Solidarischer Herbst: Löhne rauf, Preise runter!

Düsseldorf

Bei der NRW-weiten Düsseldorfer Demonstration und Kundgebung unter dem Titel „Solidarisch durch die Krise“ kamen 5000 Teilnehmer*innen zusammen. Es gab mehr Zulauf als erwartet, so die drei Gewerkschaften. Organisiert wurde es in erster Linie von der ver.di, IG BAU und der NGG, die GEW unterstütze und seitens weiterer Sozialverbände gab es auch Unterstützung. Hinzu nahmen auch etliche Parteien wie DKP, MLPD, Linke, und Organisationen wie SDAJ, Kommunistischer Aufbau (KA), DIDF und ATIF teil. Unter diesen gab es grössere Blöcke der DKP und der DIDF. Unter den Gewerkschaften stellte die ver.di die meisten Teilnehmer*innen. Gerade aus der Gesundheitsbranche, Handel und dem öffentlichen Dienst kamen viele Kolleg*innen. Der Block der IG BAU war der lebendigste und stellte den zweit größten Demoblock. Mit dabei Bauarbeiter und Reinigungskräfte. Auf vielen Transparenten waren friedenspolitische, klassenkämpferische und Forderungen wie z.B. nach einer Vermögensabgabe und einer Umverteilung zu sehen. Löhne rauf, Preise runter!

Gute Stimmung, guter Start!

Obwohl die drei Gewerkschaften nur wenig Zeit, genauer gesagt 3 Wochen, hatten, bei den Arbeiter*innen der verschiedenen Branchen zu mobilisieren, war es für den Anfang ein gelungener Aktionstag. Zuvor gab es in den drei Gewerkschaften auch regionale Beschlüsse wo sich aktive Gewerkschafter*innen aus der Basis für die Durchführung sozialer Proteste entschieden haben. Der Redebeitrag der Stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Andrea Kocsis stieß bei nicht wenigen Teilnehmer*innen auf Kritik, denn sie fokussierte sich auf Kriegshandlungen und Sanktionen gegen Russland. Kritik zur  Aufrüstungspolitik gab es von ihr nicht. Danach sprachen auf der Bühne Kolleg*innen, die von der Krise und Inflation betroffenen Arbeiterinnen aus den Branchen der ver.di, IG BAU und NGG., Deren Kurzbeiträge gegen die Inflation, Aufrüstung und den notwendigen Kampf für höhere Löhne und insbesondere zu den anstehenden Tarifauseinandersetzungen bekamen sehr viel Zuspruch.

Zunehmende Klassenwidersprüche führen zu zwei Seiten!

An dem Protesttag in Düsseldorf nahmen leider der DGB, die IG Metall, die IG BCE und die anderen Gewerkschaften leider nicht teil. Die Leitungen dieser Gewerkschaften hatten das wohl so entschieden. Man ging auch davon aus, das sich nicht viele Arbeiter*innen in solch einem Maß beteiligen. Das wurde jetzt kräftig widerlegt. Man muss aber auch erwähnen, dass wahrscheinlich auch die Basis, also die Mitglieder dieser anderen Einzelgewerkschaften nicht abgeneigt sind, sich an solchen Protesten teilzunehmen. So gab es z.B. in vielen anderen Verwaltungsstellen Entscheidungen, bei örtlichen Protesten teilzunehmen. So waren auch auf der Demonstration einige IG Metall Fahnen zu sehen. Die zunehmenden Klassenwidersprüche führen auch in den Gewerkschaften zu zwei Seiten, auf der einen Seite die Gewerkschaftsbürokratie, die stets eine Stellvertreterrolle für die Arbeiter*innen annimmt, sich der Regierung auch kaum entgegenstellen möchte und die Seite der Basis, der Gewerkschaftsmitglieder, der klassenbewussten, kämpferischen Gewerkschafter*innen, die ernsthaft starke und kämpfende Gewerkschaften haben wollen.

Stärke liegt in der Einheit!

Wichtiger denn je ist es, dass alle Gewerkschaftsmitglieder an den zukünftigen lokalen oder zentralen Protesten teilnehmen und Diskussionen und Beschlüsse herbei führen. Die Stärke der Gewerkschaftsbewegung liegt in ihrer Einheit. Stark sind die Arbeiter*innen nur, wenn sie zusammen auf die Straße gehen, unmöglich ist das nicht, also tun wir was dafür, für starke Gewerkschaften, die Kämpfe und Auseinandersetzungen nicht scheuen sondern führen.

Auf der Demonstration wurden auch die aktuellen Flyer von Arbeit-Zukunft zur Inflation und den Preissteigerungen verteilt.

CK/ Arbeit-Zukunft

Berlin

Am 22. Oktober fanden bundesweit in sechs Städten Demonstrationen unter dem Motto „Solidarischer Herbst“ statt, bei denen insgesamt über 24.000 Menschen teilnahmen, 6.000 davon in Berlin. Unter den vielen dort vertretenen Organisationen war auch die DİDF, mit dem Banner „Lebensmittel, Wohnen und Energie sind keine Luxusgüter!“ Von „Arbeit Zukunft“ wurden Flugblätter und Zeitungen verteilt.

Die Demonstration begann am Invalidenpark mit der Versammlung der Demonstrant*innen und kurzen Reden, verlief dann am Bundestag vorbei bis zum Brandenburger Tor. Dort fanden dann die Abschlussreden statt. Mit der Demonstration wurde der Regierung ein deutliches Zeichen gesetzt: die Löhne rauf, die Mieten runter.
B.C.

Stuttgart

Der so genannte Solidarische Herbst – da muss noch viel geschehen!

Nach Veranstalterangaben demonstrierten am Samstag, 22. Oktober 2022 in Stuttgart rund 4000 durch die Innenstadt. Sie waren dem Aufruf „Solidarischer Herbst – Soziale Sicherheit schaffen Energiewende beschleunigen!“ gefolgt, einem sozialpartnerschaftlich-reformistischen Manifest, der keinerlei klaren Trennungsstrich zur offiziellen Kriegspolitik der Berliner Regierung zieht.

Real dürften es in Stuttgart weniger, vielleicht 3000 Menschen gewesen sein. Außerdem demonstrierten laut Veranstaltern in Berlin ca.6.000, in Düsseldorf und Frankfurt je 5.000, in Dresden 2.000, zusammen ca. 24000 Menschen. Der Deustchlandfunk sprach am Abend des Tages freilich von „nur rund um die 15000“ und bewertete dies als Niederlage.

Das Bündnis „Solidarischer Herbst“ wird bundesweit getragen vom DGB, Campact, von ver.di, BUND, dem Paritätischen Gesamtverband, der Bürgerbewegung Finanzwende, Attac, Greenpeace, der GEW und der Volkssolidarität.

Die rasende Teuerungsrate von zur Zeit über zehn Prozent, Preisschocks an den Energiemärkten, , drohende Versorgungsengpässe und Rückschritte beim Klimaschutz träfen breite Schichten der Bevölkerung, die Ärmeren jedoch weitaus härter als die Wohlhabenden, so die Veranstalter.

In Stuttgart waren auch Linkspartei, DKP, MLPD und andere linke Organisationen aktiv. Auch wir von Arbeit Zukunft waren dabei. Auffällig waren relativ starke Blöcke von „Omas gegen Rechts“, von Atomkraftgegner/innen und Umweltschützer/innen wie Fridays for Future. Gewerkschafter/innen von ver.di und GEW zeigten starke Präsenz. Die IG Metall-Führung hat sich demgegenüber an den Aktionen gar nicht beteiligt. Weder hatte sie aufgerufen, noch wurde in den Metallbetrieben nennenswert mobilisiert.

Immerhin waren keine Deutschlandfahnen zu sehen, aber durchaus Leute, die die offen Ukraine unterstützen.

Reformistischer Aufruf!

Im offiziellen Aktionsaufruf heißt es:

In diesem Herbst treffen uns die Folgen von Putins Angriffskrieg mit voller Wucht: Viele von uns wissen nicht, wie sie Gas- und Stromrechnung bezahlen sollen. Etliche haben sogar Angst, ihre Wohnung zu verlieren und vom gesellschaftlichen Leben weiter ausgeschlossen zu werden – weil alles teurer wird, Löhne und Transferleistungen reichen nicht mehr aus. In dieser Krise stehen wir solidarisch an der Seite der Ukraine. Doch wir brauchen jetzt eine solidarische Politik auch bei uns, die gleichzeitig die Weichen stellt, um die Abhängigkeit von fossilen Energien zu beenden.“

Wieso stehen wir nicht solidarisch zu den Kolleg/innen und Kollegen der russischen Föderation, die in den Krieg gezwungen werden? Warum nicht solidarisch zu denen, die Aktionen gegen Waffentransporte organisierten wie in Belarus oder in Italien? Warum kein Wort über die Krisen- und Kriegsgewinner, die die Situation wie in allen Kriegen zuvor schamlos für ihre Profitmacherei ausnutzen, Milliarden Extraprofit einstreichen, warum kein Wort vom Kapitalismus, diesem System, das schon lange vor dem 24.Februar 2022 alle Preise in die Höhe zu pushen begann?

Stattdessen die offizielle Linie der Regierung: Russischer Angriffskrieg, Solidarität mit der Ukraine… Dass es über alle nationalistischen Grenzen Arbeiterinnen und Arbeiter-Solidarität braucht, davon kein Wort. Aus diesem Grund haben wir den Aufruf nicht unterzeichnet.

Trotzdem gibt es natürlich zutreffende Beschreibungen der Lage für die arbeitenden Menschen und berechtigte Forderungen: z.B. Mietenstopp, höheres Bürgergeld, eine 500-Euro-Brutto-Soforthilfe, bezahlbare Nachfolge für das 9-Euro-Ticket oder einen Schutzschirm für die Daseinsvorsorge. Das gibt Gelegenheit, eigene Forderungen nach konsequenter Durchsetzung der Tarifforderungen – 8% bei der IG Metall, 10,5 % bei ver.di – sowie nach Preisbegrenzungen und Mietenstopp, nach Arbeitszeitverkürzung sowie nach dem Ende des Krieges vorzubringen. Das taten denn auch viele, ohne sich von dem opportunistischen Reden der Organsator/innen beeindrucken zu lassen.

