Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des englischen Biologen und Begründers der Evolutionslehre stießen gleich nach ihrer Veröffentlichung auf auch heute noch anhaltenden Widerspruch vor allem bei religiösen Kreisen. Vor die Alternative gestellt, bei der Erklärung der Entstehung der Welt – vor allem der Erde und des Lebens auf ihr – sich zu entscheiden für die Darstellungen in der Bibel, dem Koran oder anderen religiösen Schriften oder für die wissenschaftliche Darstellung, entscheiden sich viele Menschen für den Glauben und gegen die Wissenschaft. In ihrer Argumentation gegen die auch als „Darwinismus“ bezeichnete Evolutionslehre gehen einige Kritiker dieser Lehre – sie bezeichnen sie als „Theorie“ – sogar soweit, in Darwin einen ideologischen Wegbereiter des Faschismus zu sehen. Wegen ihrer religiösen Einstellung haben wir hierfür ein gewisses Verständnis. Doch wird dieser Vorwurf gegen Darwin auch von – zumindest nach unserem Wissen – nicht religiös motivierten Menschen erhoben, z. B. von Robert Kurz in seinem Buch „Schwarzbuch Kapitalismus…“: „Entgegen zahlreichen … Beschönigungsversuchen mit der Behauptung, der Sozialdarwinismus sei mit Darwin Theorie ebensowenig vereinbar wie `die Astrologie mit der Astronomie´ (Wuketits, Franz: Charles Darwin. Der stille Revolutionär, München-Zürich 1987, S. 101), stellten diese barbarischen Auffassungen keine Missinterpretation Darwins dar, der vielmehr selber durchaus ganz offen als der `erste Sozialdarwinist´ (Marten, Heinz-Georg: Sozialbiologismus. Biologische Grundpositionen der politischen Ideengeschichte, Frankfurt/M, New York, 1983) auftrat.“
Als Begründung für den Vorwurf werden Zitate aus den Veröffentlichungen von Charles Darwin gebracht wie z.B. das folgende:
„Bei Wilden werden die an Geist und Körper Schwachen bald beseitigt und die, welche leben bleiben, zeigen gewöhnlich einen Zustand kräftiger Gesundheit. Auf der andern Seite thun wir civilisierte Menschen alles nur Mögliche, um den Process dieser Beseitigung aufzuhalten. Wir bauen Zufluchtsstätten für die Schwachsinnigen, für die Krüppel und die Kranken; wir erlassen Armengesetze und unsere Aerzte strengen die grösste Geschicklichkeit an, das Leben eines Jeden bis zum letzten Moment noch zu erhalten. (…) Hierdurch geschieht es, dass auch die schwächeren Glieder der civilisirten Gesellschaft ihre Art fortpflanzen. Niemand, welcher der Zucht domesticirter Thiere seine Aufmerksamkeit gewidmet hat, wird daran zweifeln, dass dies für die Rasse des Menschen im höchsten Grade schädlich sein muss. Es ist überraschend, wie bald ein Mangel an Sorgfalt oder eine unrecht geleitete Sorgfalt zur Degeneration einer domesticirten Rasse führt; aber mit Ausnahme des den Menschen selbst betreffenden Falls ist wohl kaum ein Züchter so unwissend, dass er seine schlechtesten Thiere zur Nachzucht zuliesse.“ (Darwin 1875: Die Abstammung des Menschen…, Seite 174)
Dieses Zitat könnte – abgesehen von der etwas altertümlichen deutschen Formulierung und Schreibweise – direkt aus Hitlers „Mein Kampf“ stammen. Dort lassen sich mühelos vergleichbare Aussagen finden. Aus verständlichen Gründen verzichten wir darauf, das zu belegen, doch werden wir im weiteren Text nicht darum herum kommen, aus diesem Machwerk zu zitieren.
Aus diesem und evtl anderen Zitaten wird Darwin unterstellt, er sei Rassist gewesen, ja, Wegbereiter des Faschismus. Das war er nachweislich nicht. Mit dem Kapitän des Schiffes, mit dem Darwin eine fünfjährige Forschungsreise zu so ziemlich allen Erdteilen machte, geriet er mehrfach aneinander wegen dessen abfälligen Bemerkungen über die Ureinwohner der jeweiligen Länder. Übrigens finden sich auch bei Ernst Haeckel, einem anderen Evolutions-Biologen und Zeitgenossen Darwins – ähnliche Zitate; die Uni Jena trägt – zu Recht, wie wir meinen – den Namen Ernst-Haeckel-Universität wegen seiner wissenschaftlichen und künstlerischen Verdienste. So trat er z.B. vehement allen kirchlichen Versuchen entgegen, die freie Forschung ideologisch zu beeinflussen.
