Bilder aus Darfur im Westsudan reißen nicht ab. Bilder von Flüchtlingen in den
Camps, nur notdürftig mit humanitärer Hilfe versorgt. Hunger und Seuchen
bedrohen ihr Überleben. Durch die beginnende Regenzeit werden Hilfstransporte
mit Nahrungsmitteln in das Gebiet immer schwerer. Hilfstransporte werden immer
wieder durch Regierungstruppen blockiert. Die Menschen sind aus ihren Dörfern
geflohen, weil dort berittene arabische Milizen, die so genannten Janjaweeed
systematisch Dörfer überfallen, plündern, die Bewohner erschießen und die
Dörfer niederbrennen. Die Janjaweed sollen im Auftrag der Regierung in Khartoum
handeln, was von der Regierung jedoch geleugnet wird. Vertriebene berichten,
dass Soldaten der Regierung bei den Aktionen der Reitermilizen dabei gewesen
seien. Der Terror in Darfur gegen die
Zivilbevölkerung hat seit über einem Jahr begonnen. Mehr als eine Million
Menschen in der Region sind auf der Flucht. Wer sind die Janjaweed-Milizen und
warum wollen sie in dieser dünn besiedelten, armen Region die Menschen in
Darfur derart systematisch ausrotten und vertreiben?
Parallelen
zum Nord-Süd-Konflikt?
Schon
lange bekannt ist der Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden des Sudans.
Auch hier wurden während der letzen 20 Jahre Millionen Menschen getötet,
verschleppt und vertrieben.
Immer
wieder wird erklärt, die Morde und Vertreibungen hätten ihre Wurzeln in religiösen
Unterschieden und ethnischen Streitigkeiten. Die Sudanesen im Süden des Landes
gehören zu den Volksstämmen der Nuer, Dinka und einigen anderen. Sie sind
größtenteils Christen, manche glauben auch an Geister und Naturgötter.
Vom
Norden des Sudan aus herrschen arabisch sprechende, muslimische Sudanesen über
den ganzen Sudan.
In der
Hauptstadt Khartoum leben fast 3 Millionen Menschen. Die dort lebende arabisch
sprechende Elite stellt die Regierung und die Offiziere in der Armee. Die Soldaten in der Armee stammen aus den
armen Gebieten im Süden und im Westen. Seit 20 Jahren kämpfen im Süden des
Sudans die so genannte sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLM/A), die sich
damals im Rahmen einer Meuterei aus der Regierungsarmee abspaltete, unter ihrem
Führer John Garang gegen die Vorherrschaft und Unterdrückung durch die
Regierung im Norden, repräsentiert durch den Präsidenten Ahmad el Bashir.
Die
Ausbeutung von Ölreserven spielt im Südsudan eine wichtige Rolle. Der Südsudan
ist reich an Erdölvorkommen, nachgewiesen sind schon 563 Millionen Barrel. 1978
wurde die erste Pipeline im Süden des Landes gebaut. In den 90-er Jahren hatten
die kanadische Firma Talisman und die schwedische Lundin Oil AB das Erdöl
ausgebeutet. Ihre Bohrkonzessionen verkauften sie unter dem Druck von
Menschenrechtsorganisationen inzwischen an Gesellschaften in China, Malaysia
und Indien. Es wird von weiteren riesigen Öl-Ressourcen ausgegangen. Eine neue
Pipeline führt vom Südsudan über Khartoum nach Port Sudan ans Rote Meer, von wo
das Erdöl nach Kanada und China exportiert wird. Die Ölproduktion stieg von
240.000 Barrel im Jahr 2002 auf 345.000 Barrel in diesem Jahr. Im Jahr 2005
sollen 500.000 Barrel erreicht werden. Wo Öl gefunden wurde, vertrieben die
Nordsudanesen die Südsudanesen. Die Strategie der sudanesischen Regierung
bestand darin, lokale „Warlords“ zu unterstützen und Reitermilizen zu
bewaffnen, die die Volksstämme der Nuer und Dinka aus den Fördergebieten
vertrieben. Für Einsätze gegen die südsudanesische Zivilbevölkerung stellte
Talisman sein Straßensystem und seinen Flugplatz zur Verfügung. Die chinesische
und malaysische Staatsfirma waren Human Rights Watch zufolge Komplizen. Die
Aktivitäten aller Ölfirmen im Sudan, so urteilte Human Rights Watch sind eng
verflochten mit den Menschenrechtsverletzungen der Regierung. Morde und
Vertreibungen wurden versucht, als „Stammesfehden“ zu erklären.
Im Mai
dieses Jahres gab es erstmals ein Friedensabkommen zwischen den Rebellen im
Süden und der Regierung im Norden. Die
Öleinkünfte des Sudan sollen zwischen dem Norden und dem Süden aufgeteilt
werden, der Südsudan soll 2008 in einem Referendum entscheiden, ob er sich vom
Nordsudan abspalten will.
Darfur im
Westsudan gilt als eine der ärmsten Regionen des Sudans. Die Menschen dort leben
vorwiegend vom Ackerbau. Darfur bedeutet „Land der Fur“. Die drei
Provinzen haben 5 Millionen Einwohner unterschiedlicher ethnischer Herkunft.
Die meisten gehören zu den drei schwarzafrikanischen Volksstämmen der Fur,
Massalit und Zaghawa. Sie sind mehrheitlich Muslime. Der Glaube kann daher wohl
nicht der Grund für die Morde und Vertreibungen sein.
Auch in
Darfur gibt es Rebellenorganisationen
die im März 2003 aufkamen: die sudanesische Befreiungsarmee (SLA) und die
Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM). Die SLA steht in Verbindung
zur SPLA John Garangs im Süden, die JEM soll in Verbindung zum Islamistenführer
Hassan el Turabi stehen. Beide sind Erzfeinde der Zentralregierung unter
Bashir.
Ob es in
Darfur Erdöl gibt? Angeblich nicht. Aber vieles spricht dafür, wenn man sich
die Parallelen im Südsudan ansieht.
Bohrlizenzen liegen zum Teil bei einer chinesischen Firma, ein bislang
ungenutzter „Block“ gehört der belgisch-französischen Firma Total
Fina Elf. Ein Ölpipeline vom südwestlichen Tschad (an Darfur angrenzend) durch
Kamerun zum Atlantik ist geplant. Einige Länder, die sich hier bereits
engagieren oder eine Beteiligung am Öl versprechen, wie China sind daher bestrebt, eine UN-Resolution
gegenüber dem Sudan so milde wie möglich zu gestalten. Definitionen wie
Massenmord, Völkermord sowie Abstimmungen über mögliche Sanktionen gegen den
Sudan sind von diesen Interessen geprägt.
Der
Sonderberichterstatter der UNO für den Sudan Gerhard Baum (FDP) findet klare
Worte: „Die Ölförderung ist eng verknüpft mit dem Konflikt … Es handelt
sich um einen Krieg um Ressourcen, also um Macht.“ Derselbe fordert, wie
auch andere Politiker, den Einsatz deutscher Soldaten zum angeblichen Schutz
der bedrohten Flüchtlinge. Selbstlos ist diese Forderung wohl nicht. Die Fa.
Thormählen, in der Nähe von Hamburg, hat den Auftrag zum Bau einer 2500
Kilometer langen Eisenbahnlinie im Wert von einer Milliarden Euro. Über sie
könnte das Öl, aber auch andere Bodenschätze, vom mittleren Süden nach Kenia
und später zum Indischen Ozean transportiert werden. Bei einer wahrscheinlichen
Abspaltung des Südens, würden die asiatischen Ölfirmen ihr faktisches Monopol
auf das sudanesische Öl verlieren. Wie stellte Herr Baum noch so treffend fest
– Es handelt sich um einen Krieg um Ressourcen, also um Macht. (J.T.)