Die Firma Schütz GmbH & Co. KG aA mit Hauptsitz in Selters,
Westerwald hat weltweit 2000 Mitarbeiter in 18 Standorten. Es werden Transportverpackungen,
Stahlfässer und Behälter aller Art für chemische Industrie
sowie andere Bereiche hergestellt. Der größte Standort liegt
in Selters mit 1250 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Die Firma Schütz ist in keinem Arbeitgeberverband vertreten. Logischerweise
werden die Mitarbeiter/Innen auch nicht nach Tarif bezahlt. In diesem
Fall wäre für die Vertretung der Belegschaft die IG-Metall zuständig.
Es besteht zwar ein Betriebsrat, aber dieses Organ hat so gut wie gar
nichts zu sagen. Kämpferische Betriebsräte werden einfach vom
Standort Selters in kleinere Standorte mit weniger Mitarbeiter/Innen "verbannt",
damit es zur keiner Organisierung kommt.
Es ist schwierig, die Gewerkschaft als Vertreter der Arbeitnehmer dem
Arbeitgeber entgegen zu stellen,
weil
- nur 40 Prozent der Belegschaft, Facharbeiter, Angestellte, Abteilungsleiter
also
Arbeiter in höheren Positionen, Mitglied der IG-Metall sind, - der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/Innen unterjubeln will "wenn
die Gewerkschaft da ist, mache ich hier
zu!"
Der Letztgenannte ist das größte Hindernis für die Gewerkschaftsarbeit
im Betrieb. Viele der Produktionsmitarbeiter stammen aus der ehemaligen
Sowjetunion und haben einen Zeitvertrag. Der Rest besteht hauptsächlich
aus Türken und Kurden, die jahrelang dabei sind.
Der Arbeitgeber droht, sofort die Zeitverträge zu kündigen,
wenn sich mehrere Mitarbeiter zusammentun und um ihre Rechte kämpfen
würden. Das schreckt viele Mitarbeiter aus der ehemaligen Sowjetunion
ab, sich für ihre Rechte einzusetzen.
Es gibt kaum Industrien im Westerwald, wo man arbeiten kann. Dazu kommt
noch die sprachlichen Hindernisse, die es erschweren einen Arbeitplatz
zu bekommen.
Zum Schluss:
Die Belegschaft ist froh, überhaupt zur Arbeit kommen zu dürfen.
Viele finden die Gewerkschaften als eine Last, "da sie eh nichts
machen können und man umsonst Monatsbeiträge bezahlen würde".
A. Agopyan
Anmerkung:
Lieber Kollege,
vielen Dank für Deinen Bericht, der recht gut die Stimmung in vielen
Betrieben wiedergibt. Trotz der immer massiveren Angriffe des Kapitals
auf Löhne, Arbeitszeit, Sozialversicherung usw. mit einer radikalen
Senkung des Lebensniveaus für die Arbeiterklasse ist eine Organisierung
schwierig. Mit der Entartung des Sozialismus in den 50er Jahren, mit dem
Zusammenbruch der entarteten ehemals sozialistischen Staaten hat die Masse
der Arbeiter eine fortschrittliche Orientierung verloren. Das Kapital
hat die aus dem Osten in Massen zuströmenden Arbeitskräfte,
die wachsenden Märkte, die verschärfte Konkurrenz, seine ökonomische
und politische Macht genutzt, um die Arbeiterklasse mit voller Wucht anzugreifen
und in die Defensive zu drängen. Die sozialdemokratischen Führungen
der Gewerkschaften sind unter der Wucht des Angriffes des Kapitals und
dem Eindruck der Niederlage der ehemals sozialistischen Länder weiter
nach rechts gerückt – zur Klassenzusammenarbeit wie z.B. im Bündnis
für Arbeit oder in der Unterstützung der SPD-Grünen-Regierung,
die nun die härtesten Angriffe auf die Arbeiterklasse fährt.
Eine solche Zeit der taktischen Defensive ist schwierig. Aber sie bietet
auch zahlreiche Möglichkeiten und stellt Aufgaben für die herannahenden
Zeiten des Aufschwungs des Klassenkampfes.
Es ist dringend nötig eine defensive Taktik der Sammlung und Stärkung
der fortschrittlichen Kräfte innerhalb der Arbeiterklasse zu entwickeln.
Das bedeutet, selbst die kleinsten Möglichkeiten auszunutzen, an
allen Bewegungen innerhalb der Betriebe und der Massen, seien sie äußerlich
auch noch so „unbedeutend“ teilzunehmen, damit die Kolleg/innen
wieder lernen, für ihre gerechte Sache einzutreten und sich entwickeln
können. Oft ist es so, dass in solch ruhigen Zeiten unter der Oberfläche,
die Wut und der Ärger wachsen und sich ansammeln. Die Kolleg/innen
spüren zunehmend, dass ihnen Schröder, Merkel, Stoiber und Co.
Keine Perspektive mehr bieten, dass alles allmählich schwieriger,
unsicherer, schlechter wird. Auch wenn die Menschen noch nicht kämpfen,
findet in ihrem Bewusstsein ein Prozess statt. Dieser kann und muss von
allen fortschrittlichen, revolutionären Kräften unterstützt
werden. Auch in einer defensiven Situation kann es unter bestimmten Bedingungen
zu offensiven Kampfhandlungen der Arbeiterklasse kommen, die meist spontan
sind. Als z.B. Kohl die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einschränken
wollte, kam es entgegen der passiven Haltung der Gewerkschaftsführung
rasch zu spontanen Streikaktionen, die sich wie ein Lauffeuer im ganzen
Land ausbreiten. Die unter der Decke wachsende Unzufriedenheit in Kombination
mit den immer dreister werdenden Angriffen des Kapitals kann immer öfter
zu solchen Explosionen führen. Und schließlich kann die defensive
Phase wieder in eine Offensive umschlagen.
Die jetzigen Zeiten der Noch-Defensive können und müssen wir
nutzen, um so breit wie möglich über die Schweinereien des Kapital
und die Alternative, die wir anstreben aufzuklären, jeden noch so
kleinen Kampf zu unterstützen und zu entwickeln und gleichzeitig
eine starke revolutionäre Arbeiterpartei mit den fortschrittlichsten
Kräften der Arbeiter/innen aufzubauen.