Über 21% leben in Armut!

Mehrheit hat kein Vertrauen in das System!

Es ist unglaublich und krass: Im reichsten Land Europas und einem der reichsten Länder der Welt leben inzwischen über 21% der Menschen in Armut – also jeder Fünfte!

Bis 2018 lag die Armutsquote in Deutschland bei ca. 15%, dann ging es rapide aufwärts und Prognosen für die kommenden Jahre erwarten ein weiteres starkes Ansteigen der Zahl der Armen.

Ab 2018 kam die Eurokrise in Italien, die Coronakrise, der Ukraine-Krieg, die Inflation und eine enorme Umverteilung: Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich, ein marodes Gesundheitswesen, sinkende Reallöhne, sinkende Realrenten bei gleichzeitigen Steuererleichterungen und enormen Subventionen für das Kapital sowie explodierenden Rüstungsausgaben.

Unser Land ist in dieser Zeit nicht ärmer geworden. Aber das Kapital hat die Gelegenheit der vielen Krisen genutzt, um die Ausbeutung der Arbeiterklasse zu erhöhen und die Ausplünderung des gesamten Volkes zu verstärken. Der Kampf zwischen den verschiedenen imperialistischen Machtböcken um die Beherrschung der Welt hat sich dramatisch verschärft. Und das müssen die Arbeiterklasse und die Völker bezahlen – nicht nur in Deutschland.

Kein Vertrauen mehr

Wen wundert es da, dass das Vertrauen sowohl in das System als auch in die bürgerlichen Parteien ebenso radikal gesunken ist. Die Mehrheit in Deutschland hat kein Vertrauen mehr in das bestehende System. Über 90% der Menschen wollen Freiheit, Gleichheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Wahlen. Sie wollen wirkliche politische Rechte für sich. Doch das sehen sie im gegenwärtigen System nicht mehr als gewährleistet an. 54% halten das nicht mehr für Realität in diesem Land und misstrauen dem System. 2 Jahre zuvor waren es nur 30%, die dem System misstrauten. Nur noch 9% vertrauen den Parteien – von Linke, SPD, Grüne, CDU/CSU, FDP bis zur AfD. Damit hat das herrschende politische System keinen Rückhalt mehr in der Arbeiterklasse und dem Volk. Nur bei den Wohlhabenden ist der Vertrauensverlust deutlich geringer. Sie profitieren immer noch und sogar immer mehr von diesem System.

In einer Umfrage der Körber-Stiftung meinten 71%, dass führende Leute in Politik und Medien in ihrer eigenen Welt leben, aus der sie auf den Rest der Bevölkerung herabschauen. 46% fanden, dass es weniger bis gar nicht gerecht im Land zugeht. Das zeigt: Die Menschen haben ein gutes Gespür für die Machtverhältnisse.

Und der Widerstand?

Die Veränderungen im Bewusstsein der großen Mehrheit wirkt sich auch schon in verschiedenen Bereichen aus, wenn auch nicht eins zu eins, sondern mit Verzögerung. Der sichtbare Widerstand entspricht also noch nicht den Veränderungen im Bewusstsein, der wachsenden Unzufriedenheit. Allerdings war in den verschiedenen Streiks sowohl 2023 als auch bis jetzt in 2024 eine deutlich stärkere Mobilisierung spürbar. Die Kolleg/innen gingen auf die Straße, protestierten kraftvoll für ihre Forderungen. Aber sie ließen sich, wie wir bei verschiedenen Tarifrunden analysiert haben, noch mit faulen Kompromissen abspeisen. Einmalzahlungen statt Tariferhöhungen über der Inflation waren ein Mittel, um sie zu täuschen und zu befrieden. Doch dieser „Frieden“ wird nicht lange halten und die Unzufriedenheit wird steigen.

