ZF Saarbrücken: Eintrittsgeld für den Arbeitsplatz?

Oder: Was Co-Management für seltsame Blüten treibt!

Würde es ehrlich zugehen, dann stünde jetzt vor allen Werkstoren von ZF (Zahnradfabrik) Saarbrücken ein Ticketautomat, wo jede Kollegin, jeder Kollege bei Arbeitsantritt erst einmal ein Eintrittsticket für 13 Euro pro Arbeitstag lösen müsste.

Doch diese bittere Realität wird verschleiert.

Bei ZF Saarbrücken gab es „Standortsicherungsverhandlungen“. Die Geschäftsführung will in die Modernisierung investieren und damit die Profite erhöhen. Aus diesem Anlass hatte sie gedroht, Arbeitsplätze abzubauen, wenn der Betriebsrat nicht eine „Standortsicherungsvereinbarung“ abschließe. Auch die Beschäftigten müssten einen Beitrag zu der erforderlichen Modernisierung leisten.

Und so geschah es! Getreu dem Grundprinzip des Co-Managements, dass die Interessen des Unternehmers auch den Interessen der Arbeiter dienen, setzte sich der Betriebsrat und die IG Metall mit den Chefs zusammen. Und es kam zu einer „Standortsicherungsvereinbarung“, die es in sich hat.

Die Investitionen sollen über 100 Mio. Euro liegen. Eine genaue Zahl wird von ZF nicht genannt. Die Beschäftigten sollen dafür pro Tarifrunde auf 2%, insgesamt höchstens 4% ihres Einkommens in einen „Zukunftsfonds“ abliefern. Beruhigend erklärte der BR-Vorsitzende Mario Kläs, es würden nur die übertariflichen Zulagen für die „Beschäftigungssicherung“ gekürzt. Die Kolleg/innen von ZF Saarbrücken werden damit aber 25 bis 30 Millionen Euro pro Jahr an das Kapital abliefern! Und da die Kürzung nicht mehr zurückgenommen wird, wird das „Opfer“ der Kolleg/innen bis in alle Ewigkeit so bleiben. Es sei denn das kapitalistische System wird beseitigt.

Und was bekommen sie dafür? Nichts! Das Saarland wird ebenfalls „Fördermittel“ spendieren. So lässt sich das oft zitierte „Unternehmerrisiko“ risikolos tragen. Arbeiter und Staat finanzieren die Investitionen, aber der Profit bleibt selbstverständlich privat!

Schon früher wurde eine Arbeitsplatzgarantie bis 2025 vereinbart. Danach muss trotz des großzügigen Beitrags der Kolleg/innen neu verhandelt werden, ob ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wahrscheinlich sieht es dafür düster aus. Denn die Investitionen sind auch Rationalisierungsinvestitionen. Durch moderne Produktionsmittel werden Arbeitsplätze überflüssig.

Besitzer werden die Kolleg/innen durch ihr großzügiges, aber unfreiwilliges „Opfer“ nicht. Sie haben nichts zu sagen, nur zu schuften. Mit der Drohkulisse von Billigstandorten, in die man verlagern könne, wurden sie ausgespielt und erpresst.

Im Übrigen heißt „Beschäftigungssicherung“ auch nicht, dass alle 9000 Arbeitsplätze bis Ende 2025 bleiben. Über die Fluktuation und Renteneintritt können auch in dieser Zeit Arbeitsplätze vernichtet werden.

Alle Co-Manager, die saarländische Landesregierung und die Vertreter des Kapitals jubeln.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) nannte es „ein leuchtendes Beispiel, wie Strukturwandel aktiv gestaltet werden kann“.

Stephan von Schuckmann, Mitglied des ZF-Vorstands verkündete stolz, „wie erfolgreich Transformation im Schulterschluss zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Landespolitik orchestriert werden kann…“

Die Co-Manager vom BR und einige Führer der IG Metall beruhigen: Die Kolleg/innen seien nicht glücklich, aber es gehe ja nur um Zulagen. Immerhin müssen sie zugeben, dass die Lohnkürzung für eine Reihe von Kolleg/innen „schmerzhaft“ sei. Aber zum „Wohle des Unternehmens“ sollen sie die Schmerzen ertragen.

Gleichzeitig geht es ZF Saarbrücken sehr gut. Thorsten Dellmann, der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Saarbrücken: „Das Saarbrücker Werk ist einer der Gewinnbringer des Konzerns, und somit ist der Arbeitgeber ZF an einer weiteren hohen Produktivität und Qualität seiner Produkte interessiert.“

Stephan von Schuckmann, Mitglied des ZF-Vorstands, berichtet, dass sie einen Auftragsbestand von 25 Mrd. Euro haben. Das Werk gilt als mittelfristig gut ausgelastet!

Dreister Verrat!

Hier wird die sichtbar, wie Co-Management die Positionen der Arbeiterklasse regelrecht zerstört! Denn der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Saarbrücken bezeichnet das Werk als Gewinnbringer! Das Kapital kassiert dort satte Profite! Es gab gar keinen Anlass für irgendwelche Geschenke seitens der Arbeiter/innen. Im Gegenteil! Sie haben gute Kampfpositionen, wenn das Werk so gut ausgelastet ist, viel Profit bringt und der Auftragsbestand so groß ist. Wenn ihnen das Kapital droht, haben sie eine mächtige Waffe: Den Streik! Und wenn das angesichts der reaktionären Gesetzgebung gegen Streiks so schwierig ist, gibt es ja noch die Möglichkeiten des „Dienstes nach Vorschrift“, der sorgfältigen, langsamen Arbeit, der Überstundenverweigerung durch den Betriebsrat. Gewerkschafter, die sich wirklich ernsthaft für ihre Kolleg/innen einsetzen, hätten bestimmt noch mehr Ideen, wie man auf die Erpressung des Unternehmens reagieren kann. Doch die Co-Manager käuen die Parolen des Kapitals wie eine Kuh stumpf wieder.

Um den ganzen noch eins draufzusetzen, bekennt der zweite Bevollmächtigte der IG Metall, Dellmann: „Es ist allerdings fraglich, ob der Arbeitgeber sich auf ein solches Modell auch an anderen Standorten einlassen wird.“

Seine Begründung: Saarbrücken sei für das Kapital halt so profitabel! Also hat man die anderen Standorte hängen lassen und schaut nun zu, wie dort Arbeitsplätze abgebaut werden. Solidarität scheint für solche Co-Manager ein Fremdwort oder nur noch eine Propagandaphrase zu sein. So helfen solche Leute in doppelter Weise dem Kapital: Sie lassen die anderen Standorte im Stich und führen ihre eigene Belegschaft zur Opferbank!

Co-Management ist schlicht und ergreifend Verrat an den Interessen der Kolleg/innen und Hilfe für das Kapital!