Europäische Verfassung: Setzen wir uns für ein „populäres, fortschrittliches und internationalistisches Nein“ ein!

Das Referendum bei der PS (Sozialistische Partei)

             Am
Dienstag, den 10. Dezember waren ca. 120 000 Mitglieder der PS aufgerufen, an
dem internen Referendum über die Frage der europäischen Verfassung
teilzunehmen.

            Dieses
Referendum, das von Francois Hollande, dem Generalsekretär, beschlossen worden
war, war eine Antwort auf die Entscheidung von Fabius, der sich plötzlich im
September entschloss, sich an die Spitze der Protest- und Oppositionsbewegung
gegen die Verfassung zu stellen, die innerhalb der Partei anwächst.

            Fabius
als Linker?! Keiner, nicht einmal innerhalb seiner eigenen Partei, glaubte
daran! Jedermann verstand sehr wohl, dass es sich dabei um ein politisches
Manöver handelte, das darauf abzielte, rechtzeitig dabei zu sein und sich für
die kommenden Präsidentschaftswahlen zu positionieren. Er konnte ruhig lauthals
behaupten, dass es nicht so sei und dass er ein Mann von Überzeugung wäre, er
überzeugt nicht viele. Aber jenseits der Operation Fabius gibt es eine
ernsthafte Frage mit bedeutenden politischen Konsequenzen.

            Das
Ergebnis des Referendums in der PS („sind Sie für die europäische Verfassung?
Ja oder nein“) ist jetzt bekannt: 58 % der Mitglieder haben mit ja gestimmt.
Die Teilnahme an der Abstimmung lag bei 80 %. Es gab also eine relativ solide
Mehrheit für das Ja.

            Bleibt
übrig, dass in der Sozialistischen Partei die Anhänger des Nein, die Gegner der
europäischen Verfassung mehr als 40 % ausmachen. Und das ist nicht unbeachtlich
angesichts der Dramatisierung, welche den politischen Kampf im Schoße dieser
Partei begleitete und der Mittel, die von den Wortführern des Ja auf nationalem
aber auch auf europäischem Niveau angewandt  wurden! Alles wurde getan, um die Mitglieder
dieser Partei, die in der Mehrzahl für Europa sind,  Glauben zu machen, dass mit „Nein“ zu stimmen
bedeutete, gegen Europa zu stimmen und dass ein 
solches Votum das Chaos hervorriefe.

            Diese
Opposition, man kann sogar sagen dieser Bruch, der sich in der PS zwischen
Befürwortern und Gegnern der Verfassung vollzog, ist tief und wird sich nicht
leicht schließen lassen, auch wenn die Schlacht innerhalb der Partei momentan
durch dieses Referendum beendet ist; der im Schoße der gesamten Gesellschaft
hat noch nicht einmal begonnen. Sicherlich haben sich die verschiedenen
politischen Parteien positioniert, aber die Kampagne wird erst ihre volle Kraft
entfalten, wenn der Zeitpunkt des von der Regierung organisierten, diesmal
nationalen Referendums, bekannt sein wird.

            Chirac
hat in der Tat das Ergebnis der Befragung in der PS abgewartet, um über diesen
Zeitpunkt und seine eigene Kampagne zu entscheiden. Die politischen Beobachter
sind sich darin einig, zu sagen, dass er gut beraten sei, von der Dynamik des
„Ja“ in der PS zu profitieren, wenn er das Referendum möglichst bald, das heißt
im Frühjahr, organisieren würde.

            Er
hat die Unterstützung dieser pro-europäischen Partei tatsächlich nötig, damit
das „Ja“ im Referendum siegt.

            Aber,
weit gefehlt, nichts ist sicher! Die 58 % der PS-Mitglieder repräsentieren nur
einen Teil der Wählerschaft. Sicher, die Medienmaschine des herrschenden
Systems, den Vorzug (um nicht zu sagen die Exklusivität), welchen sie den
großen Parteien, die alle pro-europäisch sind, einräumt, ist mächtig.
Hinterhältigen Schläge, Druck, Dramatisierungen usw. werden angewandt werden,
um dem „Ja“ zum Sieg zu verhelfen. Aber der Widerstand gegen diese Verfassung,
und mehr noch gegen dieses Europa, ist stark und wächst unaufhörlich.

