Von 0,15% auf 0,05% senkte die EZB den Leitzins, zu dem sich Banken bei ihr Geld ausleihen können. Dahinter steckt die Angst, dass sich die Krise in Europa vertieft. Denn trotz des bereits ungeheuer billigen Geldes (zumindest für die Banken) steigt die Wirtschaftsleistung in den meisten europäischen Ländern nicht. Mit mageren 2%, die für 2014 und 2015 prognostiziert wurden, gilt Deutschland bereits als „Konjunkturlokomotive“ in Europa. Lächerlich! Dabei sind noch nicht einmal die Folgen der Sanktionen gegen Russland und von Russland im Zusammenhang mit dem Kampf um die Ukraine berücksichtigt. Es wird also aller Voraussicht nach noch magerer werden.
Die EZB meint nun, das Problem durch eine Schwemme billigen Geldes lösen zu können. Doch dieses Rezept ist zum Scheitern verurteilt.
Zum Scheitern verurteilt
Das spottbillige Geld, das die Banken nun wie Sauerbier angeboten bekommen, wird nichts nützen, weil sich eine Anlage in der Produktion kaum lohnt. Denn wie soll man Profit machen, wenn die Menschen durch die Krisenmaßnahmen wie Lohnsenkungen, Sozialkürzungen, Entlassungen usw. immer weniger Geld haben, um zu kaufen? Für die Banken wäre eine Kreditvergabe in diesem Bereich zumeist sehr unsicher.
Also wird das viele billige Geld vor allem in spekulative Bereiche fließen. Die EZB selbst hofft, dass mit dem Geldsegen Kreditverbriefungen und der Absatz von Pfandbriefen angekurbelt werden. Das sind Finanzprodukte, also neue Verschuldung vor allem des Staates. Gerade die Staatsverschuldung sollte aber abgebaut werden. Nun soll sie wieder angekurbelt werden? Dieser Zick-zack-Kurs zeigt, wie ratlos die kapitalistischen Wirtschaftsexperten sind.
Gibt es einen Ausweg?
Natürlich könnte die EZB die Leitzinsen erhöhen. Doch das wäre ebenso eine Katastrophe. Viele Staatshaushalte, die gerade mit viel Leid und Elend für die Arbeiter, Angestellten, Jugend, Rentner usw. „gerettet“ wurden, stünden dann wieder kurz vor dem Bankrott. Denn ein höherer Leitzins bedeutet auch höhere Zinsen für Staatsschulden. Beispielsweise der Bundeshaushalt, der derzeit als „ausgeglichen“ gilt, wäre dann wieder defizitär. Gelöst werden müsste das über noch radikaleren Sozialabbau. Das jedoch würde die Konjunktur noch tiefer in den Keller fahren.
Natürlich könnten die Banken das billige Geld in Kredite für die Produktion stecken. Dann müssten sie aber sehr selbstlos sein. Denn dort drohen – wie oben dargelegt – angesichts der konjunkturellen Situation in Europa hohe Risiken. Zudem sind die Profite, die in diesem Bereich derzeit zu erzielen sind, eher mager. Bei spekulativen Anlagen sind die möglichen Gewinne deutlich höher, allerdings auch das Risiko. Jede „Lösung“ ist riskant für die Banken. Wenig Gewinn mit Risiko und Schwächung gegenüber den Konkurrenten, hoher Gewinn mit hohem Risiko des völligen Zusammenbruchs, aber der Möglichkeit der Stärkung gegenüber den Konkurrenten. Das ganze ist wie bei einer Hydra: Überall, wo man sich hinwendet, erwarten einen die scharfen Reißzähne der vielen Köpfe des Ungeheuers.
