Grünen-SPD-Landesregierung in Baden-Württemberg: Eine erschreckende Bilanz

Als vor rund einem Jahr die neue Landesregierung in Baden-Württemberg antrat, haben wir den Koalitionsvertrag ausführlich unter dem Titel „Koalitionsvertrag von Grünen und SPD in Baden-Württemberg: Für mehr Markt und Profit!“ analysiert (http://www.arbeit-zukunft.de/index.php?itemid=1688). In erschreckender Weise zeigt sich nun, dass immer mehr davon Realität wird.

Beispiel Bildungswesen:

Hier herrscht Chaos an den Schulen. SPD und Grüne schaffen keine grundlegende Veränderung, ein einheitliches, kostenloses Bildungswesen für alle, sondern zersplittern die Bildungslandschaft mit vielen kleinen Experimenten noch weiter. Statt Klarheit und Übersicht gibt es Verwirrung. Die Schulen erhalten bei diesen Experimenten viele neue Aufgaben aber keine entsprechende materielle Ausstattung wie z.B. ausreichende Lehrerstellen, Räumlichkeiten, Lehrmittel, denn dafür ist kein Geld da. Gewerkschaften und Elternverbände protestieren gegen diese Politik, mit billigsten Mitteln an dem kranken Bildungssystem herumzudoktern statt es gründlich zu sanieren.

Das Ganze hat einen unangenehmen Nebeneffekt:

Durch diese Politik werden durchaus fortschrittliche Maßnahmen wie die Einführung der Gesamtschule letztendlich zum Scheitern verurteilt. Am Ende wird in den Augen vieler das alte, reaktionäre Schulsystem sogar noch als besser erscheinen. So machen SPD und Grüne mit ihren halbherzigen Billigkonzepten Zuarbeit für reaktionäre Schulpolitik.

Beispiel Rüstungsforschung

Die Grünen forderten im Frühjahr 2011: „Zu einer verantwortungsbewussten Politik gehört auch der kritische Umgang mit der baden-württembergischen Rüstungsproduktion und mit Rüstungsexporten. […] Die Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen des Landes sollen ausschließlich friedliche Zwecke verfolgen. Um dies deutlich zu machen, befürworten wir die Einführung von Zivilklauseln in den Satzungen aller solcher Einrichtungen.“ Die SPD schrieb in ihrem „Regierungsprogramm“: „Die Forschung in Baden-Württemberg soll ausschließlich friedlichen Zwecken dienen.“ (nach Wikipedia)

Nach den Wahlen ist dies im Abfalleimer entsorgt worden. Insbesondere bei dem 2009 fusionierten Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist dies krass. Das KIT wurde aus dem ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe und der Universität Karlsruhe gebildet. Das Kernforschungszentrum hatte aufgrund des Potsdamer Abkommens eine gesetzliche Verpflichtung, nur zivile Forschung zu betreiben. Mit der Fusion wurde diese Verpflichtung von der alten Landesregierung gestrichen. Damit war Atomforschung und militärische Forschung zum ersten Mal vereint gesetzlich möglich. In der Opposition hatten Grüne und SPD heftig eine Zivilklausel gefordert, die jede militärische Forschung verbieten solle. Winfried Kretschmann (Grüne), Theresia Bauer (Grüne, Wissenschaftsministerin) und Nils Schmid (SPD) hatten einen entsprechenden Aufruf unterzeichnet. Nur ein halbes Jahr nach der Regierungsübernahme meinte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer aber schon: „Ich halte es auch persönlich für legitim und richtig, wenn unsere Hochschulen Forschung zu sicherheitsrelevanten Fragen betreiben, die sich im Rahmen demokratisch legitimierter Bundeswehreinsätze stellen.“ Und: „Eine gesetzliche Beschränkung von Forschungsaktivitäten lehne ich jedoch ab.“ Bei einem Besuch Ende November in Karlsruhe sagte Ministerpräsident Kretschmann: „Forschung und Lehre sind nach dem Grundgesetz frei.“ Als ihm erklärt wurde, dass eine Zivilklausel mit dem Grundgesetz vereinbar sei, antwortete er: „Es geht gar nicht um verfassungsrechtliche Bedenken, sondern darum, dass die Institute das selber entscheiden sollen. Außerdem muss beachtet werden, dass wir eine Bundeswehr haben, die für ihre Friedenseinsätze Unterstützung braucht.“ So darf in Baden-Württemberg, obwohl die Grünen offiziell sogar gegen die zivile Nutzung der Kernenergie sind, problemlos weiter nukleare Militärforschung betrieben werden. Was kann man auch von einer Partei, die die Bundeswehr nach Jugoslawien und Afghanistan in den Krieg geschickt hat, anderes erwarten?

