Honduras, Venezuela, Kolumbien! Der US-Imperialismus bereitet sich auf Roll-Back vor!
Wer in blauäugiger Obama-Euphorie geglaubt hatte, dass der Druck des US-Imperialismus auf Lateinamerika jetzt nachlassen und „demokratische Verhältnisse“ unterstützt würden, der sieht sich spätestens seit dem Putsch des honduranischen Militärs gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya, der der Linken zugerechnet und von breiten Teilen der Bevölkerung unterstützt wird, eines Besseren belehrt! Zelaya setzte sich für soziale Reformen zum Ausgleich zwischen Arm und Reich, für eine bessere Zusammenarbeit mit Venezuela und eine legale Verfassungsänderung ein, um ein zweites Mal zum Präsidentenamt kandidieren zu können – unverzeihliche Verbrechen! Honduras ist eines der ärmsten Länder Zentralamerikas, aber dort herrscht in Wirklichkeit eine kleine steinreiche Oligarchie über eine völlig verarmte indigene Bevölkerung, die rassistischer Unterdrückung ausgesetzt ist.
Der venezolanische Präsident Chávez nahm zum Putsch in Honduras Stellung: „Präsident Obama, wir Südamerikaner bitten Sie nicht, in Honduras zu intervenieren. Im Gegenteil, wir bitten Sie, dass das Imperium ein für alle Mal seine Hände von Honduras und Lateinamerika lässt!“ Chávez berichtete unter Berufung auf Manuel Zelaya selbst, dass der Befehl zur Festnahme und Verschleppung des verfassungsmäßigen honduranischen Präsidenten vom honduranischem US-Militärstützpunkt Palmerola aus erging. Laut Chávez, wurde Zelaya zunächst nach Palmerola gebracht. Sogar Zelayas Ermordung habe zur Debatte gestanden, ehe das US-Militär(!) die Entscheidung für die Abschiebung noch Costa Rica fällte. Chávez fordert den Rückzug des US Militärs aus dem honduranischen Stützpunkt Palmerola. (Tribuna Popular, Caracas 16.08.2009)
Eine internationale Delegation von Vertretern sozialer Bewegungen aus Europa und Lateinamerika hat inzwischen der honduranischen Putschregierung um den Obersten Micheletti massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. „Vor allem die sich häufenden Morde an Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Protestaktivitäten sind alarmierend“, sagte Delegationsteilnehmer Harald Neuber. In den vergangenen Tagen seien mehrere Personen – vor allem Lehrerinnen und Lehrer – durch Schüsse der Polizei oder des Militärs umgekommen. „Der Rechtsstaat in Honduras existiert momentan quasi nicht. Klagen gegen die Polizei werden nicht entgegengenommen oder verschleppt“, sagte Harald Neuber. Da vor allem Lehrer von der Repression betroffen seien, rufe die honduranische Lehrergewerkschaft Gewerkschaften in aller Welt zu Solidarität auf!
Zudem stellte die Delegation massive Verletzungen der Pressefreiheit fest. Radio- und Fernsehsender, die sich kritisch über die Putschisten äußern, wurden geschlossen. Radio Globo, einer der wenigen kleinen Sender, der nach seiner Schließung wieder sendet, droht erneut die Schließung. Wie die Delegation berichtet, beklagen die Mitarbeiter des Senders, dass damit nicht nur die Pressefreiheit verletzt werde. Vielmehr unterstützten die großen privaten Fernseh- und Radiosender klar den Putsch. Die Vorwürfe – vor allem der Gewerkschaften – gegen die Putschisten sind so zahlreich, dass die Beobachtergruppe gar nicht allen Hinweisen folgen konnte (Quelle: Attac Deutschland, Pressemittelung vom 05.08.2009). Deshalb ist internationale Solidarität wichtig und unbedingt zu begrüßen!
Kolumbien – der „demokratische Verbündete?
Dass Honduras kein Einzelfall ist, zeigt das Vorgehen des kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe Velez. Ironischerweise macht der gerade zum zweiten Mal, was die honduranischen Putschisten Zelaya vorwerfen: Uribe peitscht zur Zeit eine Verfassungsänderung durch die beiden kolumbianischen Parlamentskammern, um ein drittes Mal zum Präsidenten gewählt zu werden. Ursprünglich kennt auch die kolumbianische Verfassung nur eine Amtszeit für den Präsidenten. Im Frühsommer weilte Uribe in Berlin zum Staatsbesuch bei Merkel. Er erhielt für seine Politik die Rückendeckung aus Deutschland.