Zu der Auffassung, Darwin, Haeckel u.a. Zeitgenossen seien Rassisten gewesen und die Uni Jena solle sich gefälligst umbenennen, kommt man dann, wenn man die Zeit außer Acht lässt, in der die betreffenden Personen lebten. Hätte Darwin seine Äußerungen um 1925 gemacht (Erscheinungsjahr von „Mein Kampf“), dann wäre ihm zu Recht Rassismus vorzuwerfen; doch er hat sie mehr als 50 Jahre früher gemacht, und seit dieser Zeit haben sich die Naturwissenschaften, vor allem die damals noch unzureichend bekannten Bereiche der Biologie wie Vererbungslehre und Verhaltensforschung – enorm erweitert.
Wir versuchen, den Zusammenhang zwischen „Zeitgeist“ und Handeln an einem konkreten Beispiel aufzuzeigen, das auch oben angeführt wird.
In der christlichen Religion gibt es außer Gott auch den Teufel. Wie der aussieht, kann man Texten und Bildern entnehmen: Pferdefuß, Hörner, Schwanz und Fell – igitt! So, und nun passiert es – sagen wir im 16.Jahrhundert -, dass ein Baby mit Fell geboren wird. Das kommt auch heute manchmal vor, und heute wissen wir – übrigens durch Ernst Haeckel – warum, doch dazu weiter unten. Die Menschen damals konnten sich das gar nicht erklären außer – ja, entweder ist das der Teufel oder es ist ein Baby, in das der Teufel gefahren ist. Was kann man da tun? Den Teufel wollen wir alle loswerden, also… Wenn unter diesen Bedingungen (diesem Zeitgeist) ein Baby getötet wurde, dann wäre der Vorwurf „Rassismus“ oder „Grausamkeit“ völlig unberechtigt; getötet werden sollte nicht das Baby, sondern der Teufel.
Zu dem Baby mit Fell oder anderen Merkwürdigkeiten: seit den Erkenntnissen der Vererbungslehre und dem Fortschritt der Evolutionslehre kennen wir heute – anders als Darwin – die Ursachen. Haeckel hat herausgefunden, dass jeder von uns im Mutterleib in der Embryonalentwicklung noch einmal die Hauptstationen der Stammesgeschichte durchläuft, vom Einzeller über ein fischähnliches Stadium zum Säugetier bzw. Menschen; so hat der menschliche Embryo z.B. vorübergehend Kiemenanlagen wie die Fische, eine (kurze) Schwanzwirbelsäule wie andere Säugetiere usw.; das beweist, dass die dafür notwendigen Erbanlagen (der Vorzeit) noch in unserem Erbgut vorhanden sind, aber nicht mehr oder nur vorübergehend „angeschaltet“ werden; das erklärt dann auch, warum manchmal Babys mit Fell geboren werden, mit einem kurzen Schwanz (der von selbst abfällt oder vom Arzt entfernt wird ohne Schaden) oder warum es z.B. Frauen mit mehr als einem Paar Brustwarzen gibt. Also kein Teufelswerk, sondern diese Erbanlagen wurden dann nicht „abgeschaltet“.
Behinderungen oder Ungewöhnlichkeiten bei Menschen wurden übrigens bei den Völkern der „Jägern und Sammler“-Zeit unterschiedlich beurteilt; ein solches Baby wurde durchaus nicht immer getötet, sondern sogar verehrt. Geistig Behinderte genossen z.B. bei einigen Völkern hohes Ansehen, weil ihre Mitmenschen der Meinung waren, aus dem Munde (des Behinderten) spräche z.B. der Geist Manitous oder eines anderen Gottes, man würde ihn nur nicht verstehen. Kinder mit körperlichen Behinderungen wurden oft getötet, aber nicht, weil sie sonst „negatives Erbmaterial“ verbreitet hätten, sondern weil die anderen Menschen, wie oben am Beispiel des „Teufels“ geschildert, der Meinung waren, in dem behinderten Kind stecke ein böser Geist. Im übrigen gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass eine Mutter ihrem behinderten Kind die natürliche (!) Mutterliebe entgegenbringt.
