Autobahnen kennt mittlerweile wohl jeder. Aber beschleicht uns beim passieren
einer solchen Kontrollstation nicht jedes Mal ein mulmiges Gefühl? Man blickt
auf den Tacho und dann hinauf zu den Kameras. Immerhin kann mittels Bildbeweis
genau Ort und Zeit des Aufenthaltes dokumentiert werden. Angeblich sollte das
System ja nur der Abkassierung des LKW-Verkehrs dienen, doch nun sollen die
Daten der Polizei zu Fahndungszwecken freigegeben werden.
Bei Einführung der
digitalisierten Pässe waren die Bedenken in der Bevölkerung auch groß, weshalb
der damalige SPD Innenminister Schily versprach: „Die biometrischen Merkmale
werden ausschließlich beim Bürger erhoben und nur im Chip des Dokuments
gespeichert“. Jetzt will Innenminister Schäuble dass Passregister zur
Fahndungsdatei umbauen. Dabei geht es nicht nur um die Bilder, sondern auch um
die Fingerabdrücke die im Zuge des neuen Reisepasses hinterlegt werden müssen.
Durch die neuen Bestimmungen für Passfotos eignen sich diese perfekt zur
digitalen Verarbeitung. Spezielle Bilderkennungssoftware ermöglicht die
Identifizierung von Personen, die von Überwachungskameras an öffentlichen
Plätzen aufgenommen werden. So wird gerade am Mainzer Hauptbahnhof eine automatische
Gesichtserkennung erprobt.
Innenminister Schäuble hatte
kürzlich erst gefordert, dass der Staat heimlich die Computer der Bevölkerung
durchsuchen sollte, nachdem dies schon längere Zeit illegal gemacht wurde. In
Zeiten, in denen E-Mails den klassischen Brief mehr und mehr ersetzen, kommen
solche Eingriffe einer einmaligen Bespitzelung gleich. Auch unser
Internetverhalten kann über die IP-Adresse genau verfolgt werden. Unsere
Interessen, Neigungen und Gesinnung kann so leicht abgeschätzt werden. Ergänzt
man dies noch mit Daten die die Privatwirtschaft sammelt, von
Kreditkartenzahlungen bis Handynutzung, oder den Informationen der neuen
Krankenkassenkarten auf denen Krankheiten gespeichert werden, so erhält der
Staat ein ziemlich genaues Profil seiner Bürger. Diese Datenerhebung war bisher
nur bei Verfolgung schwerer Straftaten möglich, Doch nun soll die Überwachung
jeden Bürgers präventiv möglich sein.
Solch einen fundamentalen
Eingriff in die Freiheit der Bürger versucht Schäuble mit dem Kampf gegen den
Terror zu begründen. Dabei soll der normale Bürger natürlich an wild bombende
Moslems denken, aber diese Art von Terror haben wir in Deutschland gar nicht.
Und was bei einem solchen Anti-Terror-Kampf eines bis an die Zähne bewaffneten
und überwachenden Staates heraus kommt, kann man am Beispiel Iraks sehr gut
verfolgen. Der Staatsterror und die Kontrolle der Menschen führte nur zu mehr
Unsicherheit, Gewalt, Repression in endloser Spirale. Wer also immer mehr
Menschen unter Verdacht stellt, unschuldig verfolgt, demütigt und entwürdigt,
der schafft selbst ein Klima des Terrors und einen fruchtbaren Boden für
Terror.
Innenminister Schäuble will
nun auch die so genannte „Unschuldsvermutung“ abschaffen, wonach jeder Bürger
so lange als unschuldig zu gelten hat, bis ihm ein Gesetzesbruch nachgewiesen
wird. Auch Menschen, die nichts getan haben, sollen staatlich überwacht,
festgenommen und verfolgt werden dürfen. Das Argument dafür lautet wie immer:
Terrorgefahr. Doch ist dieser Staat denn so unschuldig, dass wir ihm uns
unbesorgt anvertrauen können? Oder ist es nicht besser, diesem Staat seine
Unschuld abzusprechen und ihn für verdächtig zu halten? Wie oft hat dieser
Staat schon seine eigenen Gesetze gebrochen oder nach den Interessen der
Herrschenden zu Recht gebogen.
Der Staat schürt ein Klima der
Angst und glaubt so die Bevölkerung für diese reaktionären Pläne zu gewinnen.
Denn, was Terror und wer Terrorist ist, bestimmt immer noch der Staat. Und so
wurde erst vor wenigen Wochen die zentrale Anti-Terror-Datei in Betrieb
genommen, in der Informationen von 38 Behörden des Bundes und der Länder
gesammelt werden. Geht es nach Schäuble so sollen potentielle Täter gefasst und
auch arretiert werden, bevor sie Straftaten verüben, also eine Umkehr der
jetzigen Strafprozessordnung. Heute darf bei einem Vergehen nicht ohne Verdacht
ermittelt werden oder es muss zumindest eine konkrete Gefahr vorliegen.
Die technischen Möglichkeiten für eine totale Überwachung
sind damit noch nicht erschöpft. Das US-Unternehmen VeriChip will demnächst in
amerikanischen Krankenhäusern Patienten wie Personal einen so genannten
RFID-Identifikationschip unter die menschliche Haut implantieren. RFID bedeutet
Radio Frequency Identification. Mit hochfrequenten Funkwellen werden Ziffern-
und Buchstabenfolgen gesendet ähnlich denen eines Barcodes. Diese
Schnüffelchips können wie gesagt nicht nur in Produkten und Ausweisen
eingesetzt werden, sondern im menschlichen Körper selbst. Kommt man in die
Reichweite von Empfangsstationen, wird man unbemerkt registriert. Es ist also
durchaus kein düsterer Science Fiktion, wenn es vorstellbar ist, dass kein
Mensch mehr ohne diese Kennung arbeiten oder einkaufen kann. Denn die Frage bleibt ja, wer dieses Wissen
und damit die Macht über uns hat. Nicht vor der angeblichen Bedrohung durch
Terroristen sollten wir Angst haben, sondern vor einem imperialistischen Staat,
der eine lückenlose Überwachung seiner Bürger aufbaut. (J.T.)