Die gute Nachricht: Kirchenaustritte bleiben auf hohem Niveau


Schon der Bundschuh und die aufständischen Bauern kämpften gegen den geldgierigen Klerus

Im Jahr 2019 haben 272.771 Katholiken und etwa 270.000 Protestanten ihre Kirchen durch Austritt verlassen, teilten die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelischen Landeskirchen am 26. Juni 2020 mit. Damit liegt die Gesamtzahl der Austritte seit 1990 zum zweiten Mal über einer halben Million, und erstmals wenden sich mehr Katholiken von ihrer Kirche ab als Protestanten. Prozentual lagen die Austritte bei beiden Kirchen noch nie so hoch, bei den Katholiken liegt sie erstmals über einem Prozent.

Der Trend seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hält damit an. Seit 1990 verlieren die beiden christlichen Kirchen kontinuierlich Mitglieder: in den 30 Jahren über 13 Millionen.

Auch nimmt die wirtschaftlichen Lage auf die Austritte immer weniger Einfluss. Seit 2008, dem Jahr einer Weltwirtschaftskrise, sank die Zahl der jährlichen Austritte kaum noch. Im Gegenteil: seit 2013 liegen die Zahlen stets deutlich über den knapp 300.000 Austritten des Jahres 2008.

Ohne jedes Bedauern können wir feststellen, dass für die Kirchen die Sache langsam ernst wird. Bisher nämlich wuchs das Kirchensteueraufkommen trotz schrumpfenden Mitgliederzahlen: von 8 Milliarden im Jahr 1991 auf 12,4 Milliarden im Jahr 2018.

Das wird sich in den kommenden Jahren jedoch ändern. Dank sinkender Einkommen während der Krise; zudem kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter; und schließlich zählt auch die Tatsache, dass die Kirchen in der Regel nur die Kinder ihrer Mitglieder taufen. Durch Austritte gehen den Kirchen also auch die kommenden Generationen verloren.

Dass ein Leben ohne Religion möglich ist, beweisen die Menschen in den Bundesländern, die ehedem die DDR bildeten. Die Vereinigung hatte keine Run in die Kirchen erzeugt, die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft bleibt die Ausnahme. Mittlerweile ist in Sachsen-Anhalt nur jeder Achte Mitglied einer Kirche; das Mutterland der Reformation, Thüringen, zählt gerade einmal 436.502 Protestanten (ein Fünftel der Bevölkerung); das katholische Bistum Görlitz zählt mit 29.621 Gläubigen weniger als ein Drittel der Gläubigen des Dekanats Saarbrücken.

Klagen über spirituelle Leere sind jedoch nur vereinzelt zu vernehmen. Im Gegenteil vermissen Menschen, die in ihrem Familien und Freundeskreis nicht mit Religionen in Berührung kommen, diese auch nicht. Den Religionen entziehen können sie sich zwar nicht, die gesamte Gedankenwelt der Religionen bleibt ihnen jedoch seltsam fremd.

Die Neurowissenschaften haben ermittelt, dass krankhafte Veränderungen an den hinteren Scheitellappen unmittelbare Auswirkungen auf die Spiritualität des Menschen haben. Darin sehen so manche religiösen Menschen die Handschrift Gottes, geradezu einen genetischen Gottesbeweis. Das ist natürlich Unsinn, denn im Nervengespinst des menschlichen Hirns entstanden die Götter – wahre Hirngespinste also.