Das Militärs in einem imperialistischen Krieg sich gegenseitig ausspionieren, ist wohl keine Neuigkeit. „Feindaufklärung“ gehört zu den Grundlagen jeder militärischen Aktion. Doch die Medien regen sich derzeit darüber auf, dass Russland selbst ranghohe Bundeswehroffiziere wie den Inspekteur der Bundesluftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, abgehört haben, als dieser mit anderen leitenden Offizieren besprach, wie man der Ukraine heimlich mit direktem Einsatz der Bundeswehr beim Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern helfen könne, ohne dass das öffentlich wird. Dumm nur, dass die hohen Herren eine unsichere Verbindung gewählt haben. Militärs sind halt manchmal auch dumm und arrogant und fühlen sich dem Rest der Welt haushoch überlegen.
Empört sind die Medien, dass Russland es wagen kann, deutsche Soldaten abzuhören und auszuspionieren. Das ist der Aufreger, nicht der Inhalt des abgehörten Gesprächs.
Ist der Westen so edel und hört niemals ab?
Eine kurze Suche im Internet zeigt, dass die Ukraine seit 2 Jahren immer wieder abgehörte Gespräche russischer Soldaten veröffentlicht. Dabei soll gezeigt werden, dass die russische Armee Grausamkeiten bewusst begeht oder dass die russischen Soldaten die Schnauze von ihren Befehlshabern voll haben und sich betrogen und verheizt fühlen. Komischerweise wurden diese Abhöraktionen jedoch nie als „skandalös“, sondern immer als „Erfolg“ der Ukraine dargestellt. So berichtet beispielsweise die ZDF-Sendung „Kulturzeit“ stolz über einen ukrainischen Kriegsfilm, der von abgehörten Telefongesprächen russischer Soldaten unterlegt wird. Kriegspropaganda wird hier als wertvoller „Kulturbeitrag“ präsentiert. Wenn zwei das gleiche tun, ist es nicht das selbe.
Eine Militärmacht müsste so „klug“ sein wie die abgehörten Bundeswehroffiziere, wenn sie auf so etwas verzichten würde. Denn erstens will man wissen, was der Gegner plant und zweitens nutzt man die gewonnenen Informationen zur Desinformation sowie psychologischen Kriegsführung bei der eigenen Bevölkerung und der der Gegenseite.
Das macht die Ukraine, die NATO und auch die Bundeswehr mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Das macht Russland ebenso ohne moralische Grenze. Und natürlich wird öffentlich nur das genutzt, was einem nützt.
Wenn Russland also jetzt das abgehörte Gespräch veröffentlicht hat, dann weil es sich davon einen Nutzen verspricht. Das gilt aber für die Abhöraktionen der Ukraine genauso. Wieso gibt es da keine Empörung, dass hier manipuliert wird.
Ist der Inhalt nicht wichtig?
Merkwürdigerweise gibt es in den Medien nur sehr wenige Angaben zum Inhalt des jetzt abgehörten Gesprächs der hohen Bundeswehroffiziere. Auf Details wird verzichtet. Nach einem Bericht der jungen welt wurde da unter anderem Geheimaktionen geplant, um eine deutsche Beteiligung an Kriegshandlungen zu verschleiern: „…was man natürlich auch machen könnte: dass man das Datenfile nach Polen schickt, und man hat den Handover irgendwo in Polen. Da fährt irgend jemand mit dem Auto hin.“ Das klingt zwar wie ein schlechter Agentenroman, ist aber ernst gemeint. Diese Offiziere wollen Deutschland tiefer in den Krieg hineinziehen – mit allen Tricks und Mitteln, auch der Manipulation und Täuschung. Oder man überlegt, wie man die Bundesregierung dazu bringen kann mitzumachen: „…aber da gibt es politische Bedenken, wenn es so eine direkte Verbindung unserer Streitkräfte in die Ukraine gibt. Kann man das mit dem Trick umgehen, dass man unsere Leute zu MBDA abstellt, so dass es nach außen eine direkte Verbindung nur zwischen MBDA und der Ukraine gibt? Das ist dann weniger schlimm, als wenn es eine direkte Linie zu unserer Luftwaffe gibt.“ Man will die „politischen Bedenken“ mit einem „Trick umgehen“, also selbst die Regierung manipulieren. Hier überlegen führende Offiziere der Bundeswehr, wie sie Deutschland tiefer in den Krieg führen können! Das ist der Skandal!
Keine Konsequenzen – außer mehr Waffenlieferungen?
Kriegsminister Boris Pistorius klagt zuerst Putin an. Man solle Putin nicht auf den Leim gehen. Bei seinen „schlauen“ Offizieren will er vorerst auf Konsequenzen verzichten. Bei der angekündigten Untersuchung geht es nach seinen Angaben nicht um den Inhalt, sondern darum, ob die Sicherheitsvorschriften eingehalten wurden. Auf keinen Fall dürfe „unsere Geschlossenheit“ untergraben werden. Also Augen zu und weiter Schulterschluss für mehr Krieg? Grüne, FDP und CDU/CSU haben die Gelegenheit bereits genutzt, um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu fordern. Das machen sie schon seit langem. Doch selbst die hohen Offiziere haben in ihrem abgehörten Geheimgespräch klar über die hohen Risiken eines solchen Einsatzes gesprochen, vor allem wenn er offen vorgenommen wird. Gerade deshalb haben sie in James-Bond-Manier ein geheimes Vorgehen diskutiert, bei dem die deutsche Beteiligung nicht so sichtbar wird. Statt also nun deutlich zu sehen, wie brandgefährlich ein solches Vorgehen wäre, soll nun Deutschland offen und ungehemmt in diesen Krieg gestürzt werden.