Mit Unterstützung der EU, des Südwestrundfunk und anderer Förderer wurde der Film „Der junge Karl Marx“ gedreht, der derzeit in vielen Städten gezeigt wird. Im Internet wird viel Werbung dafür gemacht. Ich war deshalb gespannt, was mich erwartete.
Der Film löste gemischte Gefühle aus. Einerseits gut, dass Karl Marx auf die Leinwand gebracht wird – und das weitgehend unverfälscht. Beeindruckend wie Friedrich Engels eine Ansprache bei dem „Bund der Gerechten“ hält, wo er die Notwendigkeit einer gewaltsamen Revolution begründet. Daraufhin wird der Bund in „Bund der Kommunisten“ umbenannt. Ebenso fesselnd ist die Szene wo Karl Marx und Friedrich Engels mit Jenny Marx, der Frau von Marx, und Mary Burns, der Frau von Engels, zusammensitzen und das Kommunistische Manifest entwerfen. Der Film zeigt klar, wofür Marx und Engels standen: Für eine Kommunistische Partei und eine sozialistische Revolution.
Bedauerlich ist, dass die Szenen oft wie gestellt und viel zu schön wirken. Da sieht man arme Menschen im Wald illegal Holz sammeln. Aber die Armut wirkt geschminkt und schön. Der Ruß im Gesicht ist sorgfältig von der Maske hergestellt. Auch wenn sie dann von dem Bütteln des Grundbesitzers mit Knüppel zusammengeschlagen und einige ermordet werden, fallen sie „schön“ ins Gras und der geschminkte Ruß wird nicht dreckig. Der Film zeigt Elend, aber immer arrangiert und zu schön.
Es wundert auch nicht, dass die EU und der Südwestrundfunk an der Finanzierung beteiligt waren. Sie sind ja nicht gerade als Förderer der kommunistischen Idee bekannt. Denn der Film suggeriert untergründig: Das war damals schon schlimm und daher war Marx auch ok, aber heute sieht es ja wirklich besser aus.
Trotz dieser Kritik ist der Film sehenswert und kann helfen, in einen ersten Kontakt mit dem Marxismus zu kommen. Wir sollten dies nutzen und mit möglichst vielen Jugendlichen den Film besuchen. Im Anschluss daran kann man sich ja zusammensetzen und darüber sprechen.
Die offizielle Internetseite zum Film: http://www.der-junge-karl-marx.de/
Leserbrief
Kleine Anmerkungen zur Filmbesprechung „Der junge Karl Marx“ in AZ Nr.3/17
Insgesamt fand ich den Film ermutigend in einer Weise, die allzu selten geworden ist in einer Zeit des neoliberalen Triumphs und des Durchmarschierens von AfD und Pegida.
Dass auch die Darstellung von Elend „zu schön“ gerät, interpretiert Eure Filmbesprechung als der Unterstützung von EU und Südwestrundfunk geschuldet.
Nun ist aber auch das Studium der ersten Schrift von Engels überhaupt, zur Lage der arbeitenden Klasse in England, durch einen Film nicht zu ersetzen. Und das Elend der Näherinnen, das im Kapital so eindrucksvoll geschildert wird, wäre ein eigener Film geworden; oder auch, wenn man aktualisiert das Elend in libyschen Flüchtlingslagern, in Townships in Südafrika etc. sieht.
Der Film zeigt lediglich Elemente der Anfangszeit des Schaffens der beiden Begründer, nicht unbedingt immer 100% der historischen Wahrheit entsprechend, vereinfachend – letztlich ein Spielfilm.
Aber am bemerkenswertesten erschien mit die Darstellung der Auseinandersetzungen mit zeitgenössischen Anarchisten als zentral für das wirken der beiden, was ich so nicht für realistisch halte. Die Schrift gegen Proudhon erschien wesentlich später, als in der Chronologie des Filmes. Personen wie Bakunin erschienen wichtiger als die Auseinandersetzungen in und mit der Sozialdemokratie.
Das aber, eine emotionale Überbewertung des historischen Anarchismus, ist nun eine völlig andere inhaltliche Kritik als die in der AZ: Die Notwendigkeit der Finanzierung des Films u.a. durch „irgendwen“ stellt auch die Frage nach der Notwendigkeit des Films überhaupt. Was ich so einfach bejahen würde…
Mit kommunistischen Grüßen
B.