Die so genannte Aktienrente war nie sonderlich beliebt. Darum hat man sich nun einen neuen Namen zur Verschleierung ausgedacht: „Generationenkapital“. Die Verpackung ist toll, der Inhalt ist der gleiche Mist wie die Aktienrente.
Erfahrungen
Die Riester-Rente ist ein Beispiel dafür wie private „Altersvorsorge“ vor allem eine Profitquelle für Banken und Versicherungen ist. Der Erfinder dieser Rente war Walter Riester, SPD, ehemaliger Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg und 22 Jahre lang 2.Vorsitzender der IG Metall. Als Bundesarbeitsminister pries er die private Altersvorsorge zur „Sicherung“ der Renten an. Laut Wikipedia war er auch Referent bei verschiedenen Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche sowie Aufsichtsrat des Finanzdienstleisters Union Asset Management Holding. Dazu hatte er Geschäftsbeziehungen zum Finanzdienstleister AWD („Allgemeiner Wirtschaftsdienst“, heute aufgegangen in der „Swiss Life“ Versicherungsgrguppe).
Walter Riester pries diese private Rente als tolles, zukunftssicheres Konzept an. In der Realität sah es anders aus. Zeitgleich mit Einführung der Riester-Rente wurde das gesetzliche Rentenniveau 2001 von 70 auf 67% gesenkt, also eine Rentenkürzung vorgenommen. Um diesen Verlust auszugleichen, sollten die Arbeiter und Angestellten nun zusätzlich privat zahlen. Mittlerweile ist klar, diese Riester-Rente bedeutet in den meisten Fällen einen finanziellen Verlust für die Betroffenen. Die Abschlussgebühren der Banken und Versicherungen sind so hoch, dass die staatliche „Förderung“ direkt in ihre Taschen wandert. Die Renditen sind so niedrig, dass die Kolleg/innen nach Berechnungen 85 oder gar 92 Jahre alt werden müssen (die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 78), damit sie überhaupt ihr eingezahltes Geld zurück erhalten. Für Geringverdiener und Langzeitarbeitslose ist sie meist ein Verlustgeschäft.
Der Vorsitzende des Sozialbeirats, Winfried Schmähl, erklärte, man habe „damals der privaten Vorsorge und damit den Interessen der Finanzwirtschaft zum Durchbruch verhelfen“ wollen. Es sei „um die Interessen der Arbeitgeber an niedrigen Beitragssätzen und der Finanzwirtschaft an einem neuen Geschäftsfeld“ gegangen. Nach seiner Kritik entließ Walter Riester als echter Demokrat ihn aus seinem Amt und ersetzte ihn durch Bert Rürup, der die Rente noch weiter für den Kapitalmarkt öffnen wollte.
Unterm Strich hat die Riester-Rente bedeutet: Die Kolleg/innen erhalten weniger gesetzliche Rente und müssen für eine private Versicherung zahlen, was eine verdeckte Erhöhung der Rentenbeiträge ist, um dann noch nicht einmal ihr eingezahltes Geld zurückzuerhalten, von einer Rendite ganz zu schweigen.
In ganz Europa gibt es Beispiele, wohin eine Privatisierung der Renten führt. Die Frankfurter Rundschau vom 7.3.24 berichtet: „In der Deutschen Rentenversicherung liegt die Quote der Verwaltungskosten bei 1,5 Prozent der Rentensumme, während etwa in den Niederlanden Investitionsfonds wie Blackrock Provisionen von bis zu 30 Prozent der ausgezahlten Betriebsrenten kassieren.“ Das gilt auch für die private Krankenversicherung: „Die PKV gibt für die gleichen Leistungen ein Drittel mehr aus als die GKV und hat doppelt so hohe Verwaltungskosten.“
Es ist also eine Zwecklüge, wenn behauptet wird, eine Privatisierung oder Teilprivatisierung der Renten, was auch für das „Generationenkapital“ gilt, sei hervorragend und die Lösung der Probleme. Das Gegenteil ist der Fall. Hier werden Gelder der Gesellschaft an das Großkapital übereignet, damit dieses seine Profite erhöhen kann.
Die Renten sinken dramatisch!
Es ist dreist, wenn Bundeskanzler Scholz sich hinstellt und behauptet, mit dem „Generationenkapital“ werde die Rente mit 48 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohnes „stabilisiert“.
Erstens haben wir oben angeführt, dass das Rentenniveau bis 2001 bei 70% lag. Es ist also seither um ein Drittel zusammengestrichen worden!
