Interview mit Olivier, Gewerkschaftsaktivist bei „Sud santé Sociaux“ im Universitätskrankenhaus von Tours.
O.: Ich fühle mich nicht sehr legitimiert, um ein Interview zu beantworten, aber ich bin sehr engagiert in Bezug auf den Gewerkschaftskampf. Ich bin ein Basisaktivist, ich spreche für mich selbst.
Du hast gesagt, dass ihr mit der Gewerkschaft nach dem Ergebnis der RN bei den Europawahlen Aktionen im Krankenhaus gemacht habt.
O.: Zwei Tage nach diesen Wahlen bat ich darum, das nationale Flugblatt von „Solidaires“ übernehmen zu dürfen: „Die extreme Rechte steht nicht auf der Seite der Arbeiter“. Ich war von den Beispielen überzeugt, die angeführt wurden, um der Propaganda des RN entgegenzuwirken.
Kannst du Beispiele nennen?
O.: Der RN hat gegen die Erhöhung des Mindestlohns oder gegen kostenloses Schulmaterial für die Ärmsten gestimmt“; er zielt auf die Armen und wenn möglich auf arme Ausländer ab, die rassistische Seite kommt bei ihm immer zum Vorschein, und auf der anderen Seite begünstigt er die Reichen. Er hat gegen die Besteuerung von Jachten und Privatjets gestimmt.
Wie war die Resonanz bei der Verteilung?
=.: Wir haben es auf den Stationen des Krankenhauses verteilt. Im Allgemeinen wurde es gut aufgenommen; diejenigen, die gegen den RN sind, kommen spontan ins Gespräch. Viele sind geschockt von dem, was gerade passiert. Die anderen sagen nichts, sie haben nicht diese Kultur des Austauschs.
Auf den Demonstrationen sieht man jedoch wenige. Wir würden uns wünschen, dass sich die Aktivisten angesichts der Geschehnisse mehr politisch engagieren. Einige meinen, dass Gewerkschaften und Politik nicht vermischt werden sollten.
Hat diese Frage in der Gewerkschaft eine Debatte ausgelöst?
O.: Ja; ich habe mich eingeschaltet, um zu sagen, dass der Ernst der Lage es gebietet, sich stärker zu engagieren. Und klar Stellung zu beziehen gegen den „Front National“ und für die Kandidaten der Linken, die sich gegen ihn stellen. Es gibt seit Jahren eine Stimmungsmache durch die Medien und die Politiker, darunter Macron, als er einwanderungsfeindliche und rassistische Gesetze verabschiedete. Sie machen die Arbeit des Front National. Sie verankern diese Ideen in den Köpfen der Menschen, auch in denen mancher Einwanderer, wenn sie keine politische Kultur haben. Die Situation ist ziemlich dramatisch, wir müssen uns bewegen, um zu kämpfen.
Hast Du noch andere Aktionen außerhalb des Universitätsklinikums durchgeführt?
O.: Wir waren schockiert, als 44 % der Einwohner für die RN in Maillé stimmten, einem Dorf, wo es Märtyrer gab (gegen die deutsche Besetzung im 2. Weltkrieg – d. Übers), in dem am 25. August 44.124 Männer, Frauen, und Kinder von den deutschen Truppen des Deutschen Reichs massakriert wurden. Wir erstellten eine Collage über das Dorf. Dort trafen wir einen ehemaligen deutschen Gewerkschafter, der eine Reportage über die Verbrechen der Nazis während des Krieges machte. Wir besuchten das Krankenhaus in Chinon. Einige Jugendliche waren sehr erfreut darüber, dass sich die Gewerkschaften organisierten, und fragten, wie sie gegen den RN vorgehen sollten. Auf dem Flugblatt war ein QR-Code angebracht, über den man die Links abrufen konnte. Das bedeutet, dass die Situation einige dazu bringt, sich stärker zu engagieren.
(„La Forge“, 07-08-2024, Zeitung der PCOF)