 

Unsere Kampagne

            Wir
haben für unseren Teil Stellung für das Nein
bezogen seit das Projekt der Verfassung bekannt geworden ist. Seit November
2003 haben wir in La
Forge
die
Forderung nach einem Referendum erhoben (als der Modus der Ratifizierung noch
nicht entschieden war), damit eine politische Massenkampagne stattfinden
könnte. Heute, da das Prinzip des Referendums angenommen ist und dessen
Zeitpunkt sich zu nähern droht, müssen wir unsere politische Kampagne für ein
„Nein“ zur Verfassung überall da, wo wir arbeiten, entwickeln. Wir müssen es
gemeinsam mit denen, die für ein populäres und fortschrittliches Nein kämpfen,
tun unter Entwicklung unserer eigenen Argumente.

            Wir
werden es im Zusammenhang mit dem, was wir schon immer behauptet haben, machen,
nämlich, dass das Europa, das sich herausbildet, ein Europa ist, das
ausschließlich den Monopolen dient. Schon von Anfang an durch und für die
Monopole errichtet, kann es nichts anderes sein als ein Markt der Mächte und
der Normen, die zuerst und vor allem darauf abzielen, ihnen eine Stärkung,
einen Profitzuwachs zu erlauben, indem es für sie die besten Bedingungen für
die Ausbeutung der Arbeitenden schafft.   

            Unser Nein zur Verfassung ist auch ein Nein
zu Europa als imperialistischem Block in Rivalität mit den anderen
Imperialisten wegen der Plünderung und Beherrschung anderer Länder. Es ist ein
Block, der, so wie er sich aus seinen Mitgliedsländern zusammensetzt, andere
ausschließt und gegen sie Chauvinismus und Rassismus verbreitet. Als Beispiel
sei die Türkei genannt! Er errichtet gegenüber den Nichteuropäern eine Barriere
um die EU, rüstet sich mit einer Armee und Polizei, um sein Gesetz  durchzusetzen, das des Kapitalismus, des
Wirtschaftsliberalismus und der politischen Reaktion, die sie begleitet.

            Deshalb
ist die Verfassung, die bald zur Abstimmung gestellt wird nach dem Geschmack
dieses reaktionären, kapitalistischen Blocks, und es könnte auch gar nicht
anders sein.

            Die
Polemik (über die Natur des Projekts der europäischen Integration) muss sehr
wohl im Lager der Gegner der Verfassung geführt werden (im Lager der
Nicht-„Linken“, wohlgemerkt). Aber diese Polemik darf nicht zum Schaden des
Wesentlichen, der Einheit gegen diese Verfassung, für die Verhinderung ihrer
Ratifizierung, geführt werden.

            Denn
unser Nein ist nicht ein simples prinzipielles Nein, um sich treu zu bleiben
und sich in der Opposition wohl zu fühlen. Unser Nein ist eine politische
Position, das heißt eine Position, um auf dem Boden der Realität zu handeln. Wir
machen gegen diese Verfassung mobil, weil wir überzeugt sind, dass ihre Annahme
ein weiterer Schritt, ein schwerer Schlag gegen die Arbeiter und das Volk, eine
schwere Gefahr für die Zukunft wäre.

            Für
das Nein einzutreten heißt für uns, dafür zu arbeiten, diesen Prozess zu
hemmen,   ihn zu bremsen. Es heißt auch,
sich zusammenzuschließen, um Gewicht zu bekommen und die Reaktion zu zwingen,
diese Opposition des Volkes, die bei uns aber auch bei zahlreichen Völkern der
betroffenen Länder existiert, Rechnung zu tragen. Es heißt auch, Zwietracht in
ihren Reihen zu säen und sie so zu schwächen. Es heißt endlich auch einen Punkt
in unserem Kampf gegen die Monopole zu setzen.

             Wegen
all dieser Gründe lasst uns dafür arbeiten, das „Nein“ zur Verfassung der EU gewinnen
zu lassen, ein populäres, fortschrittliches und internationalistisches Nein zur
europäischen Verfassung!  

 Aus La Forge, Nr.447, Dezember 2004, Zeitung der Kommunistischen
Arbeiterpartei Frankreichs