Buchbesprechung: Wolfgang Schorlau, „Die schützende Hand – Denglers achter Fall“

Wolfgang Schorlau, Die schützende Hand

Aktualisiert!

Nun gibt es den Krimi von Wolfgang Schorlau, „Die schützende Hand“ auch als Taschenbuch für 9,99 Euro. Da wir immer für billige Bücher zu haben sind, finden wir das gut. Zudem ist die Taschenbuchausgabe um ein 33-seitiges Nachwort ergänzt worden, dass es in sich hat. Schorlau bleibt hartnäckig und sucht Fakten zu den NSU-Morden und ihren Hintergründen. Dabei schreibt er, dass er nicht allen Vertuschungen nachgehen kann. Er beschränkte sich deshalb auf einen bedeutsamen Punkt: Die angeblichen Selbstmorde von Bönhardt und Mundlos. Bereits in der ersten Hardcoverausgabe hatte er in einem dicken Dokumentarteil herausgearbeitet, dass es kein Selbstmord gewesen sein kann. Alle damals bekannten Fakten sprachen dagegen. Nun untermauert Schorlau das. Er hat die gerichtsmedizinischen Unterlagen und die Aussagen der Sachverständigen durchgearbeitet. Darüberhinaus hat er selbst Sachverständige befragt. Akribisch weist Schorlau nach, dass Bönhardt und Mundlos bereits ca. 12 Stunden vor ihrem angeblichen Selbstmord tot gewesen sein müssen. Die festgestellten Leichenflecken beweisen das. Er folgert daraus, dass der Selbstmord inszeniert und die bereits toten Leichen in dem Wohnmobil arrangiert wurden. Das ist starker Tobak! Doch es ist schlüssig. Wer etwas anderes meint, sollte das dann auch beweisen! Schorlau stützt sich nämlich auf Fakten. Das ist seine Stärke, die seine Romane so lebendig und dramatisch machen. Allerdings wird einem bei der Schlußfolgerung, dass hier unser Staat zwei Selbstmorde inszeniert hat, mehr als unheimlich zumute.

Wir können nur unsere Empfehlung aus unserer ersten Besprechung wiederholen und fügen sie dehalb hier an:

Da bleibt einem glatt die Spucke weg, wenn man den neuen Roman von Wolfgang Schorlau liest. Ich muss hier persönlich werden: Über diesen Staat denke ich schon seit langem nichts Gutes und kenne dazu eine Unmenge Fakten, doch der Krimi von Schorlau, der sich um die NSU und die Verwicklungen des deutschen Staates dreht, übertrifft alle meine bisherigen negativen Urteile über diesen Staat, auch wenn ich mich vorher bereits intensiv mit dem Thema NSU beschäftigt habe.

Die Machart des Krimis ähnelt den vorherigen Dengler-Fällen. In kurzen Kapiteln wird der Handlungsstrang mit unterschiedlichen Personen an verschiedenen Orten sowie mit Rückblenden langsam entwickelt. Die Spannung steigt Stück für Stück. Dazu reichert Schorlau den Krimi mit Originalzitaten, Dokumenten und diesmal auch Tatortfotos an. Es ist ein Roman und trotzdem ist er hautnah an der Realität dran.

Schorlau zeigt dabei deutlich, wie massiv der deutsche Staat an den Morden des NSU beteiligt war, wie viel er vertuscht und dass die Theorie von den drei Tätern nicht stimmt. Logisch und konsequent wird aufgezeigt, dass es sich bei dem Tod von Bönhardt und Mundlos nicht um einen „Selbstmord“ gehandelt haben kann. Anhand der veröffentlichten Ermittlungsprotokolle und Tatortfotos weist er minutiös nach, dass der Tathergang nicht so sein kann, wie das BKA und die Bundesanwaltschaft es darstellen. Um diese Fakten herum ist eine Geschichte geflochten, die den Privatdetektiv Dengler dazu bringt, im Fall NSU zu ermitteln. Von dieser Geschichte sei hier nichts verraten. Die Spannung soll dem Leser nicht genommen werden.

Wie bereits alle Krimis von Wolfgang Schorlau vorher empfehlen wir auch diesen aus ganzem Herzen. Er ist mehr als lesenswert und wird einem nicht nur wegen der spannenden Geschichte ein paar unruhige Stunden bereiten sowie unvermeidlich die Frage aufwerfen: In was für einem Staat leben wir?

Wolfgang Schorlau, „Die schützende Hand – Denglers achter Fall“, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2015, 384 Seiten, ISBN: 978-3-462-04666-3, 14,99 Euro; als Taschenbuch ISBN 978-3-462-04931-2, 434 Seiten, 9,99 Euro