Türkei: Arbeitsministerium verhängt hohe Geldstrafe gegen kämpferische Gewerkschaft BIRTEK-SEN!

Das Arbeitsministerium hat in einem skandalösen Beschluss gegen die Vereinten Textil- und Lederarbeiter/innengewerkschaft (BIRTEK-SEN), eine Geldstrafe von 1,5 Millionen Türkische Lira verhängt (umgerechnet ca.50.000 Euro). Dies ist ein Angriff auf die Gewerkschaft, man bestraft sie, weil sie prekäre und unmenschliche Arbeitsbedingungen in der Türkei verhindern will. Sie kämpft mit ihren Gewerkschaftsmitgliedern, um katastrophale Arbeitszustände wie in Bangladesch zu verhindern. Diese Zustände wollen wir nicht in der Türkei haben, sagte Mehmet Türkmen, der Vorsitzende der BIRTEK-SEN in einer ersten Erklärung.

Als Grund für die hohe Geldstrafe gibt das türkische Arbeitsministerium den massenhaften Gewerkschaftsübertritt der Belegschaft von der Öz Iplik-Is zur Basisgewerkschaft BIRTEK-SEN an. Die Gewerkschaft BIRTEK-SEN hätte laut Arbeitsministerium die Arbeiter/innen von ÖZAK Textilbetrieb am Standort in der Stadt Urfa zu einem Gewerkschaftsübertritt gezwungen. 500 der 700 Arbeiter/innen aus dem Werk Urfa waren zur BIRTEK-SEN gewechselt. Die Öz Iplik-Is gehört zur AKP nahen islamischen Arbeiterkonföderation HAK-IS. Seit 7 Jahren war Öz Iplik-IS, die zuständige Gewerkschaft bei ÖZAK, die Beschäftigten hatten in den letzten Jahren immer wieder versucht in eine andere Gewerkschaft zu wechseln, die sich wahrhaftig für die Interessen der Beschäftigten einsetzt. Doch der Arbeitgeber konnte das (bis November 2023) zusammen mit Hilfe von Öz Iplik-Is immer wieder verhindern. ÖZAK produziert Textilien für Levi`s, Zara und Hugo Boss. Hunderte Arbeiter/innen aus der Fabrik hatten 80 Tage für gewerkschaftliche Rechte und gegen Massenkündigungen gestreikt. Auch international kam es zu einem weltweiten Aktionstag vor den Levi`s Stores. Die Solidarität war enorm, aber die Repressionen gegen die streikenden Arbeiter/innen waren extrem. Sie wurden von Polizeikräften zusammengeschlagen, verhaftet, jegliche Versammlungen der Arbeiter/innen in der Stadt Urfa und vor der Hauptzentrale in Istanbul wurden verboten. Es gab am Ende für die Arbeiter/innen einen Teilerfolg. Die Entlassungen wurden zwar nicht zurückgenommen aber 376 Arbeiter/innen bekamen nach 80 Tagen Arbeitskampf außergerichtliche Abfindungen.

Unhaltbare Arbeitsbedingungen bei ÖZAK

Die Beschäftigten berichteten den Gewerkschaftern von BIRTEK-SEN von einer Arbeitszeit von teilweise bis zu 18-20 Stunden pro Arbeitstag. Laut den Beschäftigten gehörten Bossing, Drohungen und Belästigungen gegenüber weiblichen Beschäftigten zum Alltag in der Fabrik. Die Arbeiter/innen bekommen nur den gesetzlichen Mindestlohn (Liegt knapp über der Hungersgrenze).

Gegen diese schlechten Arbeitsbedingungen haben sich 500 von den 700 Beschäftigten entschieden von der Öz Iplik-Is zur progressiven kleinen Gewerkschaft BIRTEK-SEN zu wechseln um sich dort zu organisieren und die unhaltbaren Zustände zu verändern. Dies geschah ab November 2023. Ab November 2023, also dem Wechsel hunderter Mitglieder zur BIRTEK-SEN, gab es noch stärkere Repressionen gegen die Gewerkschaftsmitglieder.

Nachdem eine Gewerkschaftsaktivistin aufgrund Gewerkschaftsmitgliedschaft in der BIRTEK-SEN entlassen wurde, solidarisierten sich knapp 450 Beschäftigte mit der Kollegin und traten spontan in den Arbeitskampf.

Die Streikenden wurden mehrmals verhaftet. Es gab schwere Gendarmerie-Einsätze gegen die Streikenden, wo es zu etlichen Verletzungen auf Seiten der streikenden Beschäftigten kam. Es kam immer wieder zu Versammlungsverboten.

Der Arbeitskampf ist letztendlich beendet worden. Und es gab wie oben erwähnt außergerichtliche Abfindungen, aber die Streikenden, 376 an der Zahl haben ihren Arbeitsplatz verloren.

24 Kolleg/innen führen noch Kündigungsschutzklagen. Die finanzielle Lage der Familien der Kolleg/innen ist sehr schlecht, viele bekommen in der Stadt keine Arbeit mehr, weil sie aufgrund der Streikbeteiligung auf einer Liste der Arbeitgeber stehen, so der Vorsitzende der BIRTEK-SEN Mehmet Türkmen. Etliche Gewerkschaften haben sich schon mit BIRTEK-SEN solidarisch erklärt. Man bereitet sich auf gemeinsame Protestaktionen vor.

BIRTEK-SEN: Dieser Angriff ist ein Angriff auf alle Beschäftigten die sich gegen ausbeuterische Verhältnisse widersetzen!

Die Gewerkschaften die tatsächlich für bessere Arbeits-und Lebensbedingungen kämpfen werden von dieser skandalösen Entscheidung auch zukünftig betroffen sein, man nimmt den progressiven Gewerkschaften die Möglichkeit zu existieren, man versucht sie finanziell zu zerschlagen. Das Arbeitsministerium greift die gesamte Gewerkschaftsbewegung in der Türkei an. Wir werden uns mit den anderen progressiven Gewerkschaften dagegen wehren. Solch ein Einschnitt der einmalig ist in der Geschichte der Gewerkschaften, ist ein weiterer Schritt um Gewerkschaftsrechte und die freie Betätigung der Gewerkschaften in den Betrieben zu verhindern. Das Recht sich frei für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft zu entscheiden wird aufgehoben. Das werden wir nicht hinnehmen, so die Gewerkschaft BIRTEK-SEN in einer ersten Erklärung.

Wir fordern:

Sofortige Rücknahme der Geldstrafe des Arbeitsministeriums gegen BIRTEK-SEN!

Schluss mit der Kriminalisierung von Gewerkschaften in der Türkei!

Einhaltung der Gewerkschaftsrechte und das Recht, sich frei in einer Gewerkschaft zu organisieren!

Für Regierungsunabhängige progressive Gewerkschaften!

Solidaritätserklärungen kann man an folgende Email schicken:

birlesiktekstilsendikasi@gmail.com oder an didf@didf.de

Protestschreiben bitte an:

sanliurfaiskur@hs01.kep-tr und cgm@csgb.gov.tr

MS