Nach PSA (Peugeot Citroen – d.Übers.), danach dem Zementhersteller Lafarge, steht nun Alstom im Zentrum des internationalen Kampfs um die Beherrschung eines französischen Konzerns. Wenn es bei PSA ein chinesischer Konzern war, Dongfeng, der besonders von der französischen Regierung ersucht wurde, so haben sich die Chefs von Alstom an einen US-Riesen, General Electric, gewandt. Anscheinend sind diese Verhandlungen ohne Unterrichtung der Regierung gelaufen. Das hat die Reaktion von Montebourg (1) hervorgerufen, der, wie für ihn üblich, laut aufgeschrien hat im Versuch, als Verteidiger eines „französischen Aushängeschilds“, vergleichbar mit einer „Beute“, die General Electric verschlingen wollte, zu gelten. Aber wir wissen, was diese Wichtigtuerei wert ist; er machte das Gleiche während des Kampfs der Stahlarbeiter des Werks von Florange, das ArcelorMittal gehörte und dieses los werden wollte. Sich in Positur setzen, mit „Verstaatlichung“ drohen, gefolgt von einem Kniefall vor dem Diktat des Chefs des Stahlgiganten und schließlich dem glatten Verrat an den Interessen der Arbeiter und dem Begräbnis der Frage der Verstaatlichung.
Seit mehr als einer Woche entwickelt sich eine Polemik um den „Aufkäufer“ des Alstom-Konzerns, der auf mehreren Gebieten führend ist, aber als für zu “klein“ beurteilt, um auf globaler Ebene konkurrenzfähig zu sein. In der Tat stellt die Regierung die Aufspaltung des Konzerns nicht in Frage. Sie greift den Gedanken des Bosses von Alstom, G. Kron, von der Notwendigkeit der Zweiteilung des Konzerns auf: den „Energie-“ und den „Transport-“Sektor. Aber dort, wo Kron den rentabelsten Sektor, die Energie, an General Electric verkaufen wollte, schiebt die Regierung Siemens in den Vordergrund, das „im Gegenzug“ seine Transportbranche (mit dem ICE, dem Konkurrenten des TGV von Alstom, sowie den Zügen und U-Bahnen) teilweise oder ganz aufgeben würde.
Es steht auch eine Beteiligung des Staates am Kapital von Alstom im Raum, gewissermaßen eine Teil-Verstaatlichung, Auftakt zu einer Allianz mit einem anderen Monopol.
Der Präzedenzfall Sarkozy
Auf diesem Gebiet gibt es einen Präzedenzfall: Sarkozy, damals Wirtschaftsminister, hatte die Verhandlungen zwischen der Regierung, der Direktion von Alstom und der Europäischen Kommission 2004, um eine Lösung für die drohende Pleite des Konzerns zu finden, eben abgeschlossen. Zu dieser Zeit war Alstom stark verschuldet als Folge einer Politik, welche die Aktionäre und die Aufkäufe von Konkurrenten zu erhöhten Preisen favorisierte.
Dies schlug sich im Eintritt des Staates in das Kapital in Höhe von 29,4% nieder.
Sarkozy schrieb sich diese Entscheidung zu, welche die „Bankenrettung“ durch öffentliche Gelder in den Jahren 2008-2009 vorwegnahm. Diese „Teilverstaatlichung“ war begleitet vom Verkauf mehrerer Zweige des Konzerns und einem bedeutenden Stellenabbauplan: die Hälfte der Arbeitsplätze wurde gestrichen! Unter den verkauften Zweigen waren die Schiffswerft von Saint-Nazaire, der Geschäftszweig Transmission und Vertrieb (T&D), der an Areva verkauft werden sollte und 2010 wieder unter das Dach von Alstom kam. Derzeit wollte General Electric schon die Hand auf diesen Zweig legen. Siemens, das in mehreren Segmenten Konkurrent von Alstom ist, wird den Zweig industrielle Turbinen kaufen. Der Vorstandsvorsitzende gilt als „Retter“ eines Konzerns, der mit den Folgen der Finanzkrise von 2008-2009 konfrontiert ist, die einen Auftragsrückgang nach sich zog.
2006 wurde die Staatsbeteiligung an Bouygues (2) verkauft, der damit zum privaten Hauptaktionär des Konzerns wurde.
Bouygues wird privater Hauptaktionär
Damals war Sarkozy bei seinem „Freund Martin“ darin engagiert, das Kapital von Areva, dem Monopol in der Atomwirtschaft, zu öffnen. Bouygues, der die Mehrzahl der AKWs baut, insbesondere den EPR (3), verbarg nicht seine Absicht, in das Kapital von Areva einzutreten, um der führende Kopf dieses sehr gewinnbringenden Zweigs zu werden. Seine Ambitionen wurden nicht befriedigt: die Leitung von Areva… führte einen intensiven Kampf, um dieses Szenario zu vermeiden.