Natürlich könnte man die Sozialleistungen und die Löhne wieder erhöhen. Millionen Menschen würden aufatmen. Super! Doch damit wäre aber die Konkurrenzfähigkeit des Kapitals auf den internationalen Märkten in Gefahr. Gerade das deutsche Kapital hat sich in der Krise durch seine radikale Niedriglohnpolitik auf Hartz IV-Niveau gegenüber seinen Konkurrenten gestärkt. Diesen „Standortvorteil“ will es nicht hergeben. Und die Konkurrenten sind gezwungen nachzuziehen, wenn sie nicht völlig untergehen wollen. Zudem würden höhere Sozialleistungen die Staatsschulden wieder erhöhen und somit zur nächsten Krise führen. Es ist wirklich wie bei einer Hydra!
Innerhalb dieses Systems gibt es keine Lösung!
Es ist offensichtlich: Egal, wohin sich dieses System wendet, es sind nur verzweifelte Versuche, das große Glücksrad des Profits weiterzudrehen. Dauerhafte Lösungen oder gar Lösungen zum Wohle der großen Masse der Menschen gibt es nicht.
Natürlich treten in einer solchen Situation eine Menge „Retter“ des Systems auf.
So gibt es Vorschläge, das „spekulative Kapital“ einzudämmen. Dieser Vorschlag hat ein „kleines“ Problem: Kapitalismus ist immer spekulativ. Denn selbst ein produzierender Kapitalist weiß zu Beginn nie, ob und zu welchen Bedingungen er sein Produkt los wird. Wie Marx herausarbeitete produziert er für einen unbekannten Markt. Natürlich versucht man das heute durch Markt- und Absatzforschung in den Griff zu bekommen. Aber allein die Existenz dieser „Forschung“ zeigt, dass es hier ein Problem gibt. Kein Kapitalist weiß, wie seine Konkurrenten entscheiden; ob sie die Produktion erhöhen, rationalisieren, den Preis senken usw. usf. Er weiß auch nicht, wie viele Kunden er für sein Produkt findet und ob und wie viel Geld diese haben. Krisen wie jetzt um die Ukraine können ihm jede Kalkulation verderben. Also auch ein produzierender Kapitalist muss darauf spekulieren, dass alles gut geht und er seine Waren zu einem möglichst hohen Preis loswird. Und wie im Großen erwartet ihn auch im Kleinen überall die Hydra des kapitalistischen Systems: Produziert er zu viel, bleibt er darauf sitzen; produziert er zu wenig, entgeht ihm Profit; ist der Preis niedrig, setzt er viel ab, aber mit geringem Profit; ist der Preis hoch, setzt er weniger ab, sein Profit ist zwar pro Stück höher, aber insgesamt schmal.
Einen prinzipiellen Unterschied zwischen „spekulativem“ und „produktivem“ Kapital gibt es nicht. Das Finanzkapital hat nur das Grundprinzip kapitalistischen Wirtschaftens auf die Spitze getrieben. Das System ist zu einem riesigen Wettbüro geworden.
Durch die fortwährende Akkumulation (Ansammlung) von Kapital sind mittlerweile derart riesige Kapitalmassen weltweit entstanden, dass sie sich tatsächlich kaum noch sinnvoll anlegen und verwerten können. Der Kapitalismus hat ein riesiges und unlösbares Problem. Denn Kapital hat nur einen Sinn: sich vermehren! Wie soll das aber gehen.
Diejenigen, die das „spekulative Kapital“ eingrenzen oder gar beseitigen wollen, übersehen dabei die Dimension. Wollte man so etwas ernsthaft in Angriff nehmen, so müsste man mindestens die Hälfte oder gar Zweidrittel des existierenden Kapitals aus dem Markt nehmen, also faktisch enteignen. Das würde bedeuten, dass man in allen großen Ländern mit beträchtlichem Finanzkapital zeitgleich vorgehen müsste. Enteignungen in riesigem Umfang in den USA, EU mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich, Japan, Saudi-Arabien, Emirate, China, Russland wären nötig, um für eine kurze Zeit zu den früheren „besseren“ Zuständen des Kapitalismus zurückzukehren. Das wäre allerdings wirklich nur für kurze Zeit. Denn der Zwang zum Profit würde wieder zur Ansammlung von Kapital, zu seiner Akkumulation führen. Und damit wäre das heutige Problem wieder da. Abgesehen davon, dass es politisch unvorstellbar wäre, unter den Bedingungen des Kapitalismus einen solchen Schritt rückwärts zu „besseren“ Zeiten zu gehen, würde er letztlich nichts nützen. Ein riesiger Aufwand, der langfristig nichts ändern würde.
