Aktualisiert, 21.4.23
Ostermarsch in Hamburg – Ein Spiegelbild der Lage der Friedensbewegung in Deutschland
Am Ostermontag kamen auch in diesem Jahr etwa 2 Tausend Menschen zum Ostermarsch zusammen. Angesichts der massiven öffentlichen Propaganda für Aufrüstung und Militarisierung ist das eine beachtliche Zahl. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Ostermarsch seitens einiger vermeintlich „fortschrittlicher“ Kräfte öffentlich unter den pauschalen Verdacht gestellt worden ist, für rechte Kräfte offen zu sein und Parteien wie „DIE LINKE“ oder der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ihr Teilnahme im Vorfeld abgesagt haben. Doch war der Ostermarsch in Hamburg auch in diesem Jahr vorrangig geprägt von Reden, Transparenten und Schildern gegen Aufrüstung und Militarisierung – gegen das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden für die Bundeswehr, die militaristische Propaganda von Regierungsvertretern und etablierten Medien und für den Austritt Deutschlands aus der NATO.
Dennoch gab es, wie in anderen Städten auch, Versuche von rechten Parteien wie z.B. „Die Basis“ auf dem Hamburger Ostermarsch aufzutreten. Während es seitens der Organisatoren des Ostermarsches, dem „Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung“, keine Intervention gegen diesen Versuch gegeben hat, wurde das öffentliche Auftreten dieser rechten Partei durch die eigene Initiative einiger Teilnehmer organisiert verhindert. Auch das zeigt: der Ostermarsch bleibt politisch umkämpft. So ist das „Hamburger Forum“ auch schon vorher damit aufgefallen, zwar richtigerweise die Kriegsbestrebungen der NATO und die Aufrüstung und Militarisierung in Deutschland als Hauptproblem zu benennen, jedoch im gleichen Atemzug den Angriffskrieg des imperialistischen Russlands zu relativieren. In ihrem Aufruf heißt es bzgl. des Angriffs der russischen Armee u.a. „Ein Krieg, der wahrscheinlich hätte verhindert werden können, wenn die NATO die Sicherheitsinteressen Russlands nicht ignoriert hätte“. Generell liefen die meisten Redebeiträge darauf hinaus, eine wie auch immer geartete „Friedensordnung“ zu fordern, in denen sog. „Sicherheitsinteressen“ von imperialistischen Staaten wie auch Russland und China in einer „multipolaren Weltordnung“ garantiert werden.
Umso wichtiger war es, dass z.B. im Redebeitrag der DIDF Hamburg (Föderation demokratischer Arbeitervereine) auf dem Ostermarsch erklärt wurde, dass der Angriff der russischen Armee zeigt: Im Kampf um Einflusssphären und Ressourcen ist der Krieg für alle kapitalistischen und imperialistischen Mächte eine gangbare Option, auch für eine kleinere Macht wie Russland. Und während natürlich der Hauptstoß gegen die Kriegstreiberei der NATO und die Aufrüstung und Militarisierung in Deutschland zu richten ist, sich aber genauso stark gegen einen durch Russland ausgelösten Krieg gestellt werden muss. Denn eine Friedensbewegung, die Verständnis für den Überfall auf ein anderes Land zeigt, hat keine Zukunft. In diesem Zusammenhang wurde auch herausgestellt, dass der Krieg in der Ukraine, weder ein Verteidigungskrieg Russlands oder gar eine Entnazifizierungsaktion, noch ein Kampf der Demokratie gegen den Autoritarismus ist. Es ist ein imperialistischer Krieg, der ausfechten soll, ob die Ukraine in die westlichen Einflusssphäre eingegliedert wird oder in die russische. Keiner der beiden Seiten geht es um das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung.
Reden wie diese, die auf dem Ostermarsch in Hamburg trotz einigem Kopfschütteln auch viel Zustimmung erfahren haben, sind auch deshalb wichtig, um die „falschen Freunde“ der Friedensbewegung zu entlarven: denn hinter der Friedensmotivation von rechten Gruppen und Parteien wie der AfD oder Die Basis steht nicht die Brüderlichkeit der Völker, sondern das Interesse jener deutschen Banken und Konzerne, die an den guten Beziehungen zu Russland einen Haufen Kohle gescheffelt haben. Doch damit können sie jedoch in der Friedensbewegung bei jenen andocken, die Verständnis für den russischen Überfall auf die Ukraine zeigen. Und dieser Kreis beschränkt sich nicht nur auf die AfD. Diejenigen, die unkritisch eine neue „Friedensordnung“ und die Achtung sog. „Sicherheitsinteressen“ Russlands fordern, gehen jenen auf den Leim, die im Interesse eben jener deutschen Banken und Konzerne die politischen und ökonomischen Beziehungen zu Russland wieder aufnehmen und weiter große Profite machen möchten.
In diesem Sinne bleibt es wichtig, sich nicht einschüchtern zu lassen und an die ehrlichen Forderungen nach Abrüstung und Frieden innerhalb der Teilnehmerschaft des Ostermarsches, aber auch weiten Teilen der deutschen Bevölkerung, anzuknüpfen – sei es durch die Verdrängung von rechten Kräfte (siehe Beispiel in Hamburg) oder die offensive Entlarvung der Kriegstreiber und den Versuch der Einflussnahme durch ihre Helfershelfer in die Friedensbewegung. Es wäre fatal, dieses Feld der versuchten Einflussnahme von Rechts oder der Instrumentalisierung für die Interessen einiger deutschen Banken und Konzerne zu überlassen. Denn Frieden geht nur antifaschistisch und internationalistisch! Deshalb müssen die falschen Freunde der Friedensbewegung entlarvt werden – im Kampf gegen alle imperialistischen Mächte sei es Russland, China oder der Westen. Und gegen die deutschen Kriegstreiber, die Deutschland erneut in den Abgrund führen möchten!
Ostermarsch in München
Es waren schätzungsweise über 1000 Menschen, die dieses Jahr uf dem Ostermarsch in München mitgingen, auf jeden Fall deutlich mehr als noch im letzten Jahr.
Transparente und Pappschilder prangerten zum größten Teil die Waffenlieferungen an die Ukraine an und die damit Verlängerung der Kriegshandlungen, die steigende Zahl der Kriegstoten und die zunehmende Gefahr einer atomaren Eskalation.
Auf der Schlusskundgebung auf dem Marienplatz sprach als letzter Redner Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI). Er war ja selbst als Abgeordneter der Linkspartei Mitglied im „Verteidigungs“-Ausschuss des Bundestags. Er betonte, dass er den militärischen Einmarsch der russischen Armee als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verurteile, dass man aber auch die Politik der USA und der NATO mit betrachten müsse. Die NATO bezeichnete er als „aggressives Militärbündnis“. Von der Bundesregierung forderte er den Stopp der Waffenlieferung und auch die Aufnahme aller Deserteure, ukrainischer wie russischer. Außerdem forderte er die Regierung dazu auf, endlich ihr Versprechen einzulösen, afghanische, so genannte „Ortskräfte“ nach Deutschland zu holen Das sei bisher kaum geschehen.
Vor dem Demonstrationszug und während der Schlusskundgebung – in den Redepausen – verteilten wir unser Flugblatt.
S.N.
Ostermarsch in Frankfurt wieder gut besucht
Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz des diesjährigen Ostermarschs, dessen überwiegender Tenor die Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand und sofortigen Friedensverhandlungen war. Bei geschätzt etwas über viertausend Teilnehmenden haben in diesem Jahr wieder etwas mehr Menschen für den Frieden demonstriert.
Wie in jedem Jahr begann der Marsch an verschiedenen Orten in Frankfurt und im Umland, um sich auf dem zentralen Römerberg zur Schlusskundgebung zu vereinen. Eine Fahrraddemo startete im benachbarten Eschborn beim Bundesministerium für Wirtschaft und Ausführkontrolle, wo die deutsche Regierung Waffendeals und Waffenexporte maßgeblich vorbereiten und begleiten lässt.
Ein Zug begann vor dem US-Generalkonsulat in Preungesheim und zog von dort in die Nähe des russischen Generalkonsulats. Vor dem Konsulat selbst durfte nicht demonstriert werden, weil die Polizei Auseinandersetzungen befürchtete.
Der Zug aus Rödelheim vereinte sich mit dem aus Bockenheim und lief gemeinsam Richtung Römerberg, wo sie wegen vieler Redebeiträge verschiedenster Teilnehmenden mit fast einer Stunde Verspätung eintraf.
Neben einem weiteren Zug aus Niederrad kamen Friedensbewegte aus den benachbarten Städten Offenbach und Darmstadt nach Frankfurt, um den diesjährigen Ostermarsch gemeinsam zu beenden.
