Stuttgart 21: Der Kampf geht weiter

Widerstand gegen Stuttgart 21 geht weiter - 4.4.2011Der Pulverdampf der Wahlen in Baden-Württemberg hat sich gelichtet. Die neue Koalition aus Grünen und SPD nimmt allmählich Gestalt an. Dabei wird zunehmend deutlich, dass sich ohne Kampf auch in Zukunft nichts ändern wird.

 Denn die SPD will weiterhin Stuttgart 21 durchsetzen. Ihr reicht es nicht, dass sie bei den Wahlen abgestraft wurde und nur dank der Stärke der Grünen noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen ist. Sie will weiterhin gegen den Willen der Stuttgarter das Milliardenprojekt Stuttgart 21 durchsetzen.

Sie fordert eine „Volksabstimmung“ zu S21, bei der von vorne herein klar ist, dass sie aufgrund des in Baden-Württemberg geltenden hohen Quorums scheitern und damit S21 weiter gebaut wird. Es müssen mindestens ein Drittel der Stimmberechtigten, das sind rund 2,5 Millionen Bürger, bei Gesetzesänderungen mit Ja stimmen. Ob ein solcher „Volksentscheid“ überhaupt juristisch zulässig ist, ist höchst umstritten.  Die Grünen schwanken. Zu den Wahlen hatten sie plakatiert, dass sie eine „Volksabstimmung“ wollen, obwohl sie die hohen Hürden in Baden-Württemberg kannten. Nach der Wahl erklären sie auf einmal, dass sie „eventuell“ „am Ende“ einen „Volksentscheid“ durchführen wollen.

Diese Manöver stoßen vielen Menschen in der Bewegung gegen Stuttgart 21, die stark zu dem Wahlsieg von SPD und Grünen beigetragen haben, sauer auf. Dort wurde immer ein Volksentscheid in Stuttgart verlangt. Denn die Stuttgarter sind davon ja betroffen und die Stadt Stuttgart gibt hunderte Millionen dafür aus. Zudem können in einer Großstadt die Menschen leichter mobilisiert und damit das extrem hohe Quorum, das in Baden-Württemberg gesetzlich verankert ist, geschafft werden.

Daher fordern weiterhin zigtausende jeden Montag mit einer Kundgebung und Demonstration das Ende von Stuttgart 21.

Leider arbeiten einige Kräfte daran, diese Bewegung zu spalten und zu schwächen. So verkündete einer der Aktivisten des Bündnisses, Gangolf Stocker, Mitglied der Gemeinderatsfraktion von SÖS und Linkspartei, dass er von seinem Amt als Sprecher des Bündnisses zurücktrete. Er griff öffentlich die Parkschützer und deren Sprecher massiv an, diese hätten in der Wahlnacht randaliert und damit die Bewegung gegen S21 in Verruf gebracht. Weiter meinte er, dass man die Montagsdemonstrationen nun einstellen und „neue, kreativere Protestformen“ finden  solle. Die angebliche Randale der Parkschützer hat nie stattgefunden. Diese haben in der Wahlnacht einen Bauzaun abgebaut, um einen sofortigen Baustopp zu verlangen. An einer anderen, weit entfernten Stelle randalierten einige Betrunkene und – so der Verdacht – Provokateure an einem anderen Bauzaun. Die Medien hatten dies zu massiver Hetze gegen die Parkschützer genutzt. Da die Parkschützer die kämpferischste und aktivste Kraft im Bündnis darstellen, ist der Sinn solcher Verleumdungen leicht durchschaubar. Viele Teilnehmer der Montagsdemonstration waren daher schockiert, dass Gangolf Stocker, der einer der Initiatoren der Bewegung gegen S21 war, sich ohne Argumente dieser Hetze anschloss. Ein Parkschützer, der nach ihm sprach, erhielt massiv Beifall, als er die wirkliche Position der aktiven Parkschützer erklärte. Er erhielt weiter massiven Beifall, als er klare Forderungen an die neue Landesregierung stellte wie sofortigen Baustopp, Volksentscheid in Stuttgart usw. Es wurde deutlich, dass die Menschen weiter kämpfen wollen und zwar alle gemeinsam.

Der Sinn von Stockers Äußerungen wurde deutlich, als er ankündigte, dass sich die Grünen und die Linkspartei aus dem Bündnis zurückziehen wollten. Nach der Landtagswahlen ist diesen nämlich der Protest auf den Straßen unangenehm. Sie hätten gern Ruhe und der künftige Ministerpräsident Kretschmann möchte nicht gern in die Verlegenheit kommen, einen Polizeieinsatz anzuordnen, um „Recht und Ordnung“ und Stuttgart 21 durchzusetzen. Würde der Protest auf den Straßen kleiner werden oder ganz aufhören, wären „Kompromisse“ für die neue Regierung leichter durchzusetzen.

Nachdem Stockers Äußerungen zunächst etwas Verwirrung auslösten, war bereits am Ende dieser ersten Montagsdemonstration klar, dass die überwältigende Mehrheit den gemeinsamen Kampf fortsetzen möchte. Unter diesem Druck erklärten die Grünen, dass sie das Bündnis nicht verlassen und weiter an den Montagsdemos teilnehmen werden. Auch die Initiative von Gangolf Stocker verließ das Bündnis nicht und stellte am nächsten Montag, dem 4.4.11, eine Rednerin, die sich für den weiteren Kampf aussprach. Offensichtlich will man im Bündnis bleiben, um dort Einfluss nehmen zu können.

Die Bewegung gegen Stuttgart 21 ist von einigen Illusionen z.B. in die Grünen geprägt. Allerdings ist sie so bewusst, eigenständig und klar in ihren Zielen, dass sie sich nicht einfach vor den Karren irgendeiner Partei spannen lässt, sondern im Gegenteil jede politische Kraft daran misst, was sie real zum Widerstand beiträgt. Das ist gut so!

Deshalb waren auch am 4.4.11 wieder rund 5.000 zur Kundgebung vor dem Hauptbahnhof gekommen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Menschen nicht von ihren Forderungen abbringen und zu faulen Kompromissen überreden lassen. Die Kreativität, die Ausdauer, die Wut und Kampfbereitschaft sind da und ungebrochen.

ernst