Bericht vom 9. Kongress der Gewerkschaftslinken in Stuttgart.

9. Kongress der Gewerkschaftslinken, Stuttgart Juni 2007Am Wochenende 30.Juni/1.Juli 2007 fand der 9. Kongress der
Gewerkschaftslinken in Stuttgart im Anschluss an gemeinsame Veranstaltungen mit
dem Vorbereitungskreis Sozialistenkongress statt. Leider war der Kongress der
Gewerkschaftslinken mit knapp 100 Teilnehmern angesichts des spannenden Themas
„Streik – Massenstreik“ und in Verbindung mit dem Gedenken an den vor 100
Jahren stattgefundenen Sozialistenkongress in Stuttgart schwach besucht. Zu Zeiten,
als der Kampf gegen Hartz IV und Agenda 2010 voll im Gange war und die großen
Demonstrationen in Berlin oder die drei Kundgebungen des DGB in Berlin, Köln
und Stuttgart noch vor der Tür standen, waren es mehr als drei Mal so viel.

Positiv fiel auf, dass sowohl von den Redebeiträgen der
Referenten her als auch von den Diskussionsbeiträgen der Redner aus dem
Publikum eine sachliche, solidarische und ergebnisorientierte Atmosphäre
herrschte. Ein Genosse von „Arbeit Zukunft“ hatte schon ziemlich am Anfang darauf
hingewiesen, dass es nicht so wichtig ist, bei welcher Organisation jemand ist,
sondern was man zu sagen hat und real tut. Daran hielten sich auch die meisten
Redner. Einige Diskussionsredner mahnten an, dass weniger Reden gehalten werden
und die praktische Tätigkeit vorangebracht werden sollte.

Folgende Referate wurden gehalten: „Einfluss der
demokratischen Rechte auf Kampffähigkeit der Gewerkschaften“, „Politischer
Streik in der BRD nach 45“, „Streikerfahrungen heute am Beispiel des Streiks im
Öffentlichen Dienst 2006 und bei Bosch-Siemens-Hausgeräte/Berlin“ und
„Erfolgreiche Streiks in Frankreich und anderen europäischen Ländern“. Dazu gab
es noch zwei historische Workshops, „Rosa Luxemburg: Massenstreiks, Partei und
Gewerkschaften“ und „Politik der SPD von 1914 bis heute“. Abgeschlossen wurde
der Kongress mit einer Abschlusserklärung, drei Solidaritätserklärungen und
einem Protestschreiben.

In der Abschlusserklärung wurde Kritik an der Einführung des
Entgeltrahmenabkommens in der Metallindustrie (ERA) geübt. Es wurde die
offensive Forderung nach 10,- Euro Mindestlohn und der Mindesthöhe von 500,-
Euro beim ALG II gestellt sowie weitere Arbeitszeitverkürzung bei vollem
Lohnausgleich.

Bei den Solidaritätserklärungen ging es einmal um die
Solidarität mit den Betriebsräten Mustafa Efe und Martin Franke bei
DaimlerChrysler Berlin-Marienfelde. Diese unterstützen den Kampf der
Kolleginnen und Kollegen dieses Betriebs gegen Lohnkürzungen im Rahmen der
ERA-Einführung, und werden dabei nicht nur von der Werksleitung, sondern auch
von einer Mehrheit im Betriebsrat um die Betriebsratsvorsitzende und von der
IG-Metall Verwaltungsstelle angegriffen. Die zweite Solidaritätserklärung gilt
den streikenden Krankenhausbeschäftigten in Polen, die mit Hungerlöhnen bezahlt
werden. Die dritte Erklärung gilt den Beschäftigten bei „Gold Peak“ in China.
Diese verdient es zitiert zu werden, weil das Ganze wieder einmal ein
bezeichnendes Licht auf die Verhältnisse in diesem kapitalistischen Land wirft,
das jedoch manche wie die DKP für sozialistisch halten:

„Gold Peak ist ein internationales Unternehmen, das
Batterien herstellt. Die Arbeitsbedingungen der Gold Peak Beschäftigten sind
sehr schlecht – 12 Stunden Arbeit am Tag, wenig Lohn, wenig Urlaub… Das
Schlimmste aber ist, dass die Arbeiterinnen gänzlich ungeschützt mit dem
hochgiftigen Metall Cadmium arbeiten. Sie atmen den Cadmiumstaub ein, essen und
trinken direkt am Arbeitsplatz und damit ‚essen’ und ‚trinken’ sie auch direkt
Cadmium. Im November 2003 fühlte sich eine Kollegin sehr krank und ließ sich im
Krankenhaus untersuchen. Es wurden bei ihr sehr hohe Cadmiumwerte nachgewiesen.

Die Beschäftigten waren geschockt und brachten ihren Protest
zum Ausdruck, indem sie sowohl demonstrierten als auch streikten. Gold Peak
sagte darauf der Kollegin einen Krankenhausaufenthalt zu, ließ aber kurz darauf
die Polizei rufen, um die Beschäftigte aus dem Krankenhaus vertreiben zu
lassen. Inzwischen sind Hunderte von ArbeiterInnen erkrankt. Gold Peak lehnt
bis heute seine Verantwortung ab. Die 
GP-ArbeiterInnen wollten nach Peking reisen, um bei der Zentralregierung
eine Petition einzureichen. Dies hat die Huizhou-Stadtverwaltung in einer
öffentlichen Deklaration den ArbeiterInnen untersagt und gedroht, wer doch
fahre, würde ins Gefängnis geworfen….“

Das oben erwähnte Protestschreiben betrifft den Fall der
Kollegen Mustafa Efe und Martin Franke und richtet sich an die Werksleitung
Marienfelde von DaimlerChrysler, an den Betriebsrat, den Ortsvorstand der IGM
Berlin sowie den Vorstand der IGMetall.

Alle Solidaritätserklärungen und das Protestschreiben sind
unter www.labournet.de abzurufen.

 

S.N.