Korrespondenz: In ihrem Selbstverständnis sehen sich die meisten Unternehmen in Deutschland als sozial und großzügig gegenüber ihren Mitarbeitern an. So auch die Deutsche Bahn AG. Die Deutsche Bahn, so ein Bahnsprecher, steht für angemessene Sozialstandards.“ (SZ v. 18.06.10) Schließlich wolle man den Wettbewerb mit angemessenen Sozialstandards gewinnen, so der Bahnsprecher weiter.
Soviel zur Theorie, in der Praxis hat die DB bereits 17 Tochtergesellschaften gegründet, um nicht mehr nach dem eigenen Haustarifvertrag bezahlen zu müssen. Die Konzernleitung strebt damit offensichtlich eine Angleichung des Lohnniveaus mit den Konkurrenzunternehmen der DB an. Dort verdienen die Mitarbeiter um bis zu 30 Prozent weniger. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fordert deshalb fünf Prozent mehr Lohn, nicht nur für die Lokführer der Deutschen Bahn, sondern auch eine Lohnangleichung für die Konkurrenzunternehmen der Deutschen Bahn, insgesamt 34.000 Lokführer. Die GDL strebt einen Flächentarifvertrag an. Der Vorsitzende der GDL, Claus Weselsky forderte demnach: „Unser Ziel ist ein gleiches Lohnniveau für alle Lokomotivführer in Deutschland.“ (ebenda) Zu Verhandlungen ist es bisher noch nicht gekommen. Besonders die privaten Bahnbetreiber fürchten den Flächentarifvertrag, weil diese sich mit niedrigeren Löhnen gegenüber dem Konkurrenten Deutsche Bahn bisher im Vorteil sahen. Auch die große Bahngewerkschaft Transnet strebt einen Flächentarifvertrag an, allerdings nicht wie von der GDL gefordert für den gesamten Bahnverkehr, sondern zunächst nur für den Nahverkehr. Beide Gewerkschaften begegnen sich weiterhin mit Misstrauen und gegenseitigen Vorwürfen, doch haben immerhin beide Gewerkschaften angekündigt sich auf Arbeitskämpfe für ihre Klientel einzustellen, sollte weiterhin keine Verhandlungsbereitschaft der Bahnkonzerne erkennbar sein. Ob es allerdings zu einem gemeinsamen Auftreten bzw. zu einem gemeinsamen Vorgehen der beiden Gewerkschaften für die Interessen der Belegschaft kommt, ist noch unklar. (ro)