8 Euro mehr? Der Hartz IV-Betrug!

Es ist der nackte Zynismus!: Gerade gingen am 24. Februar 2011 immerhin rund 65.000 Metallerinnen und Metaller bundesweit auf die Straßen, fanden betriebliche Aktionen und Flugblattverteilungen statt, um gegen prekäre Beschäftigung, Niedriglöhne und Leiharbeit zu protestieren und zu kämpfen, da wird – geradezu provokativ – in Berlin der brutale Sozialabbau fortgesetzt: In „zähen Verhandlungen“, triefend vor verlogener Wahltaktik, kamen CDU/CSU/FDP sowie die SPD zu einem „tollen“ Kompromiss: Die Grundsicherung bei Hartz IV-Empfängern wird um 5 Euro in diesem Jahr und um 3 Euro im nächsten Jahr erhöht. Also von 359 Euro auf 364, später 367. Mit den supertollen neuen Rechenmethoden der Bundesregierung hatte man 361,81 Euro „Bedarf“ auf der Basis von 2008 ausgerechnet. Das wären 2,81 Euro Erhöhung gewesen. Auf der Grundlage einer „angenommenen Inflationsrate“, was immer das sein soll, gab man noch einmal „großzügig“ 2,19 Euro hinzu.

Nun ist die offizielle Inflationsrate gegenüber dem Vorjahr Anfang 2011 bereits bei 2%, im Vorjahr betrug sie 1%. Bei 361,81 Euro wären rund 3% jedoch 10,85 Euro. Allein aufgrund der Inflation müssten also schon mal 372 Euro ausgezahlt werden. Die „Erhöhung“ entpuppt sich also als Kürzung! Und statt der drei Euro Anfang 2012 wären bei korrekter Berechnung der Inflation noch einmal 7-8 Euro fällig.

Da die Beteiligten die Grundrechenarten sicher beherrschen und im Notfall auch noch einen Taschenrechner besitzen, kann und muss man davon ausgehen, dass sie um diesen Betrug wissen. Sie wollen das Lebensniveau von Hartz IV-Empfängern weiter absenken und versuchen das durch eine Propagandashow über die angebliche „Erhöhung“ zu verdecken.

 

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs

Durch das Sparpaket der Bundesregierung ist das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) bereits kräftig gestutzt worden.

– Für Hartz IV-Empfänger wird das Elterngeld von bisher 300 Euro monatlich gestrichen. Das macht 400 Mio. Euro weniger!

– Die Rentenbeiträge für Hartz IV-Empfänger in Höhe von 40 Euro monatlich fallen weg. Damit werden diese Menschen auch als Rentner noch ärmer leben müssen als bisher. Das macht rund 1,8 Milliarden Euro jährliche Einsparung!

– Der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger entfällt. Das sind erneut 100 Mio. Euro Einsparungen!

– Ebenso fällt die Überbrückungshilfe für Menschen weg, die vom Arbeitslosengeld in Hartz IV absacken. Das sind 200 Mio. Euro Einsparungen.

– Zusätzlich werden Arbeitsmarktprogramme gestrichen, die den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern sollten. Die personelle Betreuung von Hartz IV-Empfängern wird gekürzt. Dadurch sollen im ersten Jahr 500 Mio. Euro und in den Folgejahren bis zu 2 Milliarden Euro eingespart werden.

Insgesamt werden hier also 4,7 Milliarden Euro auf dem Rücken der Hartz IV-Empfänger eingespart! Dafür erhalten sie nun ca. 1,5-2 Milliarden Euro „Erhöhung“, die noch nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen. Was also mit viel Trara als „Erhöhung“ verkauft wird, entpuppt sich bei genauem Hinsehen als Kürzungsorgie und Betrug.

Schändlich ist dabei besonders die Rolle der SPD, die so tut, als ob sie für eine Erhöhung kämpfe und damit diesem Betrug noch den Heiligenschein verleiht. Was kann man allerdings auch anderes von einer Partei erwarten, die das Hartz IV-System erfunden hat. Und typisch auch, dass der Erfinder dieses Systems, Peter Hartz, Mitglied der SPD und IG Metall, ein mittlerweile wegen Untreue verurteilter Krimineller ist. Er ist so kriminell wie das ganze System.

 

Gewerkschaften dürfen nicht schweigen!

Der DGB-Vorsitzende Sommer hat Bedenken gegen den Hartz IV-Kompromiss vorgetragen. Der DGB greift in einer Erklärung das Fehlen eines allgemeinverbindlichen Mindestlohnes an. Gut!

Doch Worte reichen nicht! Wo bleiben die Taten?

Jede Kollegin, jeder Kollege muss sich darüber im Klaren sein, dass der jetzige Hartz IV-Betrug bedeutet, dass die Löhne weiter in den Keller gehen! Denn wenn den Menschen, die gezwungenermaßen von Hartz IV leben müssen, dieses noch weiter real gekürzt und gestrichen wird, dann müssen diese noch eher als bisher jeden noch so niedrig bezahlten Job annehmen. 5, 6, 7 Euro – das sind die „Zukunftslöhne“, die dabei herauskommen. Und warum sollte ich jemanden zum Tarif beschäftigen, wenn ich ihn als Leiharbeiter für die Hälfte bekomme und dazu noch ohne jede Hemmung wieder rausschmeißen kann?

Es ist eine Grundfrage der Arbeiterbewegung, ob sie zulässt, dass Menschen so weit nach unten gedrückt werden, dass sie als Billiglohnsklaven für das kapitalistische Ausbeutungssystem zur Verfügung stehen. Oder ob dagegen gekämpft wird und man mit diesen Menschen solidarisch ist.

Deshalb reichen Worte oder eintägige Protestaktionen nicht. Der Kampf muss mit aller Kraft geführt werden. In den Betrieben muss allen Kolleginnen und Kollegen die Bedeutung dieser Frage klar gemacht werden. Von dort aus muss in der Gewerkschaft gegen den Widerstand derer, die immer noch der SPD-Führung bei ihren Täuschungsmanövern treu die Stange halten, ein kämpferischer Kurs durchgesetzt werden. Das bedeutet: Aktionen, mit denen die ganze Gesellschaft erreicht wird, Aufklärungsarbeit, Mobilisierung und schließlich auch politische Streikaktionen gegen eine Politik, die frontal gegen die Arbeiterklasse gerichtet ist.

Es rächt sich dabei, dass sich die Gewerkschaftsführungen nie für ein volles, uneingeschränktes Streikrecht eingesetzt haben, dass sie akzeptiert haben, dass es kein politisches Streikrecht gibt. Es rächt sich dabei auch, dass Gewerkschaftsführer mit dem Unternehmerverband das jetzige enge, beschränkte Streikrecht sogar noch weiter beschränken und kleinen Gewerkschaften das Streiken verbieten wollen. Dieser Kurs bindet den Arbeiterinnen und Arbeitern, den Angestellten die Hände und macht sie wehrlos gegen die Angriffe des Kapitals und seiner Regierung.

Für einen wirkungsvollen Kampf gegen Hartz IV, gegen Billiglöhne brauchen wir daher kämpferische Gewerkschaften, die selbstbewusst und unter Einsatz ihrer gesamten Kampfkraft gegen diesen Betrug auftreten und sich ihm entgegenstellen. Fordern wir gemeinsam:

 

Weg mit Hartz IV!

Menschenwürdiges Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit!

Gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro/Stunde!

Verbot der Leiharbeit!

Uneingeschränktes politisches Streikrecht!