Tarifabschluss im Gebäudereiniger-Handwerk!

Am 15. November erzielte die Verhandlungskommission der IG BAU, in der vierten Verhandlungsrunde, ein vorläufiges Ergebnis im Gebäudereinigerhandwerk. Ende November wurde das Ergebnis durch die Zustimmung der beiden Tarifparteien verbindlich.

Die Gebäudereiniger sind, aufgrund von einer, im Vergleich zu anderen Branchen geringer ausgeprägten Stellvertreterpolitik der Gewerkschaft, zunächst eine relativ konfliktfreudige und kämpferische Fachgruppe in der IG BAU. Sie haben einen sehr hohen Frauen- und Migrationsanteil.

Jedoch verdienen ca. zwei Drittel von ihnen nur den Branchenmindestlohn für ungelernte Arbeitskräfte (Lohngruppe 1) von 13,50 Euro. Ebenfalls arbeiten viele Gebäudereiniger nur Teilzeit oder als Minijobler. 80% der Reinigungsfirmen sind im Arbeitgeberverband organisiert und damit Tarifgebunden. Bei den Arbeitern ist der Organisierungsgrad gering. Das liegt auch an großen Dienstleisterfirmen, die für ihre Kunden mehrere Bereiche wie zum Beispiel Security, Catering aber auch die Gebäudereinigung abdecken. Diese verkaufen ihr Angebot an viele Firmen, was dafür sorgt, dass die meisten angestellten Gebäudereiniger nur für ein oder wenige Objekte (z.B. einen Standort einer Firma) die Reinigung übernehmen. Somit treten sie selten bis gar nicht mit ihren Kollegen von anderen Objekten in Kontakt und identifizieren sich eher über den Kunden als über ihren eigentlichen Arbeitgeber.

 

Am 28.6.24 wurde in der ersten Verhandlungsrunde der Verhandlungskommission mit den Arbeitgebern, die Forderung von drei Euro mehr die Stunde, aber mindestens 16,50 Euro aufgestellt. Dazu gab es die Forderung nach einem 13. Monatseinkommen für Gewerkschaftsmitglieder. Denn die Lohngruppen 1 und 6, in denen die meisten Gebäudereiniger vertreten sind, sind allgemeinverbindlich, also auch für Arbeiter geltend, die nicht in der Gewerkschaft organisiert sind. Solche Forderungen werden gestellt, um Mitglieder anzuwerben. So gibt es auch schon ein zusätzliches Urlaubsgeld nur für Gewerkschaftsmitglieder in tarifgebundenen Betrieben.

Für Auszubildende wurden ein Festgeld von 150 Euro im ersten, 200 Euro im zweiten und 300 Euro im dritten Ausbildungsjahr gefordert.

Die erste Verhandlungsrunde blieb erfolglos ohne ein Gegenangebot der Arbeitgeber.

Genauso war es auch bei der zweiten Verhandlungsrunde am 11.9.24. Erst am 24.10.24 kam in der dritten Runde das Gegenangebot der Arbeitgeber von 3,7% im Ersten und 2,5% im zweiten Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 50 Cent auf 14 Euro und dann auf 14,35 Euro. Die Arbeiter zeigten sich empört und so wurde am 6.11.24 zu einer großen Demonstration mobilisiert. Acht Tage später fand diese mit ca. 1000 Teilnehmern aus dem ganzen Land als Auftakt zur 4. Verhandlungsrunde statt.

Am 15.11.24 wurde das Verhandlungsergebnis vorgestellt. Die Lohngruppe 1 steigt von aktuell 13,50 Euro ab 01.01.2025 auf 14,25 Euro, das sind 5,5%, und ab dem 01.01.2026 auf 15,- Euro, das sind knapp 5,3%.
Die 75 Cent mehr gibt es für alle Lohngruppen, außer für die Lohngruppen 6 und 7, bei diesen steigt der Stundenlohn ab dem 01.01.2025 um 95 Cent, und ab dem 01.01.2026 auch um 75 Cent.

Die Ausbildungsvergütungen steigen ab 01.01.2025 im ersten Ausbildungsjahr auf 1.000,- Euro, im zweiten Ausbildungsjahr auf 1.150,- Euro und im dritten Ausbildungsjahr auf 1.300,- Euro. Bei der Forderung eines 13.Einkommen konnten sich die Tarifgegner nur auf eine schuldrechtliche Vereinbarung einigen. Ob dieses Ergebnis angenommen wird, entscheidet die Bundesfachgruppe. Es gibt keine Urabstimmung.