Soeben schloss Uribe mit den USA ein Abkommen, das Washington den Ausbau und Unterhalt von sieben Militärstützpunkten in Kolumbien gestattet, nahe der Grenze zu Venezuela. Bisher waren offiziell ca. 300 US-Soldaten in Kolumbien stationiert, jetzt sollen es 800 werden, zusätzlich aber noch „600 Mitglieder privater Militärfirmen“, wie „Der Tagesspiegel“ am 17.08.2009 berichtet. Mehrere Präsidenten Lateinamerikas, darunter Kirchner (Argentinien), da Lula (Brasilien) und Morales (Bolivien), haben gegen das Vorgehen protestiert. Chávez wirft den USA offene Kriegsvorbereitung gegen sein Land vor!
Das koordinierte Vorgehen Uribes und der USA richtet sich offensichtlich direkt gegen Venezuela unter Präsident Hugo Chávez, der eine gegen den US-Imperialismus gerichtete, von ihm selbst als sozialistisch bezeichnete Politik verfolgt, die sich auf eine breite Massenunterstützung der armen Bevölkerung stützt und von der venezolanischen Bourgeoisie erbittert bekämpft wird. Das Vorgehen der USA richtet sich damit auch gegen die mit Venezuela verbündeten Regierungen Boliviens, Ecuadors, Nicaraguas und Cubas. Fidel Castro forderte in einem Medienkommentar die Unterstützung und Aufrüstung Venezuelas gegen den Aggressionskurs der USA! So verhalten sich die Dinge unter Präsident Obama!
Kolumbien – Drehkreuz imperialistischer Aggression?
Kolumbien wird von Alvaro Uribe zum Stützpunkt der sich abzeichnenden Roll-Backpolitik der USA aufgerüstet. Das Land selbst ist eigentlich steinreich: Erdöl, Zink, Kupfer, Gold, Hölzer, Kaffee. Es ist reich an traumhaften Landschaften von hochalpinen Andengipfeln bis zu Traumstränden an der Karibik und am Pazifik. Trotzdem ist Kolumbien für die meisten Menschen, die dort leben, die Hölle: Mehr als die Hälfte lebt unter der Armutsgrenze, mehr als eine Million Jugendliche sind erwerbslos. Verarmte Kleinbauern, Arbeiter/innen, Arme in Slums! Auf der anderen Seite eine sagenhaft reiche, mafiöse Oligarchie! Drogenmafia, Paramilitärs, Bauern-Vertreibungen, Morde, ständige Angriffe auf die wirtschaftliche Lage in Stadt und Land, Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Arbeitsplatzverluste – Stichworte, die die gegenwärtige Lage beschreiben.
Dagegen regt sich überall Widerstand, aber der kolumbianische Staat unterdrückt diesen brutal! Von den weltweit ermordeten Gewerkschaftern sterben 90% in Kolumbien! Rund 10.000 politische Morde wurden allein zwischen dem Amtsamtritt vom Präsident Uribe 2002 und heute gezählt. Hunderte verschwinden gewaltsam, tausende sind unter der Anschuldigung, Guerillabewegungen zu unterstützen, inhaftiert. Die kolumbianische Opposition wirft Uribe vor, Zivilpersonen, oft Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung oder Bewohner sehr armer Gebiete von der kolumbianischen Armee kaltblütig ermorden zu lassen und anschließend in Uniformen von Guerillakämpfern zu stecken, um diese dann als im Kampf getötete Guerilleros zu präsentieren. (taz.de vom 05.08.2009).