Wäre der Sozialismus nicht einfacher?
Viele derer, die die verzweifelten Rettungsvorschläge für den Kapitalismus vorbringen, machen das, um etwas zu vermeiden: Den Gedanken an den Sozialismus als Ausweg aus den unlösbaren Widersprüchen des kapitalistischen Systems.
Dabei ist der Sozialismus angesichts der Absurditäten und Grausamkeiten des herrschenden Systems eine ernsthaft zu bedenkende Alternative.
Gut, wir wissen aus den Erfahrungen, dass auch der Sozialismus Probleme und Mängel hat; ja sogar, dass er degenerieren und völlig zerstört werden kann. Das schreckt viele ab. Und die herrschende Klasse verbreitet massiv Propaganda, dass der Sozialismus schrecklich sei, nicht der „Natur des Menschen“ entspreche, sowieso niemals funktionieren könne.
Schauen wir uns das einmal genauer an:
Ein bekanntes Problem des Sozialismus ist die Bürokratie. Abgesehen davon, dass dieses Problem ja auch im Kapitalismus existiert, ist es im Sozialismus lösbar. Man muss die Kontrolle durch die Arbeiter und das Volk verbessern, dann geht es den Bürokraten an den Kragen. Nehmen wir die bekannten Mängel in der Planwirtschaft. Lässt sich da was machen? Selbstverständlich! Man kann Pläne flexibler gestalten, anpassen, überprüfen, entwickeln, verbessern. Im übrigen ist jeder Großkonzern in seinem Innern Planwirtschaft. Da wird nichts dem Zufall überlassen, alles ist geplant: Bestellung von Rohstoffen, Einsatz der Ware Arbeitskraft und von Maschinen, Reparaturen, Warenein- und -ausgang und vieles mehr. Sonst wäre gar keine geordnete Produktion möglich. Und mancher Großkonzern ist größer und komplexer aufgebaut als viele Staaten. Warum sollte dann Planwirtschaft auf dieser Ebene nicht funktionieren? Nur blinde Verteidiger des kapitalistischen Systems wollen diese einfache Wahrheit verdrängen. Dass es auch im Sozialismus Menschen gibt, die zum Kapitalismus zurück wollen, die ihre privaten Interessen über die der Gesellschaft stellen? Das ist doch eher ein Argument gegen den Kapitalismus, denn hier wird deutlich, wie schädlich und anti-sozial er ist. Man braucht auch in diesem Bereich noch mehr Einschränkung von und Kampf gegen kapitalistische Bestrebungen, mehr Demokratie für die breiten Massen, mehr Unterdrückung der heimlichen und offenen Befürworter des anti-sozialen Kapitalismus.
Sozialismus soll nicht gehen? Das Gegenteil ist der Fall. Er hat bereits Jahrzehnte seine Lebensfähigkeit bewiesen. Keine Arbeitslosigkeit, ein super Bildungs- und Gesundheitswesen, Kultur auf höchstem Niveau, wirtschaftliche Erfolge – das alles und noch mehr hat der Sozialismus real geleistet. Und die Erfahrungen bieten eine Menge erstklassiges Material, um daraus für den erneuten Anlauf zum Sozialismus zu lernen. Wenn man sich dazu die Probleme des Sozialismus anschaut, dann ist keines prinzipiell unlösbar. Sie erfordern Arbeit, Wachsamkeit und Kampfbereitschaft, aber sie sind zu bewältigen. Ob Bürokratie, Planmängel, Bestrebungen zum Kapitalismus zurück – überall kann man etwas machen, durch aktives Handeln, beständiges Lernen verändern. Während der Kapitalismus keinen Ausweg bietet, bietet der Sozialismus eine Zukunft!
dm