Kiel: Ausstellung „50 Jahre Bundeswehr“ und große Flottenschau auf der Kieler Woche

Protest gegen Bundeswehrschau Kieler Woche 2005








Am Sonntag, 26. Juni,
endete die diesjährige Kieler Woche traditionsgemäß mit einem Feuerwerk über
der Innenförde. Kieler Woche, das ist eine internationale Kriegsflottenschau,
gepaart mit einem Riesenaufwand an imaginären Vergnügungsmöglichkeiten fürs
breite Volk. In diesem Jahr war Kiel zusätzlich auch noch der der Startort für
die Wanderausstellung  „50 Jahre
Bundeswehr“.

Die Kriegsschiffsschau „Open ship“ fand im Kieler Marinestützpunkt
mit rund 30 Kriegsschiffen und 3.200 Soldaten statt. Die „glorreiche“ US-Navy
rückte gleich mit drei großen Schiffen an. Dem Zerstörer „Cole“, der nach dem
Bombenanschlag wieder repariert wurde, dem Kreuzer „Anzio“ und dem
Docklandungsschiff „Tortuga“ mit „kampferprobter Marineinfanterie“ an Bord. Mit
1.100 Soldaten stellte die USA das größte Kontingent. Die US-Kriegsschiffe
waren allerdings nicht zur Besichtigung freigegeben. Sie lagen in einem
abgesperrten Bereich des Marinestützpunktes und wurden von 100 Soldaten mit
Schnellfeuerwaffen bewacht. Mit dabei war auch Admiral Harry G. Ulrich, der
nicht nur Befehlshaber aller US-Streitkräfte in Europa ist, sondern auch
verantwortlich für alle Einsätze der NATO im Mittelmeer, auf dem Balkan und im
Irak.

Des Weiteren waren Schiffe aus Großbritannien, Irland,
Kanada, Frankreich, Dänemark, Estland, Litauen, Spanien und Russland gekommen.
Der NATO-Teil der Kriegsschiffe kam direkt vom Manöver „US Baltops 2005“, bei
dem 4.100 Soldaten mit 40 Schiffen und 28 Flugzeugen auf der Ostsee bis zum 17.
Juni den „Kampf gegen Terroristen und Anlandung von Truppen an Küsten“ übten.
Als deutsches Flaggschiff war die neue Fregatte „Hamburg“ als modernstes Schiff
der Bundesmarine zur Besichtigung freigegeben. Im Rahmen der Umstrukturierung
der Bundesmarine zu einer weltweit agierenden Truppe wurde in Kiel für 20 Mio.
die Tirpitzmole, Kiels größter Marinehafen, umgebaut. In Kürze werden dort
zusätzlich 1.500 Soldaten stationiert. Die neue Mole kann jetzt komplette NATO-Verbände
mit Energie, Frischwasser, Schwerlast, Telefon, Fernsehen, IT-Systemen usw.
versorgen und ist das Modernste, was es zzt. in der NATO gibt.

Die Kriegsschiffsschau wurde auch dieses Jahr von, wenn auch
zaghaften, Protesten begleitet. SDAJ und Attac waren mit Transparenten gegen
Rüstungsausgaben und für mehr Bildung, unter den Losungen „50 Jahre Bundeswehr
sind 50 Jahre zu viel“, „Willkommen zum Reichs-Kriegshafen“ und „Kein Krieg für
Öl und Profit“ angerückt. Ansonsten fehlten leider die örtlichen Antikriegs-
und Friedensinitiativen.

