Von verschiedenen Seiten wird der Vorschlag unterbreitet, zum 31. Januar zu
einen Aktionstag unter dem Titel „31. Januar ist Widerspruchstag“ aufzurufen.
Dieser Vorschlag ist zu begrüßen, auch wenn er kurzfristig kommt. Es ist
wirklich notwendig, der Regierungspropaganda zu Hartz IV medienwirksam entgegen
zu treten. Vor allem sollten möglichst viele Alg II-Bezieher/innen ermutigt
werden, Widerspruch gegen ihre Bescheide einzulegen.
Die Regierung behauptet einfach, die Einführung von Alg II
sei erfolgreich verlaufen, alles laufe reibungslos, und die Fehler zu Lasten
der Leistungsbezieher/innen hielten sich in Grenzen.
Alle, die jetzt bis über beide Ohren in der Beratungsarbeit
stecken und sich vor Anfragen nicht mehr retten können, machen ganz andere
Erfahrungen:
Ein Großteil der Bescheide ist schlichtweg falsch, es
herrschen Chaos und große Unwissenheit in den „Jobcentern“ und Agenturen.
<>Viele Betroffene haben selbst Mitte Januar noch kein Geld
auf dem Konto.
Oft merken die Betroffenen gar nicht, wenn ihnen Leistungen vorenthalten
werden. Die Bescheide sind kaum lesbar und die Einzelberechnungen sind selbst
für Fachleute kaum nachvollziehbar.
Deshalb unterstützen wir hiermit den Aufruf, in der kommenden Woche in/vor
möglichst vielen Ämtern/Agenturen unter dem Motto „31. Januar ist
Widerspruchstag“ aktive Widerspruchsberatung zu machen, auf mögliche Fehler
hinzuweisen und Betroffene zum Widerspruch anzuregen. Flankiert werden sollte
die Aktion mit dem Verteilen von Infoflugblättern. Die wichtigsten
Musterwidersprüche sollten zum Ausfüllen bereitgehalten werden. Die Aktion kann
auch dazu genutzt werden, die örtlichen Medien noch einmal auf die skandalöse
Art und die desaströsen Folgen des mit der Brechstange eingeführten Arbeitslosengeldes
II zu stoßen.
Die Aktion „31. Januar ist Widerspruchstag“ wird eingeleitet durch eine
gemeinsame Pressemitteilung der Koordinierungsstelle
gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), von Tacheles e.V. und BAG-SHI.
In der bundesweiten Pressemitteilung vom letzten Freitag werden Betroffene zum
Widerspruch aufgefordert und die Unzulänglichkeit der Bescheide angeprangert.
Sie ist nachfolgend abgedruckt. Infomaterial für Widerspruchsberatung findet
Ihr unter: www.erwerbslos.de www.tacheles-sozialhilfe.de und www.alg-2.info (Achtung! Auf der Seite „Vorsicht!Arbeitslosengeld
II“ wird ab Sonntag ein Infopaket für Aktionen vor Ort bereitstehen.)
Hier die Pressemitteilung im Wortlaut:
„31. Januar ist
Widerspruchstag“
Arbeitslose
sollten gegen ihren ALG-II-Bescheid Widerspruch einlegen, wenn Zweifel an der
Richtigkeit bestehen. Dazu rufen die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher
Arbeitslosengruppen (KOS), die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und
Sozialhilfeinitiativen e.V. (BAG-SHI) und Tacheles e.V. auf. Wird kein
Widerspruch eingelegt, dann werden auch fehlerhafte und rechtswidrige Bescheide
für den Bewilligungszeitraum von bis zu sechs Monaten rechtskräftig, warnen die
Erwerbslosen-Verbände. Für die große Masse der Bescheide läuft die
Widerspruchsfrist am 31. Januar aus. Während die Bundesregierung und die
Bundesagentur für Arbeit die Einführung des Arbeitslosengeldes II positiv
bewerten, sprechen die Erwerbslosen-Verbände von einem „chaotischen und
katastrophalen Start auf Kosten der Erwerbslosen und der Beschäftigten der
Ämter“. „Die Bescheide sind weder nachvollziehbar noch begründet und haben eine
extrem hohe Fehlerquote“ erläutert Harald Thomé von Tacheles. „Lieber einen
Widerspruch zuviel als zuwenig einlegen“ ergänzt Martin Künkler von der
Koordinierungsstelle, „denn vielen Bescheiden sieht man gar nicht an, dass sie
falsch sind.“ KOS, BAG-SHI und Tacheles schätzen, dass die überwiegende
Mehrheit der Bescheide fehlerhaft und rechtswidrig ist. Die Beratungsstellen
nehmen eine Fehlerquote von bis zu 90 % an Vor allem bei Miet- und Heizkosten
werde unzulässig gekürzt und bei der Anrechnung von Einkommen nicht alle
Absetz- und Freibeträge berücksichtigt. Mancherorts würden leistungserhöhende
Elemente wie etwa der Mehrbedarf für Schwangere oder der Absetzbetrag für
private Versicherungen in Höhe von 30 Euro systematisch in allen Bescheiden
unterschlagen. Im Einzelfall kann es sich um mehrere hundert Euro zu wenig im
Monat handeln. „Wer jetzt keinen Widerspruch einlegt verschenkt unter Umständen
bares Geld, das dringend zum Leben gebraucht wird“ so Frank Jäger von der
BAG-SHI. Für Bescheide, die noch im letzten Jahr verschickt wurden, endet die
Widerspruchsfrist am 31.1.2005. Für in diesem Jahr erstellte Bescheide beginnt
die Widerspruchsfrist von einem Monat mit dem Erhalt des Bescheides.
Widersprüche müssen innerhalb der Frist bei der im Bescheid angegebenen,
zuständigen Stelle eingegangen sein. KOS, BAG-SHI und Tacheles empfehlen, die
Widersprüche in den nächsten Tagen persönlich bei den zuständigen Ämtern
abzugeben und sich den Eingang bestätigen zu lassen. Mustertexte für
Widersprüche sowie weitere Tipps und Hinweise zur rechtlichen Gegenwehr bieten
die Internet-Seiten der Verbände: