Am 23 Mai wurde Horst Köhler zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik
Deutschland gewählt. Er bekam im 1. Wahlgang 604 Stimmen (603 waren
notwendig und CDU und FDP hatten zusammen 622 Stimmen.) Für dieses Amt
soll ihn besonders seine außerordentliche ökonomische Kompetenz
qualifizieren. Um welche „ökonomische Kompetenz“ handelt es sich? Horst
Köhler hat seine „ökonomischen Fähigkeiten“ in der Vergangenheit zur
Durchsetzung der Interessen des Kapitals eingesetzt hat. Als
Geschäftführender Direktor des Internationalen Währungsfonds hat er
sich verbal für Armutsbekämpfung und Schuldenreduzierung eingesetzt,
gleichzeitig aber die Politik der Strukturanpassung fortgesetzt, die
arme Länder immer tiefer in Elend und Krisen getrieben hat.
Wir schrieben bereits im März bei der Nominierung Köhlers:
„Als Chef des IWF (Internationalen
Währungsfonds) gab sich Köhler gern in Worten kritisch gegenüber dem
Kapital. Er forderte Schuldenerlass für die ärmsten Länder und
kritisierte, dass die Industrieländer ihre Märkte gegen Waren aus den
armen Ländern abschotteten. Doch das war nur demagogische Beigabe zu
seiner realen Politik der „Liberalisierung“. Arme Länder die von der
finanziellen Unterstützung durch IWF und Weltbank abhängig waren,
wurden gezwungen alles zu privatisieren und den öffentlichen Sektor
runterzufahren. So gab es beispielsweise Auflagen, für Bildung maximal
3% des Bruttoinlandsproduktes, für medizinische Versorgung maximal 6%
auszugeben. Das bedeutete massive Sozialkürzungen für die Ärmsten. Eine
Folge dieser Politik: Nach Angaben der FAO (Welternährungsorganisation)
hungern weltweit rund 840 Mio. Menschen. Die Politik von IWF und
Weltbank hat die Situation für die Betroffenen in der Regel
verschlimmert.“
Unter Köhlers Herrschaft im IWF vergrößerten sich die Schulden der
unterentwickelt gehaltenen Länder um 200 Milliarden Dollar – das war
die Realität, die die demagogischen Forderungen Köhlers nach
„Schuldenerlaß“ entlarvt.
Von Brasilien wurde vom IWF unter Köhler z.B. für 2003 die Rückzahlung
von Schulden in Höhe 50 Mrd. Dollar verlangt – eine Riesensumme für ein
Land, in dem Millionen Menschen in Armut und Elend leben und allein
16,7 Millionen als chronisch unterernährt gelten.
Köhlers Politik bedeutet auch für Deutschland nichts Gutes. Im März schrieben wir:
„Der Spiegel, 11/04, S.36ff, lobt
Köhler in den höchsten Tönen. So wird u.a. hervorgehoben: ‚Als die
Bundesrepublik 1990 eine Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR
einging, handelte maßgeblich Köhler die Verträge aus.‘ Er war
mit-verantwortlich, dass die ostdeutschen Bundesländer dem Zugriff des
westdeutschen Kapitals schutzlos ausgeliefert und Millionen
Arbeitsplätze vernichtet wurden. Kein Wunder, dass Spiegel,
Unternehmerverbände, Banken, Börsen über die Nominierung Köhlers
jubelten. Köhler bedeutet: Politik für die Reichen!“
Köhler hat inzwischen offen Partei ergriffen: Er will mehr Reformen wie
hartz und Agenda 2010 – damit die Reichen noch reicher und die Armen
noch ärmer werden.
Mit Demokratie hat die Wahl von Köhler nichts zu tun. Es war ein
Machtpoker zwischen SPD und Grünen einerseits und CDU/CSU und FDP
andererseits. Über allem standen dabei die Interessen des Kapitals. Das
Volk spielte keine Rolle. Es hat nur eine Statistenrolle und soll nun
dem angeblich überparteilichen Präsidenten huldigen.
Doch nicht Ehrfurcht vor der Staatsmacht ist angesagt, sondern Kampf
gegen die Angriffe des Kapitals und seiner Repräsentanten – egal von
welcher Partei sie auch sein mögen.
ernst
Weitere Informationen über das bisherige Wirken Horst Köhlers gibt es unter diesem Link.
Ein gutes Plakat zu Horst Köhler gibt es bei attac.