Beispiel Bundeswehr

Als die Verkleinerung der Bundeswehr und die Schließung von Bundeswehrstandorten bekannt gegeben wurden, hätte sich die „Friedenspartei“ Grüne eigentlich freuen können. Doch nichts dergleichen geschah! Ministerpräsident Kretschmann beklagte sich lautstark über die Standortschließungen in Baden-Württemberg und forderte mehr Bundeswehr für Baden-Württemberg.

Beispiel Kirche

Der Staat sollte sich nicht in Glaubensfragen einmischen. Religiöse Überzeugungen sind allein Privatsache. Nicht so in Baden-Württemberg! Als der Papst, der heilige Vater, der von manchen bereits als der neue Schutzpatron der Kinderschänder angesehen wird, Baden-Württemberg besuchte, schmiss sich Ministerpräsident Kretschmann mit voller Wucht an dessen Brust, lobte die Bedeutung der Religion für das Wohl der Menschen. Staatliche Stellen waren behilflich und unterstützten so die religiöse Propagandaschau. Die nackte, brutale Realität in der katholischen Kirche wurde damit verschleiert.

Beispiel landeseigene Wohnungen

Laut Koalitionsvertrag soll „die Auflage der EU-Kommission zum Verkauf der von der LBBW-Immobiliengruppe gehaltenen Wohnungsbestände“ (S.53) „sozial verantwortlich“ durchgeführt werden. Schöne Worte! Nun hat die Landesbank BW, deren Haupteigentümer das Land Baden-Württemberg ist, die ehemaligen landeseigenen Wohnungen an ein Konsortium unter Leitung der eher berüchtigten Immobiliengruppe Patricia verkauft. Obwohl die Stadt Stuttgart die Wohnungen kaufen wollte und der Mieterbund vehement gegen die „Heuschrecke Patricia“ protestierte, ließ sich die Landesregierung mit ihrer angeblichen „Bürgerbeteiligung“ nicht davon beeindrucken. Schließlich bot Patricia auch ein paar Euro mehr. Nun droht die Zerschlagung des sozialen Wohnungsbestandes, Mieterhöhungen, der Weiterverkauf der Mietwohnungen als Eigentumswohnungen usw. Die Kapitalgruppe um Patricia will schließlich ihren Profit realisieren.

Beispiel Stuttgart 21

CDU-Rambo Mappus hätte das Milliardengrab Stuttgart 21 für die Banken, Baukonzerne und Immobilienspekulanten niemals so durchboxen können, wie das jetzt die Grünen machen. Denn die Grünen „boxen“ nicht, sie führen den Widerstand an der Nase, machen Hoffnungen, zögern, setzen mal etwas durch, dann äußern sie „Bedenken“, dann wird wieder ein bisschen mehr durchgesetzt. Sie setzen auf klein, klein und schrittweise Demoralisierung.

