Nach Angaben von ver.di kamen rund 25.000 am Montag, dem
6.3.06 in Stuttgart zu einer Großkundgebung für den Erhalt der
38,5-Stunden-Woche und für die Fortsetzung des Streiks im öffentlichen Dienst.
Nach unseren Schätzungen kamen ca. 10.000 zusammen. Die Stimmung war
ausgesprochen kämpferisch. Überall war zu spüren, dass die Menschen von
Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung, ständiger Rationalisierung, zunehmendem
Druck auf die verbleibenden Kolleg/innen die Nase gründlich voll haben. Wut und
Empörung nehmen zu. Aus ganz Baden-Württemberg waren Kolleg/innen aus Kliniken,
Kindergärten, Müllabfuhr usw. zusammen gekommen, um ihre Kampfentschlossenheit
zu demonstrieren.
Erfreulich war, dass auch andere Gewerkschaften wie IGM, GEW
vertreten waren und so ihre Solidarität mit den Streikenden deutlich zeigten.
Wie immer gab es bei der Kundgebung vom Podium die üblichen
sozialdemokratischen Hoffnungen auf ein bisschen „Sozialstaat“, wo das Kapital
doch gerade überdeutlich demonstriert, dass es keinen „Sozialstaat“ gibt. Die Illusion
eines „Sozialstaates“ gab es nur so lange, wie durch die Beseitigung der
Zerstörungen des 2. Weltkrieges ein über Jahrzehnte ungehemmter Aufschwung
möglich war. Mit dem Abschluss dieser Aufbauphase und der üblichen Sättigung
des kapitalistischen Warenmarktes war es vorbei mit dem „Sozialstaat“. Das
Kapital, das vorher händeringend Arbeitskräfte benötigte und deshalb zu
Zugeständnissen bereit war, solange sein Profit und seine Herrschaft nicht in Gefahr
geriet, befindet sich mittlerweile in der komfortablen Position, dass es
billigste Arbeitskräfte im Überfluss gibt. Da kann man die Löhne drücken, die
Arbeitszeiten verlängern, die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Denn auch die
Arbeitskraft ist eine Ware in diesem System.
Ver.di-Landesvorsitzende, Sibylle Stamm, machte kaum
verborgen Wahlkampf für die SPD. So meinte sie, dass man die CDU bei den
Landtagswahlen nicht wählen könne, da diese sich auf die Seite der Arbeitgeber
geschlagen habe. Dass auch die SPD, die ja in vielen Kommunen regiert, auf
Seiten der Arbeitgeber steht, unterschlug sie.
Die Stimmung der Kolleg/innen kam darin zum Ausdruck, zu
welchen Äußerungen sie Beifall klatschten – und das waren in der Regel die
radikalsten. Als z.B. ein Vertreter der IG Metall heftig den Oberbürgermeister
von Mannheim, Widder, von der SPD angriff, weil sich dieser als Hetzer und
Scharfmacher gegen die Streikenden hervortut, gab es minutenlang ein Ohren
betäubendes Konzert und riesigen Beifall. Darin zeigte sich, dass die
Kolleg/innen sich nicht mit plumpen SPD-Parolen abspeisen lassen.
„Arbeit Zukunft“ mit seinem Leitartikel zum Streik kam sehr
gut an.
Im Anschluss an die Kundgebung zogen viele Kolleg/innen noch
zu der Stuttgarter Müllverbrennungsanlage, die seit dem Wochenende von
Streikposten blockiert wird.
ernst