Wie gestärkt gehen also die Gebäudereiniger aus den Verhandlungsrunden und wie konnten sie sich beteiligen?

Im Großen und Ganzen blicken wir auf eine einigermaßen transparente Tarifrunde zurück. Die Arbeiter wurden über Umfragen und Fragebögen einbezogen. Obwohl die Forderung der Arbeiter in einigen Orten berechtigterweise zunächst noch höher war, ging man trotzdem mit einer prozentual gesehen, hohen Forderung in die Verhandlung.

Zwischen den Runden gab es jedes Mal viele Solidaritätsaktionen. Mehrmals am Tag wurden Fotos und Videos von Betriebsaktionen der Arbeiter hochgeladen, in denen sie mit Schildern und Bannern ihren Forderungen Nachdruck verliehen, um zu zeigen, dass sie, wenn auch sehr verstreut, sehr viele sind. In etlichen Städten wurden Stände gemacht und in Hamburg gab es in einem großen Einkaufszentrum einen kämpferischen Flashmob mit Warnwesten und Schildern, um über die Situation aufzuklären.

Der Höhepunkt war dann die große Demo in Köln.

Da die Friedenspflicht erst im Dezember endet konnten noch keine Warnstreiks durchgeführt werden, welche die Stimmung wesentlich kämpferischer gemacht und noch mehr Druck auf die Arbeitgeber aufgebaut hätten. Durch eine schnelle Taktung der Verhandlungstermine, gerade gegen Ende, und kein Abwarten des Endes der Friedenspflicht hatte man wenig Zeit die Demo zu planen und konnte keine Warnstreiks organisieren, um die Stimmung der Arbeiter anzuheizen und kämpferischer werden zu lassen, sodass die Streikfähigkeit der Gebäudereiniger nicht eingesetzt wurde. Denn wenn der Tarifvorschlag seitens der Gewerkschaft abgelehnt wird, muss gestreikt werden und dafür braucht man das volle Potential und die Motivation der Arbeiter.

(Es könnte das Gefühl aufkommen, als wollte man den Tarifabschluss noch schnell vor einem wahrscheinlichen Wechsel der Regierung abschließen.)

Verhängnisvoll dabei war eine chronische Unterbesetzung von Gewerkschaftssekretären, die die Objekte der Firmen besuchten, um eine gemeinschaftliche und kämpferische Stimmung zu verbreiten, sowie eine Überzahl an firmennahen Objektleitern in der Tarifkommission, die großen Einfluss ausübten.

Wenn also der Tarifvorschlag, wie zu erwarten angenommen wird, können wir auf einen mittelmäßigen Abschluss zurückblicken. Denn auch bei einem, mit anderen Abschlüssen verglichen hohen prozentualen Anstieg von ca. 11%, schauen wir hier auf eine systemrelevante Branche, die bisher noch keine einzige Coronaprämie geschweige denn einen Inflationsausgleich erhalten hat. Es ist eine Branche in der Lohnerhöhung oft auch eine Verdichtung der Arbeitsintensität zufolge hat. In einigen Firmen ist die Rede von Kalkulationen der Chefs mit wenigen Sekunden, für eine Person, zum Säubern eines Klassenzimmers. Es ist eine Branche in der die meisten Arbeitsverträge immer noch befristet sind und in der der Branchenmindestlohn im neuen Tarifvertrag, im zweiten Jahr der Laufzeit auf 15 Euro angehoben wird, obwohl in der bisherigen Regierung schon länger die Rede von einem gesetzlichen Mindestlohn ab 2026 von 15 Euro die Rede war.

Wir sehen also, die allermeisten Gebäudereiniger befinden sich am unteren Ende der Tariflöhne in Deutschland.

Wir dürfen uns also nicht von den Arbeitgebern spalten lassen und müssen stattdessen umso solidarischer sein mit den Gebäudereinigern sowie allen anderen Arbeitern auch und uns aktiv in den Gewerkschaften einbringen, um die Kollegen zu entlasten und um sich gegen die lahmende Gewerkschaftsbürokratie zu behaupten. Es kommt auch darauf an, dass man die gewerkschaftliche Organisierung weiter angeht, für die nächsten Auseinandersetzungen. Denn der Klassenkampf wird immer geführt werden. Nur wir können durch unseren Zusammenhalt und taktisches Handeln entscheiden, ob zu Gunsten der Arbeitgeber oder zu unseren.