Arbeit Zukunft auf der Stuttgarter Demo

Wir verteilten unseren Flyer „Hungern und Frieren für den Krieg? Nein!“, außerdem noch einige unserer kurzfristig erstellten Mobi-Flyer, die wir in der Woche davor bei Daimler verteilt hatten. In diesem forderten wir Kolleginnen und Kollegen zu eigenständigem Agieren auf, und spielten dabei auf die kämpferischen Tarifrunden-Aktionen der Vorwoche in Kornwestheim an (Vgl.: https://www.arbeit-zukunft.de/2022/10/13/lautstark-und-kampfbereit-5000-metallerinnen-und-metaller-in-kornwestheim/ ) Unsere Forderungen waren anders als im offiziellen Aufruf:

* Stoppt den Krieg jetzt!

* Waffenstillstand!

* Schluss mit Waffenlieferungen und Kriegsfinanzierung!

* Deutsche Soldaten zurück aus aus den Auslandseinsätzen!

* Raus aus EU und NATO!

* Russland raus aus der Ukraine!

* Lohn- und Rentenerhöhung: lnflationsrate plus X!

* Enteignung der Energiekonzerne!

* Abschaffung des Hartz-IV-Systems, auch wenn es als Bürgergeld verkleidet wird!

* Drastische Erhöhung der Besteuerung der Konzerne und Reichen!

* Sofortige Wiedereinführung der ausgesetzten Vermögenssteuer!

* Für eine Energiewende für die anbeitenden Menschen, nicht für die Enengiemonopole!

Starke Aufmerksamkeit erweckten unsere Sandwich-Schilder.

Wir ziehen nicht in euren Krieg! Wir frieren und wir hungern nicht für Eure Kriege! Energieprofite einkassieren! Energiemonopole enteignen!

Und: Keine Waffen liefern! Raus aus NATO und EU! 100 Mrd. für Schulen und Krankenhäuser!

Immer wieder wurden sie geknipst, gab es Kommentare aus der Demo und von Passanten: viel Zustimmnung, aber auch schroffe Ablehnung! („Was Sie da vertreten, ist unanständig!“).

Auch dass wir auf der Rückseite Freiheit für Julian Assange forderten, kam bei vielen sehr gut an!

Mobilisierung in den Betrieben?

Anscheinend gehörten wir damit zu den Wenigen, die in bzw. vor den Betrieben mobilisierten.

In den Betrieben lief, soweit wir es mitbekommen haben, fast nichts!

Die Kundgebung?

Die Reden waren demgegenüber – wie zu erwarten – eher brav und reformistisch. Trotzdem ist natürlich etwas dran, wenn Kai Burmeister, der der Baden Württembergische DGB-Chef laut Stuttgarter Zeitung(14.10.2022) und SWR sagte:

Sorgt dafür, dass die Menschen gut durch den Winter kommen!“ Die 300 Euro Endergiepauschale reichten nicht aus, er fordere 500 Euro Soforthilfe noch im Dezember, sowie die Übernahme der Abschlagszahlung für Energie nicht nur für Dezember, sondern auch für Januar 2023 durch die Bundesregierung.

Solche Forderungen lehnen wir nicht ab, aber andere fordern zu Recht längst mehr, z.B. 1000 Euro Wintergeld! Warum unterstützt das Kollege Burmeister nicht? Ist die DGB-Führung um Jasmin Fahimi längst im Wort bei Regierung und Kapital, für „Mäßigung“ zu sorgen? Und wenn Kollege Burmeister beteuert, einiges sei erreicht worden wie der Gaspreisdeckel, der vom DGB ins Spiel gebracht worden sei, dann schürt er Illusionen! Denn vom „Gaspreisdeckel“ ist noch nicht eine einzige Maßnahme beschlossen! In jedem Fall wird es ein Hauen und Stechen mit der offenen Kapitalpartei FDP um die endgültigen Beträge geben! Schon im Vorfeld der Demo barmte der Sozialverband Baden Württemberg, „der soziale Frieden in der Gesellschaft darf nicht gefährdet werden

Wir dagegen halten fest, dass Kapital und Regierung mit ihrer Kriegspolitik längst selbst den sozialen Frieden in Frage stellen, während die Arbeiterklasse sich endlich entschieden der Angriffe auf ihre Lebenslage und des immer bedrohlicher werdenden Krieges erwehren muss. Davon haben die Aktionen wenig spüren lassen!

Für kämpferische, klassenkämpferische Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, für kämpferische Kolleginnen und Kollegen bleibt sehr viel zu tun, um in diesem schwachen, opportunistischen Bündnis eine kämpferische Antikriegslinie durchzusetzen. Der Skandal, dass sich die IGM-Führung aus dem Kampf raushält, muss endlich beendet werden!