Kommentar: Zunehmend unerträglich!

Oppositionelle Betriebsräte von DaimlerChrysler werden in
der Stuttgarter Zeitung so zitiert, „dass die Menschen keine Freude mehr an
ihrer Arbeit haben!“

„Keine Freude mehr an der Arbeit!“, das ist in vielen
Betrieben Realität, aber trotzdem oft noch geschmeichelt. Endloser Stress und
miserables Betriebsklima, Entsolidarisierung und ständig gesteigerter
Leistungsdruck, alles auf Grund eines ausbeuterischen, menschenfeindlichen
Systems legen sich wie Mehltau auf die Produktionsstätten. Viele Führungskräfte
sehen sich selbst in ein solches System hineingepresst und wissen nicht, wie
sie sich dem Druck von Oben entziehen könnten.

Wer hat den Spruch nicht schon gehört? „Kollege, ich kann
dir jetzt nicht mehr helfen, wir haben jetzt Teamarbeit!“ In den meisten
unserer kapitalistischen Produktionsbetriebe ist das Wort Teamarbeit ein
einziger Hohn auf den eigentlich geschätzten Begriff vom Team als einer Gruppe,
die gemeinsam und einander helfend an einem Ziel arbeitet.

Teamarbeit in der Produktion stellt die Kollegen
gegeneinander, damit sie einander zu Höchstleistungen treiben,
Einsparmöglichkeiten auf ihre Kosten herausfinden und Druck auf Kranke und
Leistungsgeminderte ausüben. Die Arbeitgeber möchten sie tagtäglich
indoktrinieren.

Je mehr vom Menschen als dem wertvollsten Kapital die Rede
ist, desto bedrohlicher für die Kolleginnen und Kollegen! Die Managementparole
von der „Hinwendung zum Menschen“ heißt in der Realität „sekundengenaue
Zurichtung des Menschen auf die immer komplexeren Produktionsprozesse“.
Kritische Rückfragen und Teamdiskussionen stören und werden nur zugelassen,
wenn sie zu weiterer Produktivitätssteigerung dienen. Tarifverträge,
Betriebsvereinbarungen, Betriebsräte – ärgerlicher, störender Ballast!

Ergebnis am Beispiel einer Fabrik im Mittelfränkischen: Am
Fenster-Montage-Band bewegen sich die Teammitglieder wie Maschinen. Jeder
Handgriff, jeder Schritt, jede Bewegung ist eingeschliffen, nicht eine Sekunde
bleibt ungenutzt, die Kollegen greifen sogar umeinander herum, führen einen
Handgriff zwei Plätze weiter aus, für den der dortige Kollege keine Zeit hat.
Und das 8 Stunden lang. Ergebnis: Die Kolleg/innen werden völlig ausgepowert,
man sieht in manches graue Gesicht.

Ständige Hiobsbotschaften „von Oben“ prägen den
Arbeitsalltag, die in den Belegschaften wirken, als würde täglich „eine neue
Sau durchs Dorf getrieben“:

Gestern wurde vom Fertigungsleiter eine x-prozentige
Produktivitätssteigerung ohne vorherige Beratung mit dem Betriebsrat
angekündigt, heute kommt die Forderung nach der 40 Stundenwoche ohne
Lohnausgleich, morgen bekommen die Teams eine Mitarbeiterin weniger für ihre
Maschinen zugeteilt, übermorgen wird versucht, die Kantine und andere Kollegen
in „Dienstleistungsfunktionen“ auszugliedern oder, Thema bei DaimlerChrysler,
in den neuen Dienstleistungstarifvertrag mit starken Lohnsenkungen und
Arbeitszeitverlängerungen zu pressen, übermorgen heißt es, ein Teil der
Produktion werde verlagert. Übermorgen: Die Firma wolle mit allen Mitarbeitern
neue Arbeitsverträge über den Verzicht auf tarifliche Leistungen, wie z.B.
diesen Sommer bei Recaro in Kirchheim.

Schwerbehinderte werden gemobbt, werden an ungeeignete
Arbeitsplätze gestellt. In so genannten Krankenrückkehrgesprächen wird Druck
auf gesundheitlich angeschlagene Kolleg/innen ausgeübt.

Angestellte werden in immer schärfere Zielvereinbarungen
gepresst. Wenn sie diese, aus welchen Gründen auch immer, nicht einhalten
können, setzt es neuen Druck bis hin zum Mobbing. Die nächste Zielvereinbarung
wird trotzdem noch schärfer. Mit so genannter Vertrauensarbeitszeit ohne jede
Zeiterfassung werden Angestellte dazu gebracht, ihre Mehrarbeit der Firma zu
schenken und und und.

All das sind nur Ausschnitte aus der heutigen
Arbeitswirklichkeit. Allen kritisch denkenden Betroffenen fallen gewiss noch
jede Menge weitere Beispiele dazu ein.

Wir ziehen ein bedrückendes Fazit: Die Zustände werden
zunehmend unerträglich! Das ist nicht zuletzt auch das Ergebnis von jahrelangem
Co-Management der DGB-Gewerkschaften! Hier ist sofortiges Umdenken nötig.
Kämpferische Kolleginnen und Kollegen fordern es seit langem und kämpfen in
vielen Betrieben auch um einen halbwegs erträglichen Alltag. Mehr wird im System
der kapitalistischen Ausbeutung nicht möglich sein. Zugleich führt diese
Situation dazu, dass Wut und Unzufriedenheit steigen. Es wird immer deutlicher:
Dieses System ist menschenfeindlich. Die Wut und Unzufriedenheit werden den
Menschen die Kraft geben, um gegen dieses System zu kämpfen und es zu
beseitigen.

ft.