Erwähnenswert war die zum gleichen Zeitpunkt, in der Nähe
des Marinestützpunktes präsentierte Ausstellung „50 Jahre Bundeswehr“. Solch
ein massives Auftreten der Bundeswehr auf der Kieler Woche hat es noch nie
gegeben. Auf einer Länge von ca. 1 km wurden alle Arten der Bewaffnung und alle
Aufgabengebiete der Bundeswehr vorgestellt. Darunter auch der brandneue
Spähpanzer „Fennek“, der bis zu 110 km/h schnell sein soll, sowie das
Luftabwehrsystem „Patriot“. Streitkräfte, Heer, Luftwaffe, Sanitätsdienst und
Marine – alle waren vertreten. Kinder konnten überall schon mal ihre
Begeisterung für Technik und Militär an und in den Militärgeräten ausleben.
Technikversierte Erwachsene führten Fachgespräche mit den Soldaten. Dabei wurde
auch ganz bewusst für Auslandseinsätze der Bundeswehr wie im Kosovo und in
Afghanistan geworben. Das Motto der Ausstellung heißt: „Entschieden für Frieden
– 50 Jahre Bundeswehr“. Geworben wurde auch für die Bundeswehr als Institution
für die Berufsausbildung der Jugend, natürlich nur bei Verpflichtung zum
Wehrdienst. Auch die Bundeswehrfrauen warben für eine sichere Funktion in der
Bundeswehr und hatten auch Spiele für die Jugend parat. Bei näherem Hinsehen
ließ sich leicht erkennen, dass die Kriegsmaschinerie jetzt auch öffentlich
nicht  nur für die Verteidigung der
Grenzen gedacht ist, sondern flexibel und weltweit eingesetzt werden soll. Wenn
dann gleichzeitig in der Ostsee die Anlandung an fremden Küsten geübt wird, hat
man die Gewissheit, dass diese Militärmaschinerie durchaus für
Interventionseinsätze vorgesehen ist. Und zwar mit weltweit modernster Technik.
Der neue Spähpanzer Fennek ist besonders leicht, sodass er mit den
Transall-Transportflugzeugen schnell zu verschicken ist. Fragwürdig ist auch,
dass dieses militärische Gerät (z. B. Patriot-Raketen) geeignet sein soll den
„Kampf gegen den Terrorismus“ zu führen.

Die Soldaten selbst sind scheinbar von dem Friedenscharakter
der Bundeswehr überzeugt. Überall bei den Auslandseinsätzen bekommen sie angeblich
zu hören, wie sehr das deutsche Militär im Ausland willkommen sei. Es scheint
sich als praktisch zu erweisen, den Krieg von den US-Truppen machen zu lassen,
um sich dann hinterher als die guten deutschen Militärs die
Wirtschaftseinflüsse zu sichern. Dass es dabei eigentlich um
völkerrechtswidrige Kriege für wirtschaftliche Macht und den Zugriff auf
knapper werdende Rohstoffe geht, wird gar nicht diskutiert.

Die offiziellen Feiern zu „50 Jahre Bundeswehr“ haben mit
der Präsentation dieser Ausstellung in Kiel begonnen und sollen im ganzen
Bundesgebiet fortgesetzt werden.

Bis zum 12. November 2005 finden zahlreiche Gelöbnisse,
Zapfenstreiche und Militärausstellungen im öffentlichen Raum statt. Diese
anmaßende Zurschaustellung trifft in der Regel bei wenig Menschen auf Empörung.
50 Jahre Bundeswehr sollte für uns Freidenker ein Anlass sein, die
gesellschaftliche Diskussion um die Aufgaben der (Interventions-)Armee neu zu
beginnen, die Umverteilung von Finanzen und Ressourcen zu fordern und die Bundeswehr
insgesamt in Frage zu stellen. Das Thema eignet sich auch gut zur
Auseinandersetzung mit der EU-Verfassung, die ja bekanntlich u. a. wegen der
Aufrüstungsverpflichtung in vielen Ländern abgelehnt wurde.

Weitere Termine der Bundeswehrausstellung finden sich auf
der Internetseite der Bundeswehr www.50-jahre-bundeswehr.de oder der Bonner
Friedeninitiative www.friedenskooperative.de

Lasst uns die Gelegenheit nutzen und über die wahren Gründe
und die Perversion von imperialistischen Kriegen aufklären! 

(kb)