In den Reden wurden Rüstungsausgaben und Sparpolitik im sozialen Bereich gegenübergestellt. Daneben wurden die enormen Umweltschäden thematisiert, die Kriege mit sich bringen. Würden die beteiligten und unterstützenden Staaten die zusätzlichen Emissionen, die gerade der Ukraine-Krieg verursacht, in ihre Umwelt- und CO2-Bilanzen einrechnen, könnte kein Klimaziel auch nur näherungsweise erreicht werden.
Ein Redner aus dem südlichen Afrika erinnerte die deutsche Friedensbewegung daran, dass nicht nur in der Ukraine Krieg geführt wird, sondern auch auf dem afrikanischen Kontinent, und dass auch dort europäische Mächte ihre wirtschaftlichen Interessen gewaltsam durchzusetzen suchen.
Auf der Zwischenkundgebung Bockenheim waren die Redebeiträge weit klassenkämpferischer. Dort wurde der Zusammenhang zwischen weltweiter Ausbeutung der Werktätigen und imperialistischen Kriegen deutlich hervorgehoben. Auch in der Ukraine sterben Werktätige nicht für ihre ureigensten Interessen, sondern für die Interessen russischer und ukrainischer Oligarchen.
Insgesamt war der Frankfurter Ostermarsch ein guter Erfolg, es kamen etwas mehr Menschen als im vergangenen Jahr.
Diesen Zuwachs verdankt die Veranstaltung wachsender Beteiligung junger Menschen, für die sich die Frage von Krieg und Frieden nicht mehr nur theoretisch stellt, sondern zur praktischen Frage des Alltags geworden ist.
Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Demonstration bei der Mehrheit der Unbeteiligten keinen Eindruck hinterließ. Wegen des guten Wetters waren viele Menschen in der Frankfurter Innenstadt unterwegs, doch verweilten nur wenige länger auf dem Römerberg, um den Reden zuzuhören. Besonders deutlich wurde das Desinteresse auf der Leipziger Straße in Bockenheim. Die zentrale Einkaufsstraße des Stadtteils ist gesäumt von Straßencafés, die Dank des warmen Frühlingswetters gut besucht waren. Die dort Sitzenden ließen sich durch die Antikriegsdemonstration nicht aus ihrer lethargischen Feiertagsstimmung bringen.
Stuttgart – ein starker Ostermarsch!
Deutlich über 3000 waren nach Angaben der Veranstalter zum Ostermarsch in Stuttgart gekommen; sichtbar mehr als im letzten Jahr. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung gab es eine eindrucksvolle Demonstration durch Stuttgart. Die Ausrichtung war klar und unmissverständlich: Der russische Angriff auf die Ukraine wurde verurteilt. Zugleich wurde aber auch die Einmischung der NATO, der USA und Deutschlands abgelehnt. Wir verteilten in einer Gruppe unsere Flugblätter zum Ostermarsch. Positiv war dabei, dass viele Menschen trotz Einkaufsstress das Flugblatt nahmen. Wir hatten zu wenig dabei. Auch einige „Arbeit Zukunft“ wurden verkauft.
Magdeburg/ Haldesleben
„Kapitalismus, Waffen und Krieg sind das Problem und nicht die Lösung!“ Unter diesem Motto der Initiative offene Heide, die seit vielen Jahren gegen den Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letzlinger Heide kämpft, kamen am 10.4.23 ca. 1000 Friedensfreunde zum Ostermarsch nach Haldensleben (Die Magdeburger Volksstimme zählte nur 200). Neben Ansprachen des Bürgermeisters, des Pfarrers, der Linksjugend hielt Özlem Alev Demirel (Europaabgeordnete der Linken) eine Rede, in der sie Waffenlieferungen strikt ablehnte und Verhandlungen forderte.
Der Stadtvorstand der Linken Magdeburg hatte dem Ostermarsch die Unterstützung entzogen und 150 Euro Spende zurückgefordert. Die Redner hätten „ein zu große Nähe zu Putin“. Mitglieder der Basis der Linken übergaben 501 Euro Spenden, die sie spontan aus Protest gegen diesen Beschluss gesammelt hatten. Dem Stadtvorstand der Linken Magdeburg war wohl nicht geheuer, dass im Ostermarsch-Aufruf stand: „Hat nicht Karl Marx gesagt: „Von allen Dogmen der doppelzüngigen Politik unserer Tage hat keine mehr Unheil angerichtet, als die, dass man, um Frieden zu haben, sich zum Kriege rüsten muss“.“ Doch dieser Boykott hat nichts genützt. Die Beteiligung war größer als im Vorjahr.