Eine braune Flut von Korruptionsaffären, Betrügereien und
Wirtschaftskriminalität schwappt über das Land. Ob Infineon, Commerzbank oder
VW, überall werden Geschäftsführer, auch Vorstände genannt, wegen krimineller
Praktiken überführt. Als ob es einen Mannesmann-Prozess nie gegeben hätte, wird
munter weiter abgesahnt, legal, illegal, sch…egal. Wie das Musterbeispiel VW
zeigt sind ganze Seilschaften in den Skandal verwickelt. VW-Vorstandschef Pischetsrieder
sagte Ende August: „Das Netz der Tarnfirmen ist größer und komplizierter als
gedacht.“ Es seien „50 oder 60 Personen in dem Zusammenhang aufgetaucht“
Es war also eine ganze Bande seit Jahren daran beteiligt,
Geld auf eigene Konten zu scheffeln. Die Lustreisen waren Teil des Luxuslebens
dieser Ganoven, deren einer der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende Klaus Volkert
war. Er verprasste zusammen mit der brasilianischen Freundin, dem
Personalmanager Gebauer, dem ebenfalls fristlos entlassenen
Skoda-Personalvorstand Schuster und zwei weiteren Damen 165.000 Euro in 5 Tagen
auf den Andamanen, einer Inselgruppe im indischen Ozean. Auch Peter Hartz ließ
sich eine portugiesische Prostituierte auf VW-Kosten einfliegen. Ob er dies dem
Betrieb „ausglich“, wie er sagte, sei dahingestellt. Jedenfalls wurde zuerst
über VW abgerechnet. Der Betriebsrat hatte ein eigenes Budget. Über so genannte
Eigenbelege wurde pauschal ausgezahlt, das heißt, es wurden keine Rechnungen
z.B. von den Prostituierten oder Etablissements, Hotels etc. vorgelegt.
Offenkundig wurden Betriebsräte „angefüttert“, um sie in
Abhängigkeit zu bringen und zu halten. Zuständig für dieses System der
Korruption war ein gewisser Gebauer aus der Personalabteilung des
deutschlandweit bekannten Peter Hartz, Personalvorstand des größten
europäischen Automobilkonzerns. Gebauer koordinierte die Abhängigkeit des
Gesamtbetriebsratsausschusses vom Management, insbesondere mittels der
zentralen Figur Klaus Volkert, der Betriebsratschef auf allen Ebenen war.
Geschmiert wurde die Sache über ein Konto bei der Sparkasse Gifhorn. Nach
Informationen der Süddeutschen Zeitung wurden innerhalb 2 Jahren Eigenbelege in
Höhe von einer Million Euro verzeichnet. Gebauer, der das von VW gespeiste
Konto verwaltete, handelte natürlich nicht ohne Wissen des Schröder-Beraters
Hartz.
Inwieweit andere Vorstandsmitglieder von diesem System der
Korruption wussten, ist momentan noch offen. Da aber bekannt ist, dass
Landtagsabgeordnete von Niedersachsen bei VW im Sold standen, ohne einer
Tätigkeit bei VW nachzugehen, ist klar, dass auch bei VW, wie landauf-landab,
die Maschine geschmiert wurde. Dies wussten auch – vielleicht nicht im Detail –
die Aufsichtsratsmitglieder Piech, Peters von der IGM und viele andere
Betriebsratsfürsten und IGM-Vertreter im 20-köpfigen Gremium. Der Vorsitzende
des Präsidiums des Aufsichtsrats ist der frühere Konzernchef (1993-2002) Piech,
der Hartz beauftragte, beim Betriebsrat für Ruhe zu sorgen.
Nachdem die Eiterbeule aufgeplatzt ist, blieb den Bossen
nichts anderes übrig, als grimmige Miene zum früher lustigen Spiel zu machen,
das heißt, es wurde durch Anzeige die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und eine
Betriebsprüfungsfirma beauftragt. Neben dieser externen Revision wurde vom
Präsidium und vom Vorstand je eine Kommission gebildet, die intern die Vorgänge
aufklären soll.
Volkert, der abgetaucht ist – vielleicht nach Brasilien zur
Freundin Adriana B.? – wurde durch den Betriebsrat Osterloh ersetzt, der
lückenlose Aufklärung fordert.
Mehrere Kommissionen sind also zu Gange, aber wo bleibt die
Gewerkschaft, die IGMetall? Prüft die auch ihre Mitglieder Peter Hartz und
Klaus Volkert – und Jürgen Peters, ihren Vorsitzenden, der nicht nur im
Aufsichtsrat, sondern sogar im Präsidium des Rats sitzt? Hat er nichts vom
„System VW“ gewusst? Die IGM vertritt 97% der Belegschaft, die alle fleißig
Mitgliedsbeiträge zahlen! Es gibt unseres Wissens keine Aktionsgruppe der
Arbeiterschaft, die fordert, an den Untersuchungen teilzunehmen bzw. die den
IGM-Funktionären auf die Hühneraugen tritt, endlich mal munter zu werden. Aber
wer vielleicht selber Dreck am Stecken hat, scheut Untersuchungen, die allerlei
Sonstiges aufdecken könnten.
Klar, dass die ArbeiterInnen schimpfen und fluchen. Das tut
den Herren aber nicht weh. Um den Saustall auszumisten, muss man die Ärmel
hochkrempeln und anpacken. Man muss analysieren und aufdecken, im Betrieb und
in der Gewerkschaft. Schluss mit der Nachsichtigkeit! Der Sanierer Bernhard,
früher Daimler-Chrysler, will zeigen, was er drauf hat. Im November kommt „For
Motion Plus“, ein Programm, mit dem die Produktionskosten von VW, die satte 40%
höher liegen als bei der Konkurrenz, abgesenkt werden sollen. Dabei wird es
auch keine Nachsicht geben!
Die Sanierungswelle wird alle Betriebe erreichen. Wenn schon
gespart werden muss, dann aber vor allem dort, wo das größte Einsparpotential
zu finden ist – bei den Spitzengehältern und der Verschwendungssucht der
Betriebsbürokraten, bei der Gier der Manager und den leichtfertigen
Fehlinvestitionen.
Der Verteilungskampf, der in den Betrieben geführt werden
muss, ist für die Arbeiter ein existenzieller Kampf. Er ist eine Form des
Klassenkampfs. Er wird die Betriebe letztendlich nicht retten, denn die
gewaltige Krise, die das Kapital und insbesondere die Produktion erfasst hat,
wird sich verschärfen.
Die Arbeiter werden lernen müssen, wie man in den Betrieben Rechnungen prüft,
Kontrolle ausübt und Aufsicht durchführt. Andernfalls ist an die Errichtung der
Diktatur des Proletariats und vor allem an die Aufrechterhaltung der Herrschaft
des Volkes nicht zu denken.
Lernen wir beim Ausmisten in den Betrieben, um an die große
Aufgabe, nämlich das Großreinemachen in Staat und Gesellschaft, heranzukommen,
wie weiland Herkules, der griechische Held, der die sagenhaft verdreckten
Augiasställe reinigte.
Der Held der Zukunft sind die breiten Schichten des Volkes,
die durch die ökonomische und politische Lage gefordert sind, ihre Kraft zu
erkennen oder unterzugehen. Noch scheuen sich die Menschen, die Aufgaben, die
vor ihnen liegen, anzupacken, obwohl der Gestank des Saustalls kaum noch
auszuhalten ist. Als Kommunisten sind wir aber optimistisch und sicher, dass
der Gestank des faulenden Kapitalismus auch den letzten Schnarcher in die Nase
stechen wird.
eni