Zur Münchner Sicherheitskonferenz
Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, das eng mit der deutschen Wirtschaft verbandelt ist, erklärte, dass Kanonen und Butter nicht gemeinsam möglich sind. Seine Priorität: Kanonen!
„Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland. Das geht nicht, sondern Kanonen ohne Butter.“
Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts
(nach Stuttgarter Zeitung, 24.2.24)
Verluste der Ukraine
Es war auch der Tenor der Münchner Un-Sicherheitskonferenz, die für die westlichen Großmächte in einer schwierigen Lage stattfand: Mehr Waffen statt sozialer Wohltaten! Kurz zuvor musste die ukrainische Armee Awdijiwka räumen. Seither wurde die Front weiter „begradigt“, wie es beschönigend heißt, um die Niederlage zu verbergen. Die Anfang des Jahres groß angekündigte Offensive der Ukraine gab es nicht. Für 2024 ist sie erst recht nicht zu erwarten. Stattdessen gibt es einen Stellungskrieg, bei dem menschliches Kanonenfutter in Unmengen geopfert wird, um ein paar Meter Gelände zu halten. T-online (18.2.24) nennt den Kampf um Awdijiwka einen „Fleischwolf“, der Tausende das Leben kostete. Laut Berliner Morgenpost (17.2.24) sagte ein ungenannter ukrainischer Offizier: „Uns gehen die Männer schneller aus als die Zigaretten“.
Doch diese Massenschlachtung reicht nicht, wie man an den Aussagen des Chefs des Münchner Ifo-Instituts sehen kann. Krieg und Aufrüstung sollen weiter gehen. Kanonen statt Butter!
China profitiert und hofiert
Doch die Münchner Un-Sicherheitskonferenz offenbarte auch die tiefen Widersprüche innerhalb der westlichen Imperialisten. Der chinesische Außenminister Wang Yi, der an der Un-Sicherheitskonferenz teilnahm, konnte dies nutzen, um das aufstrebende imperialistische China als Partner Europas anzubieten. Auf einer Pressekonferenz meinte er: „Auf die chinesisch-europäische Zusammenarbeit eingehend erklärte Wang, diese Beziehungen zeigten eine stabile und steigende Tendenz. Europas rationales Verständnis von China sei gewachsen. Die europäische Seite interessiere sich sehr für eine Vertiefung der pragmatischen Zusammenarbeit mit der Volksrepublik und hoffe auf mehr konkrete Ergebnisse der Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Handel, Energie, Umweltschutz, Digitalisierung sowie Kultur und Bildung. Europa sei willkommen, die Chancen des supergroßen chinesischen Marktes zu teilen, so der chinesische Außenminister.“
Während China sich als „stabiler Partner“ anbietet, sind die USA unter dem Druck der inneren Widersprüche des im Niedergang befindlichen US-Kapitals zu einem Wackelkandidaten geworden. (siehe auch den Beitrag „Biden oder Trump? Was ist los in den USA?“ auf S.??) Haben die USA zu Anfang den Ukraine-Krieg befeuert, um vor allem Deutschland zu schwächen und wieder stärker unter ihre Kontrolle zu bringen, so ist die herrschende Klasse in den USA zerstritten und uneins, ob nun China oder Russland als erstes bekämpft werden sollen.
Deutschland an die Front?
Der deutsche Imperialismus ist auch durch den Krieg geschwächt worden. Er verlor seine billigste Energiequelle und einen wichtigen Markt. Damit ist die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft international gesunken. Dementsprechend ist das Wachstum eingebrochen und liegt um die null Prozent, was angesichts der hohen Inflation einen dramatischen Einbruch bedeutet. Ein verschärfter Konflikt mit China könnte für das deutsche Kapital den Verlust eines noch wichtigeren Marktes und Lieferanten von wichtigen Teilen für die Industrie bedeuten. Das würde ihn extrem schwächen und noch stärker an den US-Imperialismus anbinden.
Doch der deutsche Imperialismus ist nicht bereit, diese Schwächung hinzunehmen und versucht die Strategie des US-Imperialismus vorsichtig zu unterlaufen. Daher ist Deutschland mittlerweile einer der wichtigsten Partner der Ukraine bei der Ausbildung von Kanonenfutter, bei der Lieferung von Waffen und finanzieller Unterstützung geworden. Mit dem möglichen Wegfall der USA als Unterstützer der Ukraine wäre „Deutschland plötzlich aus russischer Perspektive der Hauptgegner in diesem Krieg.“ (T-online, 18.2.24)
Der deutsche Imperialismus bereitet sich daher massiv auf die Übernahme einer führenden militärischen Rolle innerhalb der EU vor und macht Druck für eine gemeinsame militärische Strategie der EU. Unter anderem wird bereits gefordert, eine gemeinsame europäische Atommacht aufzubauen, womit der deutsche Imperialismus endlich den lang ersehnten Zugriff auf Atombomben erhielte. Der Krieg in der Ukraine hat dem deutschen Imperialismus eine Gelegenheit beschert, seinen Traum von einer Führungsmacht in Europa wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Die „Zeitenwende“ war da nur der Anfang eines Prozesses der Militarisierung. Wir können täglich verfolgen, wie in einem Propagandatrommelfeuer für mehr Aufrüstung und „Kriegstüchtigkeit“ unsere Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft umgestellt und zugleich die Bevölkerung psychologisch bearbeitet wird. Für den deutschen Imperialismus hat das zwei Vorteile:
- Wachsende militärische Stärke bedeutet mehr Einfluss in Europa und eröffnet Perspektiven für die Eingliederung neuer Gebiete in den eigenen Herrschaftsbereich. Nicht umsonst macht die Bundesregierung massiven Druck für die Eingliederung der Ukraine und anderer osteuropäischer Staaten in die EU und die NATO. Dass damit die Front zu Russland näherkommt, ist einkalkuliert. Kann man damit doch noch höhere Rüstungsausgaben begründen.
