In Hamburg soll das 90 Jahre alte Werk des Chemieunternehmens Allnex schließen. Das hatte die Geschäftsführung bereits Anfang März letzten Jahres überraschend bekannt gegeben. Überraschend nicht nur deshalb, weil der Produktionsstandort für Kunstharze im Hamburger Bezirk Wandsbek konstant schwarze Zahlen schreibt und seit Jahrzehnten störfallfrei produziert. Sondern auch deshalb überraschend, weil der CEO Miguel Mantas gut ein Jahr zuvor, als Allnex von dem thailändischen Unternehmen „PPT GC“ übernommen wurde, zugesichert hatte, dass es infolge dessen zu keinen Werksschließungen kommen solle und man als Unternehmen sogar weiterwachsen wolle.
Leere Worte, wie sich zeigte. Seitdem stehen die 130 Arbeiter des Standortes vor einer ungewissen Zukunft. Doch haben sich Kolleginnen und Kollegen noch lange nicht mit ihrem Schicksal abgefunden. Bereits wenige Wochen nach der Verkündung der geplanten Werksschließung bildeten die Arbeiter eine Verhandlungskommission die ihre Arbeit unverzüglich aufnahm, mit dem klaren Ziel: Interessenausgleich, Sozialplan und Sozialtarifvertrag. Immer wieder fanden seitdem Aktionen der Kolleginnen und Kollegen auf und vor dem Werksgelände statt. Auch auf dem 1.Mai 2023 in Hamburg war die Allnex-Belegschaft zahlreich und mit eigenem Banner vertreten. Zuletzt traten die Arbeiter am 3. Januar für zwei Tage in den Warnstreik, da die vorherigen Verhandlungen keine neuen Ergebnisse brachten. Immer wieder kam es zu Solidaritätsbesuchen, unter anderem auch durch Delegationen anderer Chemiebetriebe wie Federal Mogul oder auch durch Vertreter der DIDF Hamburg.
Das Unternehmen, welches 35 Produktionsstandorte auf fünf Kontinenten betreibt und insgesamt etwa 4600 Arbeiter beschäftigt, begründet seine Pläne abwechselnd mit einer vermeintlich sinkenden Nachfrage und steigenden Produktionskosten. Währenddessen sehen Belegschaft und Gewerkschaft andere Gründe als ausschlaggebend. Zum einen gibt es – so Ute Sierck, zuständige Betriebsbetreuerin der IG BCE – einen durch das Management geplanten Investitionsstau, der nach Experteneinschätzungen im mehrstelligen Millionenbereich liegen dürfte, und zum anderen wird vermutet, dass die Geschäftsführung durch einen üppigen Verkaufspreis des Grundstücks zu diesem Schritt motiviert ist. „Grundsätzlich halten wir die Argumente des Konzerns für vorgeschoben […]“, fasst Ute Sierck zusammen. Dass hier ein profitabler Produktionsstandort im Handumdrehen abgesägt und damit gewissenlos die Zukunft von 130 Arbeitern und Familien aufs Spiel gesetzt wird, zeigt unmissverständlich, dass es die Arbeiter nicht mit einem „Sozialpartner“ zu tun haben, mit dem sich zu beiderseitigem Vorteil verhandeln lässt. Stattdessen braucht es zwingend die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten, um sich in dem grundlegenden Interessenkonflikt mit der Kapitalseite behaupten zu können und nicht jeder Entscheidung der Geschäftsführung hilflos ausgeliefert zu sein.
Solidarität mit den Arbeitern bei Allnex!