Immer tiefer in die Krise

Es ist regelrecht grotesk: Da kommen Meldungen über das angebliche Ende der Krise. Zugleich entsteht eine neue riesige Spekulationsblase, und auch bürgerliche Ökonomen warnen vor einem noch schlimmeren Zusammenbruch. Einige Fakten:

– Während in Deutschland das Wirtschaftswachstum um rund 5% einbricht, in der Industrie noch schlimmer, steigt der DAX gegenüber seinem Tiefpunkt vom März 2009 bis Dezember 2009 um ca. 60% an.

– Rohstoffpreise für Kupfer (+130%), Erdöl (+110%), Zucker (+80%), Zink (+114%) und andere schießen an der Börse wie Raketen in die Höhe, während gleichzeitig der Verbrauch dieser Rohstoffe durch die verringerte Produktion sinkt. Hier wird an den Rohstoffbörsen gezockt und spekuliert, dass es nur so eine Art hat!

– Banken wie die Citigroup, Morgan Stanley, Deutsche Bank, Goldmann Sachs, JP Morgan Chase, die eben noch knapp vor der Pleite standen und dramatische Verluste auswiesen, machen auf einmal wieder märchenhafte Gewinne.

– Staaten wie Griechenland, Dubai, Island stehen am Rande des Staatsbankrotts. Aber auch in Deutschland soll der Haushalt 2010 bei einem Umfang von 325 Milliarden Euro mit 100 Milliarden neuen Schulden finanziert werden. Zeitgleich vergibt die Bundesregierung „Nothilfen“ von über 500 Milliarden Euro an Banken und Industrie.


Was passiert da?

Der Ökonom Max Otte, der bereits den letzten Zusammenbruch 2006 vorausgesagt hatte, warnte nun in Focus-online vor einem neuen Crash, der noch schlimmer werden würde. Er meinte:

„Die Notenbanken drucken Geld, die Regierungen schnüren Milliardenpakete, die Banken kassieren Eigenkapital vom Staat… Die Banken kommen zwar billig an Geld, verleihen es aber kaum an Unternehmen.“

Jeder kennt die hilflosen Appelle von Politikern, die vielen Milliarden, die der Staat den Banken als „Hilfe“ zur Verfügung gestellt hat, nun auch als Kredite an die Betriebe zu geben. Auch bei einigen Gewerkschaftsführern sind solche Appelle beliebt.

Aber warum sollten Banken Geld in die Produktion stecken, wenn es eine weltweite massive Überproduktionskrise gibt und sich in der Produktion immer schwieriger Profite machen lassen?

Das ist die Logik des Kapitals!

In der Autoindustrie gibt es eine Überkapazität von geschätzten 30% in der ganzen Welt. Tolle Aussichten für die Automobilarbeiter/innen weltweit! Denn das heißt, mindestens ein Drittel von ihnen ist für das Kapital kurz- bis mittelfristig überflüssig!

Im Bausektor sind die Überkapazitäten ähnlich oder sogar noch größer. Jahrelang wurde immer stärker auf Pump und mit Staatsaufträgen oder staatlichen geförderten Aufträgen produziert. In der Werftindustrie und bei den Reedereien ist es mittlerweile zum weltweiten Standard geworden, dass neue Schiffe nur noch mit massiver Staatshilfe gebaut werden. Nur so lassen sich bei der immer schärferen Konkurrenz im Kapitalismus Profite machen.

Verwunderlich ist das nicht. Denn unter dem Druck des Konkurrenzkampfes haben Betriebe immer schärfer rationalisiert, zugleich aber durch modernste Produktionsanlagen bei enormen Investitionskosten den Ausstoß dramatisch erhöht. Ein Beispiel:

In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung vom 22.12.2009 meinte Daimler-Chef Zetsche zum Thema Einsparungen:

„Im nächsten Jahr werden wir die Anstrengungen unvermindert fortsetzen. Allerdings wird es weniger darum gehen, einfach die Ausgaben zu kürzen, als sämtliche Prozesse, die im Unternehmen ablaufen, weiter zu verbessern…

Bei den Produktionskosten haben wir das Ziel, möglichst wenige Stunden für die Produktion eines Autos zu benötigen. In den vergangenen Jahren haben wir die größten Fortschritte in der Branche erzielt mit etwa 10% Verbesserung im Jahr. Die Produktion der A-Klasse beispielsweise erfordert heute weniger Stunden als ein VW Golf.“

Und Zetsche kündigt an, weitere Marktanteile zu gewinnen, die Produktion auszuweiten. Das geht bei einem Markt mit Überproduktion nur auf Kosten und durch Vernichtung von Konkurrenten. Und das geht nur durch weitere Rationalisierung und Vernichtung von Arbeitsplätzen. Hier steckt das kapitalistische System in unlösbaren Widersprüchen: Denn einerseits soll immer mehr abgesetzt und so der Profit erhöht werden. Was auf Halde steht, bringt ja keinen Profit. Andererseits wird die kaufkräftige Nachfrage durch Arbeitsplatzvernichtung und Lohnsenkungen ständig gesenkt. Würde das Kapital aber Löhne erhöhen und Arbeitsplätze erhalten, wie einige „kluge“ Politiker und Ökonomen fordern, so würde nur der brutalere, radikalere Kapitalist siegen. So geschieht es täglich im Kapitalismus. Quelle ging unter, weil es mit den Veränderungen auf dem Markt nicht Schritt hielt. Daimler konnte sich stärken, weil es nach kapitalistischen Maßstäben und im Rahmen der Konkurrenz „topmodern“ ist. Wären aber alle „topmodern“, dann würde dies den Konkurrenzkampf nur noch weiter verschärfen, und am Ende würde doch der relativ Schwächste zugrunde gehen.

Das System des Kapitalismus stößt hier seit längerem an seine Grenzen und produziert immer neue und immer schlimmere Krisen. Denn kein Finanzkapitalist (wie die Banken, Hedgefonds usw.) wird sein Geld in eine rückläufige Produktion stecken, wo kein Profit zu erwarten ist. Und da in der Produktion durch den ungeheuren internationalen Konkurrenzkampf und die ebenso ungeheuren Aufwendungen für moderne Produktionsstrassen die Erzielung von Profit immer schwerer wird, geht seit mindestens zwei Jahrzehnten immer mehr Kapital in die Spekulation, wo sich schneller größere Profite erzielen lassen – allerdings nur solange die Spekulationsblase nicht platzt. Am Ende gilt hier nämlich dasselbe Gesetz wie in der Produktion: den schwächsten beißen die Hunde!

Das Kapital geht aufgrund der objektiven ökonomischen Gesetze des Kapitalismus am Krückstock, auch wenn es stark scheint. Es kann nur noch mit staatlicher Milliardenhilfe weiterwurschteln bis zum nächsten Zusammenbruch. Dann werden allerdings die notwendigen Summen, um dieses System „am Laufen“ zu halten noch größer, die Zahl der bankrotten Staaten wird steigen, das Elend der Massen wird radikal zunehmen.

So kündigt Ökonom Otte in Focus-online, 3011.09 an:

„In der Tat – die Welt steht kurz vor dem Crash… Es werden noch gigantische Mengen an Vermögen vernichtet, die Trümmer der zerplatzten Schuldenblase sind längst nicht aufgeräumt. Die Banken werden in hohem Maße Kredite abschreiben müssen, was sie derzeit mit legalen Bilanztricks verschleiern. Indirekt müssen die Menschen dafür zahlen.“

Dieser bürgerliche Ökonom macht keine Hoffnungen, aber was er sagt, erscheint uns als durchaus realistisch. Auch wenn ein Großteil dieser Werte spekulativen Charakter haben, wirken sie sich doch auf die reale kapitalistische Wirtschaft aus, wie die derzeitige Krise deutlich gezeigt hat.


Wer soll das bezahlen?

Das Kapital selbst schafft keine Werte. Es eignet sich die Werte, die andere geschaffen haben, an. Politiker schaffen ebenfalls keine Werte. Sie verbrauchen nur oder vernichten gar wie beispielsweise durch Rüstung und Krieg.

Aus kapitalistischer Sicht gibt es also nur eine Lösung: die Massen müssen zahlen. Das wird auch bereits vorbereitet.

Während die neue Regierung eben noch 10 Mrd. Steuerentlastung unter anderem die Mehrwertsteuersenkung für Hotelunternehmen beschlossen hat, kracht der Staatshaushalt unter der für das Kapital aufgehäuften Schuldenlast zusammen. Kapital und Bundesregierung planen deshalb massive soziale Einschnitte ab 2011. Vorher soll noch die Wahl in NRW in trockene Tücher. Dann sollen Sozialbeiträge erhöht werden. Da z.B. der Anteil der Unternehmer zur Krankenkasse bereits durch die CDU/CSU/SPD-Bundesregierung festgeschrieben wurde, bedeutet dies Beitragserhöhungen für Arbeiter, Angestellte, Rentner usw. Zugleich sollen die Leistungen der Krankenkassen zusammengestrichen werden. Und durch eine Kopfpauschale sollen vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen belastet werden, während hohe Einkommen dadurch entlastet werden. Auch andere Erhöhungen wie die PKW-Maut sind in der Planung. Oder es werden Kürzungen wie bei Hartz IV erwogen. Finanzminister Schäuble will ab 2011 jedes Jahr Einsparungen von 10 Milliarden erzielen. Da das ja nach der Logik dieser Leute bei den „systemrelevanten“ Banken und Konzerne nicht geht, müssen die Einsparungen bei den Menschen erzielt werden, die für dieses System nicht „relevant“ sind – bei den Arbeitern, Angestellten, den Bauern, der Jugend, den Rentnern, den Arbeitslosen…

Hier zeigen sich die Prioritäten dieses verkommenen, von Krisen geschüttelten Systems: Banken und Konzerne stehen an erster Stelle und die einfachen Menschen zählen nur als Kulis für die Lasten, die ihnen dieses System aufbürdet.


Wie weiter?

Die „Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ stellt in dieser Zeitung auf S.1 ihre Erklärung zur Krise mit klaren Forderungen für den aktuellen Kampf vor. Ein solcher Kampf kann nur gelingen, wenn die Arbeiterklasse mit allen Schichten, die zum Kampf gegen die Krisenpolitik des Kapitals bereit sind, zusammensteht. Spaltungen durch Religion, Rassismus, und was sonst noch alles uns auseinander bringen kann, müssen überwunden, gemildert und bekämpft werden. Denn:

Nur gemeinsam sind wir stark!

Überzeugt und gewonnen werden müssen auch die einfachen Kolleginnen und Kollegen, die ihr Heil in  der „vernünftigen“ Klassenzusammenarbeit gesucht haben oder immer noch darauf hoffen. Schritt für Schritt muss wieder eine klassenkämpferische Arbeiterbewegung mit klaren Zielen aufgebaut werden. Die Chancen dafür werden durch die Krise des Kapitalismus besser. Wie die Explosion, der Aufstand bei Mercedes-Benz in Sindelfingen im Dezember 2009 gezeigt hat, ist auch die Politik der Klassenzusammenarbeit an ihre Grenzen gekommen. Die Kolleg/innen sind nicht mehr so brav. Und das Elend, dass der Kapitalismus täglich schafft, wird dazu führen, dass immer mehr Menschen zum Kämpfen gezwungen sind, ob sie wollen oder nicht.

Doch klar ist, dass ein solcher Kampf immer nur ein Abwehrkampf gegen die schlimmsten Zumutungen und Verbrechen dieses Systems ist. Und während dieser Abwehrkampf stattfindet, schafft dieses System immer neue Zumutungen und Verbrechen.

Deshalb ist es notwendig, dieses System abzuschaffen! Das Kapital, seine Produktionsmittel, die die herrschende Klasse der Gesellschaft geraubt haben, müssen enteignet und wieder in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden. Die Arbeiterklasse und alle anderen Schichten, die mit ihr gehen, muss dieses System der Ausbeutung beseitigen und ein neues System der gesellschaftlichen Produktion und Planung, den Sozialismus erschaffen. Dabei müssen aus den Schwächen und Fehlern, dem Verrat beim ersten Aufbau des Sozialismus Lehren gezogen werden.

Ein solches System macht es möglich, den ungeheuren Fortschritt in der Produktion zu nutzen, um die Arbeitszeit radikal zu verkürzen, allen Menschen Arbeit, allen eine angemessene Wohnung, allen ein würdevolles Auskommen und gleiche Rechte zu geben. Dann wird der technische Fortschritt wie bei Mercedes gegen die Menschen gerichtet sein, zu Entlassung, Lohnsenkung, verschärfter Konkurrenz führen, sondern das Leben erleichtern, schöner machen, der Kreativität mehr Spielraum schaffen.

Deshalb treten wir ein für:

Arbeit, Wohnung, Auskommen und gleiche Rechte für alle!

Alle gemeinsam gegen das Kapital!

Für ein sozialistisches Deutschland!