Abgesehen davon hätte diese Beteiligung Bouygues viel eingebracht: die Beteiligung bei Alstom wirft 168 Millionen € Gewinn ab, das sind 26% des Gesamtgewinns der Bouygues-Gruppe. Wie der in „usine nouvelle“ erschienene Artikel unterstreicht: „Bouygues ist ein geschickter Aktionär … der seinen Einsatz sehr gewinnbringend angelegt hat“.
Heute will er seine Beteiligung teuer verkaufen, ein Ziel, das auf gutem Wege zu sein scheint angesichts des Überbietungs-Wettkampfs, den sich General Electric und Siemens um den Kauf der „Energie-“ Sparte liefern und der durch die Regierung aktiv angetrieben wird.
Man muss auch die Tatsache bedenken, dass die Auftragsbücher in Höhe von mehreren Milliarden voll sind. Wie Kron sagt: „die nahe Zukunft ist nicht bedroht und wir verdienen weiterhin Geld.“
Was sind die Interessen der Arbeiter?
Die Arbeiter sind einer intensiven Medienoffensive ausgesetzt zu dem Thema: „Was ist dir lieber? General Electric oder Siemens?“ In beiden Fällen wird ohne Diskussion zugestimmt, dass der Konzern zerschlagen werden muss und dass der „Energie“-Zweig verkauft werden wird.
Der Boss von General Electric wiederholt mehrfach die „Garantien“: es würde keine Produktionsverlagerungen geben, die Maßnahme gestattete es, einen „Energie“-Pool von globalem Zuschnitt zu gründen, der in der Lage wäre, der Konkurrenz der asiatischen Giganten zu widerstehen…
Seitens der Chefs von Siemens verspricht man, dass es während der nächsten drei Jahre keine Entlassungen gäbe und man führt die Bildung eines „europäischen“ Energiekonzerns an. Sie schlagen auch vor, in die Branche „Schienentransport“ zu investieren, die aus der Fusion der Aktivitäten beider Gruppen auf diesem Gebiet entstehen soll.
Das ist eine falsche Wahl, eine unmögliche Wahl, vor die man die Arbeiter von Alstom stellt. Die Fragen, die sich stellen, sind die der Folgen eines Neuanfangs, wie immer er sei, in Bezug auf Löhne, Arbeitsbedingungen, gewerkschaftliche Rechte usw.
Aber es gibt in dieser Angelegenheit eine noch mehr politische Dimension, die der Folgen bezüglich der Energiepolitik. In der Tat wird der Käufer des Energiezweigs ein wesentlicher und quasi der einzige Lieferant von Material für alle AKWs, insbesondere von Turbinen, das heißt des ganzen Anteils an Energieumwandlung jeden Ursprungs (Kernkraft, Wasserkraft, Gas, Öl…) in Elektrizität. Unter diesem Aspekt tritt der Lieferant selbst bei der Auswahl der zu bevorzugenden Energiequellen dazwischen.
Berechtigte Beunruhigung erhebt sich angesichts der Tatsache, dass diese Fragen in den Händen eines privaten Konzerns belassen werden. Die Position, die von den Gewerkschaften und politischen Organisationen zu Gunsten einer Verstaatlichung der Alstom-Gruppe geäußert werden, entsprechen dem teilweise, unter der Bedingung, dass es sich um eine Verstaatlichung des ganzen Konzern handelt und nicht eine Kapitalbeteiligung des Staates, die als einziges Ziel hätte, Staatsgelder in einen Privatkonzern zu stecken, wie es seinerzeit Sarkozy gemacht hat. Es handelt sich also vor allem um eine politische Frage und nicht um eine sogenannte „wirtschaftliche“ Rettung.
Anmerkungen des Übersetzers:
(1) Minister für Wirtschaft, wirtschaftlichen Wiederaufbau und Informationstechnologie in der gegenwärtigen Regierung.
(2) Die französische Unternehmensgruppe Bouygues SA mit Sitz in Paris ist die fünftgrößte europäische Baugesellschaft. Sie wurde im Jahr 1952 von Francis Bouygues gegründet und wird seit 1989 von seinem Sohn Martin Bouygues geleitet.
(3) Der EPR ist der größte Kernreaktor-Typ des Konzerns Areva. Im Bau ist eine Anlage in Frankreich und zwei weitere in anderen Ländern.
Aus „La Forge“, Mai 2014, (Zeitung der kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs – PCOF)