Am 13. September 2004 waren
ca. 2 000 Menschen an der „Montagsdemonstration“ in Chemnitz beteiligt.
Auffallend wenig, sind doch von „Hartz IV“ in der Stadt ungefähr 22 000
Menschen in verschiedenster Weise von dieser Maßnahme betroffen.
Dem aufmerksamen Betrachter
fiel auf, dass sich die Masse der Beteiligten ziemlich entfernt vom
Karl-Marx-Monument, dem Veranstaltungsort,
ansammelte. Das zeigt wohl an, dass die meisten Menschen noch sehr
zurückhaltend in ihrem Protest sind. Denn auch die starken Polizeikräfte mit
Schutzwesten, Militärhelmen, Schlagstöcken und Kampfanzügen sind dem gemeinen
Ossi noch immer fremd und angstein-flößend. Ob nun Grund dazu bestehen mag oder
nicht. Vielleicht ist auch die Anwesenheit eines Videotrupps der Polizei ein
Grund für die Zurückhaltung der Demonstranten? Man weiß ja noch von den
Montagsdemonstrationen 1989, dass die Mitarbeiter des Ministeriums für
Staatssicherheit auch filmten und fotografierten, um Handhaben gegen Teilnehmer
zu erhalten. Und wer möchte sich schon in irgendeiner „Terroristen-Kartei“
wiederfinden?
Sichtbar präsent waren die
PDS, Attac und die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Von den
„Erklärern“ der Hartz-Gesetze, SPD-FDP-CDU war weder etwas zu hören, noch zu
sehen. Hier wäre ja nun mal die Gelegenheit gewesen, den Erklärungsbedarf zu
befriedigen und die dummen Demonstranten endlich einmal über die ihnen
zugedachten Hartz-Wohltaten und Verbesserungen zu unterrichten und
aufzuklären!? Aber auch die in Sachsen vertretenen Parteien DKP und Ost-KPD
suchte man vergeblich… sie lassen die Menschen allein, statt ihnen zur Seite
zu stehen und eine revolutionäre Alternative anzubieten, gerade auch den vielen
anwesenden Jugendlichen! Und das noch dazu im ehemals „Roten Chemnitz“. Eine
Schande!
Der Verlauf der Demo war
sehr brav und obrigkeitshörig. Das war augenscheinlich, wenn auch die
Trillerpfeifen immer wieder ertönten. Nahezu einschläfernd mussten wohl erst
die Auflagen der Polizei verlesen werden… Hunde sind an der Leine zu führen,
Fahrräder zu schieben u.s.w. …
Zwar wurde eine kleine Show
mit Musik geboten, aber die Redner waren alles andere als revolutionär. Was man
doch angesichts der Lage annehmen sollte. Natürlich ist es verständlich, dass
sie sich einmal vom persönlichen Frust in ihren Beiträgen befreien wollten –
aber wenn keine Erkenntnis zu einem Ausweg aus der kapitalistischen Krise
erkannt und auch ausgesprochen wird, kommt schnell Langeweile auf… die kam auch.
Es wurden noch einige passende Gedichte von Tucholsky vorgetragen, dann ging´s
los mit der Demo um das Stadtzentrum.
Nur – nach 19.00 Uhr ist da
kaum noch jemand anzutreffen, geschweige denn, noch Menschen mit dem
berechtigten Protest zu erreichen. Außerdem beginnt es dann schon zu dämmern…
Schließlich ist zu sagen,
eine Demo pro Woche und noch dazu am Abend ist in jedem Falle unzureichend!
Täglich sollten welche stattfinden! Und zwar auch vor dem Arbeitsamt, das sich
nun Agentur schimpft. Der Protest muss ständig zu sehen und unüberhörbar sein!
Die Erkenntnis des
Beobachters: Es fehlt eine starke revolutionäre Kraft, die den Menschen eine
Alternative aufzeigt und es ihnen ermöglicht, sich auch über
Meinungsunterschiede hinweg zum
Widerstand zu entschließen und die die verstreuten Gruppen eint.
HR