Versprochen hatten sie den Stopp des unsinnigen Projektes, mit dem die Bahninfrastruktur verschlechtert aber dafür Riesenflächen für Immobilienspekulation frei gegeben werden. Nach der Wahl jedoch ließen sie sich auf die so genannte Volksabstimmung ein, die von vorneherein zum Scheitern verurteilt war, weil sie zu unfairen Bedingungen stattfand. Demokratie bedeutet halt nicht nur Stimmzettel. Bei der Volksabstimmung setzten staatliche Stellen wie die Stadt Stuttgart oder der Regionalverband illegal Millionen ein, um den Wahlkampf in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dazu kamen Millionen Spenden von der Industrie, Gelder der Bahn, der IHK usw. Und CDU, FDP sowie SPD, die von vorneherein eine Mehrheit hatten, mobilisierten ihre Wähler. Die verfassungswidrige Mischfinanzierung ließen die Grünen niemals durch ein Gericht überprüfen. Auch dass die Deutsche Bahn bis heute keine Genehmigungen für wichtige Bestandteile ihres S21-Projektes wie Grundwassermanagement, Filderstrecke usw. hat, dass sie selbst nach Angaben der Projektbefürworterin Stadt Stuttgart und der Feuerwehr Stuttgart seit Jahren kein korrektes Brandschutzkonzept für den zu S21 gehörenden Fildertunnel vorlegt, usw. usf. Hält die Landesregierung aus Grünen und SPD nicht davon ab, die Zerstörung des Südflügels und des Schlossgartens zu genehmigen. Hatte die Landesregierung noch versprochen, sie wolle von der Bahn eine genaue Auskunft über die Finanzierung und die Baukosten, lässt sie jetzt bereits halb Stuttgart verwüsten, obwohl die Bahn sich konsequent weigert, eine schlüssige und überprüfbare Kalkulation der Baukosten vorzulegen. Die Liste der durch die Grünen gebrochenen Versprechungen ließe sich problemlos verlängern.

Es darf daher nicht verwundern, dass mittlerweile immer mehr Menschen, die Hoffnungen in die Grünen und die neue Landesregierung gesetzt haben, sich enttäuscht abwenden, voller Wut auf die Betrügereien sind und neue Wege suchen.

Kretschmann ist der beste Mappus, den die CDU je hatte. Mit seinen Tricks verspielt er den Kredit, den er hatte. Zugleich zeigt er dankenswerterweise, dass es in diesem System egal ist, welche Partei man wählt. Das Kapital regiert immer!

Dieser Artikel von „Arbeit Zukunft“ ist auf den Internetseiten der www.parkschuetzer.de verlinkt. Dort ein Leser folgenden Kommentar dazu eingestellt:

J. E.:

Die Analyse zeigt in erschreckender Weise, dass die Grünen ihr Image als alternative Partei hemmungslos weiter verkaufen, obwohl davon wirklich nichts mehr da ist. Konsequenterweise haben sie, genauer gesagt hat Herr Kretschmann das zentrale Thema, mit dem die Grünen nach Tschernobyl gepunktet haben, den Kampf gegen die Atomindustrie, jetzt sozusagen an die CDU abgetreten,sie selbst sind Franchise-Nehmer geworden, nachdem sie mit Schröder jenen sanften Ausstieg aus der Atomindustrie vereinbart hatten, den Merkel locker wieder umkehren konnte, und den sie nun wieder aufgegriffen hat. Dazu gehört, dass sich die Grünen eigentlich auf allen Feldern der Politik höchstens noch in Nuancen von den anderen unterscheiden, sicher aber nicht im Kampf um Posten. Alles begründet und bemäntelt mit dem Hinweis, man habe nun mal nicht die Mehrheit. Der Hinweis ist richtig, einer Partei, die Kriege befürworte, stünde es nicht an, mit der Angst vor dem Atomtod weiterhin zu punkten, vor allem, wenn sie sich politisch eigentlich nicht mehr wesentlich von den anderen unterscheide.

Soziale Bewegungen und Ängste politisch auszubeuten, damit Stimmen einzufahren, es sich dann genau da gemütlich einzurichten, wo die sozialen Bewegungen ihren Ausgangspunkt nehmen, dabei weiter die Ängste auszubeuten, obwohl man den Gegenstand selbst längst nicht mehr zum Knackpunkt einer Koalition o.ä. macht, das ist eigentlich ziemlich link, besonders, wenn man in einer Welt mit allerhand Risiken eine einzige Technologie sozusagen zum Generalübel erklärt, gegen das man unverbrüchlich kämpfe, und das man doch eigentlich längst zum Bestandteil des Repertoires für Jahresabschlussfeiern und andere Festtage gemacht hat.Und dabei alles andere mitmacht, was zum Energiehunger, zum Beharren auf alten Technologien beiträgt, das höchstens verändernd durch Umschieben von Subventionen von der einen zur anderen Technologie, was nicht prinzipiell falsch, aber höchst unzureichend ist.