- Mehr Aufrüstung und Krieg bedeuten höhere Profite. Was der deutsche Imperialismus durch den Verlust des russischen Marktes und der billigen russischen Energie verloren hat, will er durch Aufrüstung wieder reinholen und sich stärken. Waffen haben dabei den Vorteil, dass man ständig Nachschub benötigt. Sie sind genauso schnell verbraucht wie das menschliche Kanonenfutter – eine schier unendliche Profitquelle.
Nicht umsonst hat sich daher der Aktienkurs von Rheinmetall seit Beginn des Ukraine-Krieges vervierfacht. Die Rolls-Royce Power Systems AG Friedrichshafen (ehemals MTU), die unter anderem Dieselmotoren für Panzer und Schiffe herstellen, meldeten Ende Februar 2024 eine Steigerung des Betriebsgewinns um 44%. Die Auftragsbücher sind voll und werden immer dicker. Der Aktienkurs explodiert. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Arbeiter/innen davon profitieren. Denn Rolls-Royce Power Systems AG präsentierte mit den supertollen Geschäftszahlen zugleich Abbaupläne. Die Produktion soll weiter durchrationalisiert, der Druck auf die Beschäftigten erhöht, der Profit noch weiter gesteigert werden. Dazu ist Arbeitsplatzabbau eingeplant.
Die Arbeiterklasse zahlt den Kriegskurs
Für die arbeitenden Menschen hat dieser Kriegskurs jedoch nur Nachteile:
- Selbst volle Auftragsbücher schützen nicht vor mehr Ausbeutung. Im Gegenteil! Da „wir alle Opfer bringen müssen“, erhöht sich der Druck auf die Arbeiterklasse. Die Ausbeutung steigt.
- Wie Herr Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, so deutlich sagte, gilt nun die Parole Kanonen statt Butter! Finanzminister Lindner hat bereits angekündigt, die Sozialausgaben einzufrieren, um die Erhöhung der Rüstungsausgaben zu finanzieren. Real hat die „Fortschrittskoalition“ bereits angesichts der „Haushaltskrise“ nicht nur eingefroren, sondern massiv im Sozialbereich bei Jugendlichen, Rentnern, Bürgergeldempfängern, bei Bildung und Gesundheitswesen gekürzt. Dieser Weg wird weiter gegangen, auch wenn sich SPD und Grüne offiziell gegen Lindners Vorschlag gestellt haben.
- Die Träume des deutschen Imperialismus von einer Führungsmacht und Atommacht werden zu immer mehr Spannungen führen. Die Konkurrenten in Europa werden sich gegen eine Unterordnung wehren. Die großen Konkurrenten wie Russland oder China werden ebenfalls nicht Däumchen drehen und zusehen, bis diese Träume Realität werden. Aber auch der „Freund“ USA hat keinerlei Interesse an einem gestärkten Konkurrenten. Nicht umsonst haben die USA massiv beim Brexit mitgeholfen, um die EU und vor allem den deutschen Imperialismus zu schwächen. Nicht umsonst haben sie auch beim Ukraine-Krieg alles darangesetzt, ihren „Partner“ und Konkurrenten zu schwächen. So ist das halt unter imperialistischen Räubern. Doch dieser scharfe und immer schärfer werdende Konkurrenzkampf unter imperialistischen Räubern kann dazu führen, dass auch deutsche Soldaten wieder aufs Schlachtfeld getrieben werden. Dann werden sie das gleiche Schicksal erleiden wie derzeit die ukrainischen Soldaten: Sie geraten in den „Fleischwolf“ des Krieges und sie werden schneller verglühen als die Zigaretten.
Was beschönigend als „Sicherheitspolitik“ verkauft wird, ist Unsicherheitspolitik und hochriskant. Schon in der Vorkriegszeit, genannt Frieden, müssen dafür große materielle Opfer erbracht werden, um die Profite des Kapitals zu steigern. Und im Ernstfall wird das Blut der Arbeiterklasse und des Volkes vergossen, während die Profiteure in ihren Villen – zur Not auch in ihren Auslandsvillen – das Leben und die sprudelnden Profite genießen.
Daher sagen wir:
Nein zu Aufrüstung und Krieg!
Nein zu einer europäischen Atommacht!
Nein zur Erweiterung von NATO und EU!
Nein zu Sozialkürzungen und Armutspolitik!
Butter statt Kanonen!