Der Evrensel-Kolumnist und EMEP-Vorstandsmitglied (Partei der Arbeit) Yusuf Karataş wurde von der 9. Kammer des Strafgerichts Diyarbakir zu 10 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Yusuf Karatas ist Journalist, der in Diyarbakir lebt und arbeitet, für Demokratie und Frieden steht und schreibt.
Karatas wird vorgeworfen, an „Bildung und Führung einer Terrororganisation“ beteiligt zu sein. Konkret geht es um seine Aktivitäten im „Kongress für eine Demokratische Gesellschaft“ (DTK), weswegen Karatas bereits 2017 in Untersuchungshaft saß. Entscheidendes Detail dabei: Der DTK war von 2009 bis 2013 Teil der Friedensverhandlungen zwischen der türkischen Regierung und den Kurden. Heute wird der DTK zur politischen und juristischen Falle“ konstruiert und für Strafverfolgungen, Schikanen und Repressionen gegen jegliche demokratische Opposition missbraucht.
Das Urteil ist der Versuch des Gerichts, jegliche Opposition gegen die AKP einzuschüchtern und als Terrorismus zu brandmarken. Es zeigt wieder einmal, dass sich die Justiz in der Türkei vollständig in den Dienst der Regierungspartei stellt. Das Gericht folgt der Argumentation der Regierungspartei, die die DTK, auf dessen Veranstaltungen sie in der Vergangenheit auf höchster Ebene vertreten war, heute als „terroristisch“ einstuft. Das vorliegende Urteil ist damit eindeutig politisch motiviert. Yusuf Karataş widerfährt das, was in der jüngeren Geschichte und heute unzähligen Oppositionellen widerfährt.
Die EMEP-Vorsitzende Selma Gürkan verurteilt den Urteilsspruch gegen Yusuf Karataş aufs Schärfste. Das Urteil habe aufs Neue gezeigt, dass die politisierte Justiz in der Türkei Unrecht spreche. Sie weist darauf hin, dass dem DTK in der Anfangszeit Vertreter von allen Parteien, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Frauen-, Jugend- und Friedensbewegung sowie Künstler und Intellektuelle angehörten. Yusuf Karataş vertrat im DTK die Partei der Arbeit und ihre Lösungsvorschläge in der kurdischen Frage. Die Verurteilung dieser Arbeit ist damit ein offensichtlicher Verstoß gegen die Verfassung durch Gerichte. Die Botschaft: Stellt euch nicht auf die Seite der kurdischen Bevölkerung, bleibt ihren Aktivitäten fern.
Die Verurteilung von Karataş reiht sich in die lange Kette ähnlicher Rechtsverstöße ein. Viele Vertreter der HDP, die als drittstärkste Kraft im türkischen Parlament vertreten ist, wurden einschließlich ihrer Vorsitzenden inhaftiert und verurteilt. Heute füllen unzählige Politiker und über 100 Journalisten, die auf Grundlage solchen Unrechts verurteilt wurden, die Gefängnisse in der Türkei.
Bis das Urteil rechtskräftig wird, bleibt Karataş auf freiem Fuß, darf aber das Land nicht verlassen. Seine Verteidiger kündigten an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Wir, die Föderation demokratischer Arbeitervereine, solidarisieren uns mit Yusuf Karatas und allen oppositionellen Journalisten und politischen Gefangenen in türkischen Gefängnissen.
Das Gericht verletzt mit diesem Urteil das Recht auf politische Betätigung und freie Meinungsäußerung.
DIDF Bundesvorstand
Köln, 23.09.2020