Sprecher von Radio Moskau, die Sowjetunion habe einen „künstlichen Weggefährten
der Erde“ gestartet. – Sputnik steht im russischen für Weggefährte, Sputnik 1,
das war im wesentlichen eine Metallkugel mit 58 Zentimeter Durchmesser mit
einem Gewicht von 84 Kilogramm, an der vier Antennen montiert waren. Mit einer
leistungsstarken Trägerrakete wurde Sputnik 1 ins All befördert und kreiste nun
seit jener Nacht des 4.Oktobers drei Wochen um die Erde, bevor am 4.Januar
1958, der erste von Menschen erbaute Trabant, in der Atmosphäre verglühte.
Chefkonstrukteur des sowjetischen Raketenprogramms war Sergei Koroljow, der mit
seinem wissenschaftlichen Team unter großem Zeitdruck am Projekt Sputnik 1 Beeindruckendes
leistete. Und Sputnik 1 beeindruckte damals die ganze Welt, die Tagespresse
weltweit hatte den Erfolg von Sputnik1 oftmals ganz vorne auf den Titelseiten.
Die herrschende Klasse in den USA war geschockt, die Sowjetunion hatte den
Wettlauf ins All gewonnen. Befürchtungen machten sich breit, die Sowjetunion
sei nicht nur imstande Nutzlasten mit Raketen ins All zu befördern, sondern
könne auch Atomraketen zielgenau ins Feindesland schießen. Auf Sputnik 1 sollten
noch zwei weitere wichtige Ereignisse alsbald in der sowjetischen
Raumfahrtsgeschichte folgen, die den Vorsprung der UdSSR auf diesem
technologischen Gebiet zu jener Zeit weiter ausbauen konnten und die
Befürchtungen des US-Imperialismus weiter nährten. Am 3. November 1958 startete
nämlich ein 500 Kilogramm schwerer Satellit, Sputnik 2, der eine Hündin namens
Laika an Bord hatte, später sollte mit Juri Gagarin schließlich auch noch der
erste Mensch ins All befördert werden und die Erde mehrmals umkreisen. Mit dem
neuerlichen Erfolg von Sputnik 2 wurde u.a. in den USA gemutmaßt, die
Sowjetunion befördere eine Wasserstoffbombe zum Mond und würde diese zu Ehren
des vierzigsten Jahrestages der Oktoberrevolution während einer Mondfinsternis
zünden. So schrieb die New York Times beispielsweise zu dieser Annahme: „Man würde dies wie ein Feuerwerk sehen, es
würde ein gewaltiges Spektakel zu Ehren des vierzigsten Jahrestages der
Oktoberrevolution abgeben.“ (Quelle: SZ vom 04.Oktober 2007, Ein Piepen,
das die Welt erschütterte)
Für die Chruschtschowianer
waren diese Ereignisse ein wichtiger Impuls ihre Überlegenheit gegenüber
dem US-Imperialismus zu bekräftigen und dabei überzogene Schlussfolgerungen auf
andere Bereiche abzuleiten. Auf dem XXII. Parteitag der KPdSU im Oktober 1961
wurde gar der Anspruch erhoben die USA bis zum Jahr 1970 wirtschaftlich
einzuholen. Im Programm der KPdSU, dass auf diesem XXII. Parteikongress
angenommen wurde heißt es auszugsweise: „Davon
ausgehend, plant die KPdSU, das Volumen der Industrieproduktion wie folgt zu
steigern: in den nächsten zehn Jahren auf etwa das Zweieinhalbfache, wodurch
der Stand der Industrieproduktion der USA überflügelt wird; binnen 20 Jahren
mindestens auf das Sechsfache, was bedeutet, dass es das gegenwärtige Gesamtvolumen
der Industrieproduktion in den USA weit zurücklässt.“ (Quelle: Stephan
Thomas, Perspektiven sowjetischer Macht, Programm der KPdSU von 1961, S90)
In ihrer Selbstüberschätzung gingen die Bürokraten1961
soweit, zu verkünden, in den darauf folgenden zehn Jahren die Grundlagen des
Kommunismus in der Sowjetunion zu schaffen: „Der
Aufbau der kommunistischen Gesellschaft ist zur unmittelbaren praktischen
Aufgabe des Sowjetvolkes geworden.“ (Quelle: ebenda, S.86)
Um auf Sputnik und die Raumfahrt zurückzukommen, natürlich
verbuchten die Chruschtschowianer die Erfolge für sich. Stalin war zuvor zur
Unperson erklärt und nicht mehr erwähnt worden, seine Verdienste verleugnet.
Die materiellen Grundlagen, die unter seiner Leitungstätigkeit in der
Sowjetunion entstanden, wurden nun von revisionistischen Kräften beansprucht,
die keine Scheu hatten, sich als große technische Modernisierer aufzuspielen.
Dies gaben dann auch antikommunistische Publikationen weltweit weiter. In einem
antikommunistischen Machwerk das in Deutschland zu dieser Zeit aufgelegt wurde,
heißt es beispielsweise: „Als die Sowjets
im Spätherbst 1957 ihren ersten ‚Sputnik’ in den Weltraum jagten und wenige
Monate zuvor den Abschuss einer interkontinentalen ballistischen Rakete, da
waren sie nicht mehr jene Sowjets, deren Streitkräfte noch zehn Jahre zuvor
‚nur’ einen Krieg mit konventionellen Waffen führen konnten……Ochsenkarren und
Viehwagen: Das war 1945. Aber 1958 besitzen die Sowjets ein starkes
Atompotential.“ (Quelle: Jost – Führing, Wie stark ist die Sowjetunion?,
Athenäum- Verlag Bonn, 1958, S.193)
Der Prahlhans Chruschtschow und seine Konsorten hatten es
offenbar geschafft die weltweite Öffentlichkeit zu beeindrucken, Leistungen der
Arbeiterklasse, des Volkes und der Wissenschaft für sich zu verbuchen und vom
bevorstehenden Übergang zum Kommunismus zu faseln. Doch statt dem Übergang zum
Kommunismus führten die Chruschtschowianer bekanntlich das Land in eine
ökonomische Krise v.a. in der Industrie und der Landwirtschaft. Selbst den
Revisionisten war die Politik Chruschtschows nun zu sehr von Spontaneität und
Voluntarismus geprägt. So brachten sie ihn 1964 zu Fall.
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