EU-Parlament – Hüter der „westlichen Werte“; der Fall Eva Kaili

In der Woche vor Weihnachten platzte die Bombe: Evdoxia (Eva) Kaili, Vizepräsidentin des Europaparlaments, Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion im Parlament und der griechischen Pasok-Partei, wurde von der Parlamentspräsidentin Metsola „von ihren Pflichten entbunden“, sprich: gefeuert. Zeitgleich gab es 20 Durchsuchungen bei anderen Mitgliedern des EU-Parlaments – 19 in Büros und Wohnräumen sowie eine im Europaparlament selbst. Dabei wurden 600.000 Euro in bar bei einem Verdächtigen und 150.000 Euro in der Wohnung eines Abgeordneten gefunden. Verdacht auf Bestechlichkeit und Vorteilsnahme sowie „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung“. Kaili und 5 weitere Verdächtige wurden festgenommen. Das Europaparlament, ein krimineller Sumpf?

Aber nicht doch! Sofort melden sich die Saubermänner/frauen zu Wort. Laut Süddeutsche Zeitung:

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Montag [den 12.12.] in Brüssel von einem „unglaublichen Vorfall“ gesprochen. „Der muss jetzt ohne Wenn und Aber aufgeklärt werden, mit der vollen Härte des Gesetzes.“ EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich bestürzt: „Die Vorwürfe gegen die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments sind sehr schwerwiegend“, sagte sie. Aufseiten der Kommission würde nun das Transparenzregister genau geprüft….“ [Zitate aus SZ]

Denn schließlich ist ja Europa – sprich die Europäische Union – ein Hort der „westlichen Werte“, von Demokratie und Freiheit, nicht wahr.

Aber schauen wir mal genauer hin:

Anfang 2011 ging ein Aufschrei durch die ehrwürdigen Hallen des Europäischen Parlaments. Der „Geld-für-Gesetze“-Skandal, durch den ein österreichischer EU-Abgeordneter traurige Berühmtheit erlangte, stellte die gesamte Institution unter Generalverdacht. Erstmals wurde das Ausmaß der Verflechtungen zwischen den europäischen Mandatsträgern und der Wirtschaft einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.“ [Quelle: https://link.springer.com/]

Das Ausmaß der Verflechtung zwischen Finanzlobbys und EU-Parlamentariern ist tatsächlich groß.

Laut Wikipedia ist das gemeinsame Register der Interessenvertreter beim Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission am 23.Juni 2011 in Betrieb genommen worden. Alle Organisationen, Firmen und Selbständige, die Tätigkeiten mit dem Ziel direkter oder indirekter Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse oder Entscheidungen der EU-Institutionen ausüben, sind dazu aufgerufen, sich zu registrieren… Die Pflicht zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Angabe dieser Informationen ergibt sich aus einem Verhaltenskodex, dem sich die Interessenvertreter bei Eintragung in das Register unterwerfen müssen. Eine Verpflichtung zur Eintragung gibt es jedoch nicht, was von vielen Seiten kritisiert wird. 2014 wurde geschätzt, dass in Brüssel 15.000 bis 25.000 Lobbyisten arbeiten. …Am 31. Januar 2019 verabschiedete das EU-Parlament verbindliche Regeln zur Transparenz der Lobbyarbeit. In einer Änderung seiner Geschäftsordnung bestimmte das Parlament, dass MdEPs, die an der Ausarbeitung und Verhandlung von Gesetzen beteiligt sind, ihre Sitzungen mit Lobbyisten online veröffentlichen müssen.

[Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus#EUHervorhebung durch AZ]

Viel genützt haben diese Transparenzregeln offenbar nichts, wie der Fall Kaili zeigt. Und das ist eben nicht der erste, und sicherlich nicht der letzte Fall von Korruption, Vetternwirtschaft etc. Das Europaparlament, eine kriminelle Bande? Das doch nicht! Es sind eben die Vertreter der vielgepriesenen „westlichen Werte“, und die heißen nun mal: das Kapital, die großen Industrie- und Finanzkonzerne haben das Sagen und bestimmen die Politik, sowohl in den einzelnen Ländern wie auch in der EU als Ganzes.

Deshalb bekämpfen wir nicht nur das kapitalistisch-imperialistische System im eigenen Land, sondern lehnen auch das imperialistische Staatenbündnis EU ab. In der Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, die vor über 100 Jahren von Lenin verfasst wurde, zitiert er den englischen Ökonomen J.A. Hobson, einen Gegner des britischen Imperialismus:

Wir haben die Möglichkeit einer noch umfassenderen Vereinigung der westlichen Länder angedeutet, eine europäische Föderation der Großmächte, die, weit entfernt, die Sache der Weltzivilisation voranzubringen, die ungeheure Gefahr eines westlichen Parasitismus heraufbeschwören könnte: eine Gruppe fortgeschrittener Industrienationen, deren obere Klassen aus Asien und Afrika gewaltige Tribute beziehen und mit Hilfe dieser Tribute große Massen gefügigen Personals unterhalten, die nicht mehr in der Produktion von landwirtschaftlichen und industriellen Massenerzeugnissen, sondern mit persönlichen Dienstleistungen oder untergeordneter Industriearbeit unter der Kontrolle einer neuen Finanzaristokratie beschäftigt werden...“

Dass die „westlichen Werte“ für die Arbeiterklasse und die Völker Ausbeutung, Hunger, Flucht und letztendlich Krieg bedeuten, sehen wir im Nahen Osten, in der Sahel-Zone, nicht zuletzt in der Ukraine. Am Imperialismus, auch am westlichen, gibt es nichts zu verteidigen – nur zu bekämpfen. Das Konstrukt Europäische Union ist ein Teil davon.

Deutschland, raus aus der EU!

S.N.