Heuchlerisch reden Uribe wie auch seine Oberherren in den USA vom „Krieg gegen die Drogen“. Damit soll dieser aggressiv-imperialistischen Politik in Lateinamerika der Anschein von Legitimität verpasst werden. Kolumbianische Kampfhubschrauber besprühen ganze Landstriche mit dem extrem hautgefährlichen, zu Kindsmissbildungen und Totgeburten führenden und krebserregenden Gift „Agent green“, das auch das Grundwasser verseucht. Aber dieser Krieg dient ganz anderen Zwecken:
In Wirklichkeit wurden 3,5 Mio. Menschen, zumeist arme Bauern, von Paramilitärs, von Todesschwadronen, die im Regierungsauftrag handeln, gewaltsam aus ihren Heimatdörfern vertrieben. Hunderttausende fliehen in die Slums der Grossstädte, so dass dort die Armut ständig wächst. Kolumbien hat mehr Binnenflüchtlinge als der Irak! Mit Terror brechen Grossgrundbesitzer, Staat und die Paramilitärs oft den Widerstand und rauben das Land. Der Staat verkauft das Land, das sich nicht Großgrundbesitzer unter den Angel reißen, für Mega-Projekte an multinationale Konzerne weiter. Mit dieser aggressiven Politik betreibt die Regierung Uribe nicht zuletzt den Ausbau von Agrarsprit, die Verwandlung von Nahrungsmitteln für Menschen in Treibstoff für Motoren! U.a. Palmölkonzerne zerstören so grosse, artenreiche Regenwälder. Dafür die Massenverteibungen, dafür wird die Subsistenzwirtschaft der Kleinbauern vernichtet, werden die Bauern und Gewerkschafter ermordet(!) oder vertrieben, um eine industrielle, genmanipulierte Landwirtschaft im größten Unfang auszubreiten. Die industriellen Drogenlabors der Paramilitärs sind nicht das Ziel der Angriffe im angeblichen Drogenkrieg
Uribe sichert also den US-Multis, aber auch Konzernen aus der EU und anderen Ländern einen möglichst ungehinderten Zugriff auf Kolumbiens Schätze wie auf die Arbeitskräfte.
Ganz allgemein gilt Kolumbien deshalb weltweit den neoliberalen Kräften als „rechtsfreies Paradies“.
Der Widerstand gegen diese menschenfeindliche Politik ist alt, und aus ihm sind die kolumbianischen Guerilla-Bewegungen entstanden. Sie sind die Gegenwehr gegen die Todesschwadronen der Paramilitärs. Seit mehr als 50 Jahren wird das Land von einem Bürgerkrieg gequält. Und die Verhältnisse werden immer schlimmer!
Die massive Unterstützung der USA für Uribe und die kolumbianische Oligarchie hat neben wirtschaftlichen auch geostrategische Gründe: Kolumbien als Stützpunkt für die Durchsetzung der imperialistischen Interessen der USA in Lateinamerika, für das geplante Roll-back! Ein unübersehbares Signal ist die Reaktivierung der vierten US-Flotte, deren Kriegsschiffe seit 2008 ständig in internationalen Gewässern vor Südamerika kreuzen sollen. Der Sinn dieser Maßnahme kann nur in der Absicht bestehen, eine Drohkulisse aufzubauen, die Überwachung zu intensivieren und mögliche Angriffe vorzubereiten.
Auf der Liste ganz oben steht Venezuela! So operieren wahrscheinlich bereits kolumbianische Paramilitärs versteckt in Venezuela mit dem Ziel, die Bevölkerung gegen die Politik von Präsident Chávez aufzuhetzen. Eine Gruppe von militärischen Fachleuten aus Israel befindet sich laut Tribuna Popular vom 09.08.2009 in Kolumbien, um Diversionskommandos zu trainieren, die gegen Venezuela, Bolivien und Ekuador tätig werden sollen.
Jeder Schritt des Widerstandes gegen einen solchen Präsidenten wie Uribe sollte unterstützt werden. Und sei es eine legale Maßnahme wie der Antrag der französischen Liga für Menschenrechte (FIDH) von 2005 beim internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auf strafrechtliche Verfolgung der Regierung Uribes. Den Haag hat kühl geantwortet, dass eine Anklageerhebung erst nach der Amtszeit Uribes stattfinden könne.
Aber dabei kann es nicht bleiben! Wir rufen alle fortschrittlichen Menschen in Deutschland auf, Aktionen der Solidarität mit dem Widerstand in Kolumbien und Lateinamerika zu unterstützen. In die Gewerkschaften, in die Vereine mit diesem Problem! Solidarität hilft den bedrohten Völkern Lateinamerikas! Verstärken wir daher den Druck, damit Leute wie Uribe in Kolumbien, Micheletti in Honduras und die anderen Faschisten nicht ungestraft davonkommen.
Noch hebt Chávez hervor, dass er keine Zweifel an den guten Absichten von Obama hegen würde. Obama stecke in einem Labyrinth, denn in seinem Land wolle die radikale, rassistische Reaktion ihn wegen seiner Hautfarbe nicht als Präsident haben. Will sagen, Obama könne ja gar nicht so einfach wie er vielleicht wolle. Diplomatische Formulierung? Naivität? Das muss das Volk Venezuelas mit seinem Präsidenten ausmachen.
Aber als Oberhaupt des US-Imperialismus hat Obama keinen Vertrauensvorschuss! Entweder eindeutige Taten zur Beendigung der ewigen US-imperialistischen Intervention oder eben wie die, die wir gerade in Kolumbien und Honduras sahen. Und die sind eindeutig!
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