Zweitens gilt dieses „Versprechen“ nur kurzfristig. Wie es langfristig weitergehen soll, sagt Scholz nicht. Damit können sich gerade junge Kolleg/innen auf nichts verlassen. Sie zahlen Rentenbeiträge, ohne zu wissen, ob und wie viel sie jemals dafür bekommen werden.
Drittens teilt die Deutsche Rentenversicherung in einer Presseerklärung mit, dass die Bundesregierung ihre Zuschüsse zur Rentenversicherung, zu denen sie gesetzlich verpflichtet ist, allein für dieses Jahr um 1,7 Milliarden Euro gekürzt hat und für den Zeitraum von 2022 bis 2027 um insgesamt 6,8 Milliarden Euro!
Tatsächlich halten die Rentenerhöhungen mit der Inflation nicht Schritt. Das bedeutet: Auch wenn man jedes Jahr etwas mehr Rente bekommt, sinkt sie real, weil die Inflation höher ist. Rentner werden so immer ärmer. Und da diese Tendenz fortlaufend ist, werden die heute jungen Kolleg/innen in ihrer Mehrheit eine Rente auf Armutsniveau erwarten können. Da wird also nichts stabilisiert, sondern abgebaut. So stiegen 2023 die Renten im Osten um 5,86 Prozent und im Westen um 4,39 Prozent. Die Verbraucherpreise jedoch um 5,9 Prozent. Faktisch ein Minus.
Schon jetzt haben 42,3% der Rentner laut Statistischem Bundesamt ein Netto-Einkommen von weniger als 1.250 Euro im Monat. Besonders betroffen sind Frauen, deren durchschnittliche Renten sowieso schon 400 € unter der der Männer liegen. Bereits heute sind viele Rentner auf Bürgergeld, Tafelläden und einen Nebenjob angewiesen, um mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen. Grundsicherung erhielten 2010 laut Statistik 283.000 Rentnerinnen und Rentner 2015 waren es ca. 414.000 und Ende 2022 ca. 454 000. Stabilisiert wird da nichts! Im Gegenteil!
„Generationenkapital“ – Milliarden für das Finanzkapital
Während also der gesetzlichen Rentenversicherung 6,8 Milliarden Euro entzogen werden, sind für das „Generationenkapital“ im ersten Jahr 10 Milliarden € geplant. Insgesamt sollen es 200 Milliarden werden, die in diesen Fonds gesteckt werden. Und während Finanzminister Lindner immer wieder vor neuen Schulden warnt, soll dies aus Schulden finanziert werden. Da Schulden verzinst und getilgt werden müssen, müsste die Rendite aus dem „Generationenkapital“ über den marktüblichen Zinsen liegen, damit überhaupt ein Plus herauskommt. Man leiht also Geld beim Finanzkapital und legt es dann beim Finanzkapital an und hofft, damit mehr Geld zu machen? Eine merkwürdige Rechnung! In der Realität wird das Finanzkapital hier doppelt verdienen: Einmal an den Zinsen für die Kredite und zum anderen an den Provisionen für die Anlagen am Kapitalmarkt. Damit steht ein Gewinner bereits fest: das Finanzkapital! Man muss schon sehr naiv sein, wenn man da an eine sichere Rente glaubt. Es wird am Ende genauso laufen wie bei der Riester-Rente: Viel Propaganda und viel Profit für Banken und Konzerne, aber für die Kolleg/innen kommt nichts heraus.
Statt Spekulation brauchen die Kolleg/innen wirklich eine sichere Rente, von der sie auch leben können, also über dem Armutsniveau! Es gäbe die Möglichkeit, die ausgesetzte Vermögenssteuer, die ja gesetzlich festgelegt ist, wieder zu erheben. 77% der Bevölkerung sind dafür! Eine Vermögenssteuer könnte problemlos 15-20 Milliarden jährlich bringen, eine gerechte Erbschaftssteuer sogar noch erheblich mehr. Statt mit Krediten am Kapitalmarkt für eine „sichere“ Rente zu spekulieren, wäre es möglich, mit diesen Milliardeneinnahmen sichere Renten nicht nur für die heutigen Rentner sondern auch für die jungen Kolleg/innen zu finanzieren. Doch im Kapitalismus zählen weder die 77%, die für die Wiedererhebung der Vermögenssteuer sind, noch die Interessen der heutigen und zukünftigen Rentner/innen. Es zählen alleine die Interessen des Kapitals.