Presseerklärung der Roten Hilfe
In den letzten Wochen hat ein verdeckter Ermittler europaweit für Aufsehen gesorgt: Mark Kennedy, ein Scotland-Yard-Beamter, der über neun Jahre hinweg in vielen europäischen Ländern linke Strukturen und Bewegungen ausgeforscht hat, war von linken AktivistInnen enttarnt worden.
Der Fall dieses britischen Polizisten, der nachweislich unter anderem in Großbritannien, Irland, Italien, Deutschland und Spanien an politischen Aktionen, linken Koordinations-Treffen und Schulungen widerständiger AktivistInnen teilgenommen hatte, weist Parallelen zum in jüngster Zeit aufgeflogenen verdeckten Ermittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg – Simon Bromma – auf, der in Heidelberg unter dem Tarnnamen „Simon Brenner“ gelebt und ein ganzes politisches Milieu durchleuchtet hatte. (Die Rote Hilfe war bereits am 13.12.2010 mit einer Presseerklärung zu diesem Fall an die Öffentlichkeit gegangen.) Auch in Heidelberg hatte der LKA-Mann, dessen Einsatz nun auch offiziell vom baden-württembergischen Innenministerium eingeräumt wurde, private bis intime Beziehungen zu den Opfern seiner Spionagetätigkeit geknüpft, auch hier war er aktiv in Aktionen eingebunden, die von der Justiz als rechtswidrig eingestuft wurden – beispielsweise an der Organisation der Südblockade des jüngsten Castor-Transports. Und nicht zuletzt: Auch Bromma war international als Polizeispitzel und Agent Provocateur unterwegs, so z. B. beim No-Border-Camp in Brüssel.
Diese zunehmende Verwischung von polizeilicher und geheimdienstlicher Tätigkeit führt zu einer mehr als bedenklichen Positionierung der Polizeibehörden als politische Akteurinnen. Offensichtlich verbreitet sich in Europa zunehmend ein Selbstverständnis der Polizei, demzufolge sie sich zur Ausforschung, Einschüchterung, Verunsicherung und präventiven Kriminalisierung radikaler politischer Opposition berufen fühlt – und sich dabei in rechtlichen Grauzonen bewegt! Diese Rolle als selbstherrlich agierende Instanz zur grenzüberschreitenden Aufstandsbekämpfung scheint an keinerlei demokratische oder parlamentarische Kontrolle mehr gebunden zu sein.
Die Rote Hilfe fordert die Öffentlichkeit auf, sich überall gegen eine Polizei zur Wehr zu setzen, die mit Geheimdienstmethoden nach eigenem Gutdünken Aufstandsbekämpfung betreibt. Wir fordern die sofortige Offenlegung sämtlicher polizeilich-geheimdienstlicher Überwachungsmaßnahmen und den Abzug sämtlicher verdeckter ErmittlerInnen aus dem Umfeld linker Gruppen.
Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.