Gegen den Kieler Trialog 2010

Seit 2007 treffen sich hochrangige VertreterInnen und EntscheidungsträgerInnen aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Bundeswehr im niedersächsischen Celle zum so genannten „Celler Trialog“. Dieser versteht sich als nationales Pendant zur Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo). Initiiert wurde das selbst ernannte „Diskussionsforum für Außen- und Sicherheitspolitik“ von dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Commerzbank, Klaus Peter Müller, und dem Bundesministerium für Verteidigung. Im so genannten Celler Appell wurden 2008 als Zielsetzungen festgehalten:

1. Zur „Vertiefung des Dialogs zwischen Bundeswehr und Gesellschaft“ soll ein jährliches Treffen stattfinden: „Damit wollen wir allen Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Politik und Bundeswehr Impulse für die vertiefte sicherheitspolitische Diskussion geben.“

2. Geschaffen werden soll eine Initiative zur „Förderung der Reservisten in Industrie und Forschung, zur Vertiefung der persönlichen  Kontakte und zur Intensivierung der zivil-militärischen Zusammenarbeit“.

3. Darüber hinaus sei zu erreichen, dass der „sicherheitspolitische Dialog auch in Forschung und Lehre, insbesondere an unseren Hochschulen gestärkt wird. z.B. durch die Einrichtung von Stiftungsprofessuren und durch eine dauerhaften Austausch zwischen Wirtschaft und Bundeswehr“.

Inszenierte sich der Celler Trialog gegenüber der Öffentlichkeit unter Beteiligung von Einheiten der Bundeswehr durchaus mediengerecht, fand die inhaltliche Aussprache weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So findet die Debatte außen- und sicherheitspolitischer Fragestellungen und über die Neuausrichtung der deutschen „Sicherheitsarchitektur“ in eine Atmosphäre statt, die von der Zeitschrift Europäische Sicherheit folgendermaßen beschrieben wird: „Die Aussprache ist sehr offen, da die Gespräche hinter verschlossenen Türen stattfinden.“ Dass hier politisch brisante Themen wie z.B. die vielfach eingeforderte Aufweichung der Trennung von „innerer und äußerer Sicherheit“ (z.B. der Einsatz der Bundeswehr gegen die Bevölkerung im Inneren oder militärische Flüchtlingsabwehr an den EU-Außengrenzen) debattiert werden oder der verstärkten Privatisierung „militärischer Dienstleistungen“ das Wort geredet wird, versteht sich dabei von selbst. Auch kann zu Recht davon ausgegangen werden, dass der äußerst attraktive Wachstumsmarkt für wehrtechnische und Rüstungsgüter aller Art und militärische Dienstleistungen Gegenstand der Verhandlungen und Gespräche sind: „Planungssicherheit, Arbeitsplatzsicherheit – und natürlich auch Verdienstsicherheit“ (Zeitschrift Europäische Sicherheit).

Der Celler Trialog findet im Sommer 2010 erstmals in Kiel statt, da die bisherige Partnereinheit des Treffens, die 1. Panzerdivision, sich auf einen Auslandseinsatz in Afghanistan vorbereitet. Es sollen zudem bewusst Brücken zu den anderen Waffengattungen geschlagen werden, in diesem Fall also zur Kriegsmarine (und zur maritimen Rüstungsindustrie).

Überlegungen zu Protest- und Widerstandsaktionen gegen das auf höchster Ebene angesiedelte Forum des militärisch-ökonomischen Komplexes gibt es bisher vereinzelt, sowie auf lokaler und regionaler (norddeutscher Ebene). Auch der unterzeichnende Initiativkreis sieht in Protesten gegen den Kieler Trialog gute Chancen, verstärkt antimilitaristische Positionen in der Gesellschaft zu verbreitern, die Schärfung antimilitaristischer Debatten voranzutreiben, exemplarisch die enge Verbindung zwischen Bundeswehr, der Militarisierung von Politik und Gesellschaft durch politische Entscheidungsträger und der mächtigen Interessenvertretung deutscher Rüstungskonzerne aufzuzeigen. Dass der Militär- und Rüstungsstandort Kiel sich besonders für vielfältige Proteste anbietet, versteht sich von selbst.

Im Dezember 2009 hat sich in Kiel ein antimilitaristisches Bündnis gegen den „Kieler Trialog“ gebildet, dass auch von Arbeit Zukunft unterstützt wird.
Nachfolgende Punkte wurden von den Teilnehmer/innen als verbindliche und gemeinsame Grundlage des Bündnisses gfestgelegt.


– Keine Zusammenarbeit mit Nazis, Rassisten und Antisemiten. Rassistische / antisemitische Argumentationslinien haben in diesem Bündnis keinen Platz.

– Formuliert wird eine grundsätzliche Kritik an der Militarisierung der deutschen / europäischen Sicherheits- und Außenpolitik. Sie dient der Sicherstellung westlicher Dominanz und der Aufrechterhaltung der bestehenden ungerechten kapitalistischen Weltordnung. Auch den Tendenzen zu einer schleichenden Militarisierung der Gesellschaft stellen wir uns entgegen: Die gegenwärtige Entwicklung löst keine gesellschaftlichen und politischen Probleme, sondern trägt zu deren Verschärfung bei. Gegen die wachsende Bedeutung militärischer Bilder und vermeintlicher Lösungsmuster sowie deren Verharmlosung als „legitimes“ Mittel zur Konfliktlösung in der Gesellschaft.

– Die politische Legitimität des Kieler Trialoges wird konsequent bestritten. Deshalb initiiert und beteiligt sich das Bündnis aktiv, in Wort und Tat, an den Protesten gegen das Treffen.

– Die Unterschiedlichkeit der im Bündnis versammelten Gruppen/Organisationen bewertet das Bündnis positiv. Vergangene Proteste waren immer dann am erfolgreichsten, wenn es gelang, die Vielfalt der politischen Kräfte und die Buntheit der unterschiedlichen Aktionsformen miteinander zu verknüpfen, ohne dass dabei die Identität und die thematischen Interessen der einzelnen Akteure unter den Tisch fielen.

– Das Recht zu selbständigen Äußerungen der beteiligten Gruppen/Organisationen bleibt unberührt, sofern sie sich nicht gegen das Selbstverständnis des Bündnisses richten.

– Die Grundhaltung der Zusammenarbeit ist ein solidarischer und verlässlicher Umgang miteinander, der verbindliche Absprachen erlaubt.

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Das 2. Treffen des Antimilitaristischen Bündnisses gegen den „Kieler Trialog“ findet am Dienstag, den 2. Februar 2010, im Club M (Stadtfeldkamp 22) statt. Beginn: 19:00 Uhr.