Charles Darwin wusste von Vererbung noch nicht viel, die Genetik (Vererbungslehre) als Wissenschaft begann erst nach seinem Tod, dann aber mit großen Schritten: Darwin hatte keine Kenntnis von Genen, von Chromosomen, von der Notwendigkeit von scheinbar negativen Mutationen (Erbänderungen) usw. Er ging – nicht aus bösem Willen – davon aus, dass Individuen mit Behinderungen diese Behinderungen an ihre Nachkommen vererben. Heute wissen wir, dass das nicht automatisch der Fall ist. Auch können Erbanlagen, die sich heute schädlich auswirken, unter anderen Bedingungen positiv sein.
Wer heute noch – nach den enormen Erkenntnissen der Naturwissenschaften – dieselben Verhaltensweisen vorschlägt, muss sich – anders als Darwin und Haeckel – zu Recht den Vorwurf des Rassismus und des Faschismus gefallen lassen.
Das oben angeführte Zitat von Darwin könnte – wie schon erwähnt – genau so in „Mein Kampf“ stehen. Und nun kommen wir dann doch nicht umhin, aus diesem Drecksbuch zu zitieren. Der GröFaZ („Größte Führer aller Zeiten“) gab aufgrund des von Darwin aufgezeigten Problems die folgende Anleitung zum Handeln, die unter ihm bekanntlich auch umgesetzt wurde:
„Eine Korrektur zugunsten des Besseren muss also vorgenommen werden. Diese aber besorgt die Natur, indem sie den schwächeren Teil so schweren Lebensbedingungen unterwirft, dass durch sie die Zahl beschränkt wird, den Überrest aber endlich nicht wahllos zur Vermehrung zulässt, sondern hier eine neue, rücksichtslose Auswahl nach Kraft und Gesundheit trifft… Der Stärkere hat zu herrschen und sich nicht mit dem Schwächeren zu verschmelzen… Nur der geborene Schwächling kann das als grausam empfinden, dafür aber ist er auch nur ein schwacher und beschränkter Mensch.“ (Unser Tipp: lest doch nun noch einmal das obige Darwin-Zitat)
Es fällt uns schwer, das folgende zu formulieren, und wir hoffen, dass niemand es falsch versteht: Darwin und Hitler sahen sich demselben Problem gegenüber. Welche Richtung Hitler zur „Lösung“ empfahl und durchführte, obwohl bereits damals bekannt war, dass vieles bereits wissenschaftlich überholt war, haben wir gerade aufgezeigt. Und Darwin? Auf der oben bereits zitierten Seite seines Buches geht der Text wie folgt weiter:
„Die Hülfe, welche dem Hülflosen zu widmen wir uns getrieben fühlen, ist hauptsächlich das Resultat des Instincts der Sympathie, welcher ursprünglich als ein Theil der socialen Instincte erlangt, aber später in der oben bezeichneten Art und Weise zarter gemacht und weiter verbreitet wurde. Auch könnten wir unsere Sympathie, wenn sie durch den Verstand hart bedrängt würde, nicht hemmen, ohne den edelsten Theil unserer Natur herabzusetzen. (…) Wir müssen daher die ganz zweifellos schlechte Wirkung des Lebenbleibens und der Vermehrung der Schwachen ertragen…“ (Hervorhebung AZ)
Darwin stand also vor dem Konflikt: der Verstand des Wissenschaftler sagte ihm, dass die übrige Menschheit vor schädlichem Erbgut zu schützen sei – sein Gefühl sagte ihm, mit diesen benachteiligten Menschen Mitleid zu haben (Sympathie: altgriech.: sym = gleich; pathos = Leiden). Und wem ist Darwin gefolgt, seinem Verstand oder seinem Gefühl? Nun, wir wissen es – schließlich war er ja – anders als Hitler – nur „ein schwacher und beschränkter Mensch“.
Darwin werden nicht nur unberechtigte Vorwürfe gemacht, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse werden auch bewusst entstellt und missbraucht, z.B. in Form des „Sozialdarwinismus“ als Rechtfertigung des Kapitalismus; hierauf werden wir in einem weiteren Artikel ausführlicher eingehen.