Vorbemerkung der Redaktion: Am 21.1.15 fand ein Arbeitsgerichtsprozess in Magdeburg wegen der Entlassung von Nils Holger Böttger, Enercon-Betriebsrat statt. Ein Leser und Teilnehmer berichtet.
Wir KommunistInnen (MLPD, Arbeit Zukunft, Linkspartei, Einzelpersonen) haben heute (Mittwoch) dem kämpferischen Gewerkschafter und Enercon-Betriebsrat Nils Holger Böttger den Rücken gestärkt. Dem Beklagten wird ein schwerwiegendes Verbrechen vorgeworfen: seine Meinung per Mail geäußert zu haben. Dies wurde von den Enercon-Kapitalisten als „Diffamierung“ bewertet. Der wahre Hintergrund ist klar:
Böttger hat sich offensiv für LeiharbeiterInnen und gegen eine Spaltung/Konkurrenz der Stammbelegschaft eingesetzt. Es war heute schweinekalt. Aber es beteiligten sich ca. 150 Menschen an der relativ langen Kundgebung, bevor wir danach kollektiv in den Gerichtsaal gingen. Fast alle Redner sprachen optimistisch, kämpferisch und offensiv vor Prozessbeginn von einem Sieg Böttgers. Es sprachen Gewerkschafter sowie sozialdemokratische Parteiwerbevertreter Wulf Gallert (Partei DIE LINKE) und ein mir nicht bekannter SPD-Politiker. Viele Redebeiträge waren kämpferisch. Teilweise wurde aber auch leichter Firmenstolz sowie Demokratiegläubigkeit betrieben – unerträglich. Es wurde die Bespitzelung von Arbeitern durch die Firmenleitung kritisiert.
Es gab kein offenes Mikrofon. MAGIDA wurde nur in einem Teilsatz vom SPD-Politiker erwähnt. Schade, hätte man mehr draus machen können und die Gewerkschaften für #NoMAGIDA mobilisieren können. Aber so ist sie halt – die Gewerkschafts- und Parteichefetage. Irre: Der SPD-Politiker bekam viel Beifall, obwohl es hinreichend bekannt ist, dass die SPD (und die Grünen) den massiven Sozialkahlschlag mit Hartz IV und Leih-/Zeitarbeit eingeführt haben. Klassisches Kurzzeitgedächtnis.
Die Gewerkschaft hat auf der Kundgebung vor dem Gerichtsprozess einige kostenlose Solidaritäts-T-Shirts in mehreren Größen verteilt, die wie eine Front im Gerichtssaal vom Richter unkommentiert getragen / gezeigt werden durften, was ja sonst eher unüblich ist und politische Statements nicht erlaubt sind.
Die Gewerkschaft IG METALL, der auch der Beklagte angehört, hatte zu wenig Kaffee und Suppe bereitgestellt – was als gutes Zeichen bewertet werden kann: man hatte wohl mit weniger Teilnehmern gerechnet. Volksstimme, MDR und andere Pressevertreter waren vor Ort. Gewerkschafter aus dem gesamten Bundesgebiet aller Gewerkschaften sind extra angereist. Der Gerichtssaal war knackevoll. Wir saßen auf dem Boden. Es wurde schnell warm und roch nach Mensch.
Die Kläger/Kapitalisten waren lediglich mit einer Person vertreten: mit ihrem gut bezahlten Anwalt, den sie viel lieber bezahlen anstelle „ihrer“ Lohnsklaven. (Klassenkampf von oben). Das Verfahren wurde vom Kapitalistenanwalt unnötig in die Länge gezogen, viel gespielt spekuliert und gegen die Meinungsfreiheit gehetzt.
Eine Ankündigung auf ein Urteil bzw. ob ggf. weitere Prozesstage nötig seien, verschob der Richter auf mehrere Stunden später für die Zeit nachdem wir alle den Gerichtssaal verlassen haben. Weitere Informationen aus Sicht der Gewerkschaft und dem Beklagten findet man auf ihrer Kampagnen-Website:
http://www.windstärke13.info/artikel-volksstimme-ich-rechnemit-einem-sieg/#more-8937
und ein zweiter Volksstimme-Bericht:
http://www.volksstimme.de/nachrichten/magdeburg/1411106_Demonstranten-staerken-Enercon-Betriebsrat-den-Ruecken.html
Man möge es mir nachsehen, wenn ich etwas vergessen habe.