Denn die Folgen der immer schärfer werdenden weltweiten Widersprüche zwischen den großen imperialistischen Machtblöcken mit USA, NATO, EU und dem deutschen Imperialismus einerseits und dem russischen und chinesischen Imperialismus andererseits werden immer spürbarer. Die zunehmenden Rüstungsausgaben müssen die arbeitenden Menschen mit sinkenden Löhnen, hoher Inflation, Sozialabbau bezahlen. Zugleich bricht die zivile Produktion an einigen Stellen bereits ein: Autokonzerne und Zulieferer vernichten zigtausende Arbeitsplätze, weil der Absatz nach unten geht. Selbst das mit viel Staatsgeldern neu aufgebaute Tesla-Werk in Grünheide, das als „Retter“ und halbes „Weltwunder“ gefeiert wurde, kündigt Entlassungen an. Das Staatsgeld ist bei den Aktionären gelandet und die Arbeiterklasse bekommt die Quittung. Das kapitalistische Wunder erweist sich als Bluff. Auch dieses „Wunder“ unterliegt den gnadenlosen Marktgesetzen des Kapitalismus. Wenn Daimler, Bosch, Thyssen-Krupp, Outokumpu und viele andere Stellenabbau ankündigen, dann wissen wir: Die Verarmung, die Angriffe auf die Arbeiterklasse und das Volk gehen weiter.

Und es ist logisch, dass damit die Zufriedenheit nicht steigen, sondern weiter sinken wird. Das Vertrauen in dieses System wird weiter in die Brüche gehen.

Was machen die Herrschenden?

Die herrschende Klasse weiß, dass ihr Ansehen und das Vertrauen schwindet. Dem schaut sie nicht tatenlos zu. Deswegen bemüht sie sich darum, die Menschen auf Nebenschauplätze abzulenken. Da wird auf einmal über Bürgergeldbezieher und Sozialbetrug hergezogen. Schaut man sich die Statistik an, so sieht man, dass der „Sozialbetrug“ 2022 rund 60 Mio. Euro betrug. Der Schaden durch Steuerhinterziehung hingegen betrug 100 Mrd. Euro, also rund 1700mal so viel. Trotzdem wird eine mediale Jagd auf „Sozialbetrüger“ eröffnet, während die reichen Steuerbetrüger fein raus sind. Oder nehmen wir das Thema Asyl. Während über das Versagen des Systems, die zunehmende Armut, den drohenden Arbeitsplatzabbau dringend geredet und etwas unternommen werden müsste, wird eine wilde Hetze gegen „Asylanten“ entfacht und das Recht auf Asyl in der EU faktisch abgeschafft. Das Motto der Herrschenden: Sollen sich doch die da unten gegenseitig an die Gurgel gehen, dann können wir in Ruhe weiter regieren. Es ist dabei kein Zufall, dass die AfD mit ihrer Hetze von diversen Unternehmern mit großzügigen Geldspenden gesponsert wird. Und es ist ebenso kein Zufall, dass die anderen bürgerlichen Parteien die Themen der AfD übernehmen und sogar in die Tat umsetzen. So kann man von der Katastrophe des Kapitalismus ablenken.

Unsere Antwort

Wie oben bereits gesagt, äußert sich die Unzufriedenheit, die Wut der Menschen auf dieses System und auf die gesamte bürgerliche Politik bereits an vielen Stellen, vor allem in Streiks. Das muss ausgebaut werden. In diesen Kämpfen müssen wir klar machen, dass es nicht nur um einzelne „zufällige“ Erscheinungen geht, sondern das System verantwortlich ist. Wir müssen die Darstellung, dass man eine „vernünftige“ Politik im Kapitalismus, eine Sozialpartnerschaft schaffen könne, widerlegen. Die Kämpfe für konkrete Forderungen müssen entwickelt und gleichzeitig Illusionen in dieses System ausgeräumt werden.

Zugleich muss wieder die Alternative des Sozialismus auf die Tagesordnung, eines Sozialismus, der aus den Fehlern des ersten Anlaufs gelernt hat und keine einfache Wiederholung der Geschichte ist. Denn mit dem Kapitalismus wird es weiter bergab gehen. Er hat seinen Höhepunkt überschritten. Er muss beseitigt werden.

Quellen:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Lebensbedingungen-Armutsgefaehrdung/_inhalt.html

https://koerber-stiftung.de/presse/mitteilungen/deutsche-verlieren-vertrauen-in-ihre-demokratie/

https://www.sueddeutsche.de/politik/bundesregierung-schwindendes-vertrauen-in-ampel-und-institutionen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-240205-99-878740