik der Spaltung, der Ablenkung auf Fragen wie des Islamismus und die „Sicherheit“ und die Stärkung des Polizeistaats ist.
Die Demonstrationen vom 17. September auf Aufruf der CGT und anderer Gewerkschaftsorganisationen haben gezeigt, dass ein bedeutender Teil der „Aktivisten“ sich bewusst ist, dass die sich vertiefende Krise die Frage nach dem System stellt. Es ist dieses Bewusstsein, das wir in Verbindung mit den konkreten Kämpfen zur Verteidigung der Interessen der Arbeiter, der Volksmassen und der Völker, steigern müssen. Diese politische Vision müssen wir erörtern.
Bis jetzt hat die Regierung die Demonstrationen unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes nicht formell verboten, aber sie wird wohl ernsthaft daran denken. Darüber besteht kein Zweifel.