Seit einigen Monaten machen Besetzungen von Straßen, Gebäuden oder Betrieben immer wieder Schlagzeilen. Vor allem Klimaaktivisten sind zu diesen Formen des Protests übergegangen, um die Dringlichkeit ihrer Anliegen zu demonstrieren. Gleichzeitig gibt es viel Unmut in der Bevölkerung, der von Medien teils auch noch weiter vorangetrieben wird. Sind diese Besetzungen also eine sinnvolle Taktik?
Worum geht es?
In den aktuellen Fällen geht es vor allem um Aktivisten aus dem Umfeld der Klimabewegung, die aufgrund der sich zuspitzenden Gefahren durch die Umweltzerstörung einen noch größeren Druck auf die Politik aufbauen wollen. Dies ist gut verständlich, sieht man sich die Prognosen für die Erderwärmung und die damit verbundenen Folgen für das Leben auf der Erde an. Auch wenn die Fridays for Future-Bewegung seit Jahren große Proteste auf die Straße trägt, treibt die deutsche Politik die Umweltzerstörung weiter voran und zeigt, dass sie die Profite von Konzernen weiterhin über eine lebenswerte Zukunft für die breite Masse der Bevölkerung stellt.
In diesem Verhältnis zeigt sich auch, worum es bei der Klimakrise wirklich geht, denn die Umweltzerstörung nutzt in erster Linie den Besitzenden, die ihren Besitz durch die Ausbeutung der Umwelt noch weiter vermehren. Die Lohnabhängigen sowie Schüler und Studenten, die von der Umweltzerstörung betroffen sein werden, bilden hingegen die große Mehrzahl der Bevölkerung und sind die Leidtragenden dieser Politik. Der Kampf gegen die Klimakrise ist somit in erster Linie ein Klassenkonflikt, in dem die Interessen der arbeitenden Klasse gegen die der Herrschenden zum Ausdruck kommen.
Dass der großen Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland also durch derzeitige Politik geschadet wird ist offensichtlich. Gleichzeitig tun die Regierung sowie die Kapitalisten verständlicherweise alles, um dieses Verhältnis zu verschleiern und somit ungestört weiter profitieren zu können. Sie stellen die Proteste gegen ihre Politik, wo immer es geht, als übertrieben und ungerechtfertigt dar – das konnte man auch zu Beginn der Fridays for Future Bewegung sehen. Es wird versucht, den Konflikt als einen Konflikt zwischen jung und alt darzustellen, oder den Arbeitenden einzureden, dass ihnen die Bekämpfung des Klimawandels mehr schadet als nützt, indem sie Klimafragen gegen soziale Fragen ausspielen. Die Aufgabe, vor der die Klimabewegung also steht, ist zu zeigen, dass ihre Anliegen die Anliegen der gesamten arbeitenden Bevölkerung sind – das heißt auch, Forderungen aufzustellen, die die Abwälzung der Klimakrise auf die Arbeitenden, zum Beispiel durch Steuern, nicht zulassen, sondern die Verursacher zur Kasse zu bitten und soziale Forderungen im Interesse der Arbeitenden (wie zum Beispiel einen günstigen Nahverkehr) zu stellen.
Wie können diese Forderungen stark gemacht werden?
Genau wie inhaltlich die Interessen der arbeitenden Bevölkerung in der Klimabewegung zum Ausdruck kommen müssen, so muss dies sich auch in der Aktionsform widerspiegeln. Die Kraft der Arbeitenden liegt darin, dass sie Massenproteste auf die Straße tragen können, aber auch, und dies ist das mächtigste Druckmittel der arbeitenden Klasse, in den Streik treten können, um die Verursacher der Probleme direkt unter Druck zu setzen, indem sie ihnen ihre Profite verwehren und ihre Machtposition als Arbeiter ausspielen. Aber auch andere Aktionsformen können sinnvoll sein. Es wäre falsch, Besetzungen grundsätzlich abzulehnen – diese können zum Beispiel bei Streiks als Besetzungen der Werkstore ein sinnvolles Mittel sein. Auch Besetzungen an Hochschulen oder Schulen, die direkte Forderungen an die Leitungen stellen, können sinnvoll sein, wenn sie von einer großen Anzahl an Studierenden oder Schülern getragen werden. Das wichtige ist, dass die Aktionsform die Interessen derjenigen zum Ausdruck bringen, die sie vertreten, und sich klar gegen diejenigen richten, die diesen schaden. Wenn sich jedoch beispielsweise eine kleine Anzahl von Menschen auf die Straße klebt und damit den Berufsverkehr lahmlegt, ist dieses Verhältnis nicht gegeben. Diejenigen, die am meisten Schaden davon nehmen sind Autofahrer, größtenteils Arbeiter, die zur oder von der Arbeit kommen müssen. Diese sind nicht die Verursacher der Klimakrise und man gewinnt sie auch nicht für den gemeinsamen Kampf, indem man ihnen das Leben erschwert. Die Politik hingegen hat es ab diesem Moment leicht, den Protest zu kriminalisieren und die Klimaaktivisten gegen die Autofahrer auszuspielen. Die Besetzung verfehlt nicht nur ihr Ziel, Druck auf die Verantwortlichen auszuüben, sie kann dem Anliegen sogar schaden, weil sie durch ihre Aktionsform viel eher die breite Masse der Bevölkerung zur Verantwortung zieht.
Aktionsformen müssen somit in jeder Situation danach bewertet werden, inwiefern sie es schaffen, die Interessen der arbeitenden Klasse sowohl gebündelt zum Ausdruck zu bringen als auch noch mehr Menschen von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Wenn diese Faktoren gegeben sind können, wie oben beschrieben, auch Besetzungen ein Mittel sein. Wir sehen jedoch, dass die Besetzungen, wie sie jetzt passieren, einen gegenteiligen Effekt haben und die Klimabewegung in Widerspruch zu denjenigen stellen, die eigentlich ein großes Interesse an ihren Forderungen haben sollten.