Immer mehr häufen sich Katastrophenmeldungen: Einerseits extreme Trockenheit und riesige Flächenbrände, andererseits todbringende Fluten und Überschwemmungen. Der Kapitalismus zeigt sein zerstörerisches Gesicht. Für den Profit wird alles niedergemacht.
Auch fortschrittliche, bürgerliche Schriftsteller beschäftigen sich mit den Bedrohungen. Es gibt eine Unmenge Literatur dazu. Daraus haben wir einige Bücher ausgewählt, die einen Eindruck davon geben, wie fortschrittliche, bürgerliche Kräfte diese Bedrohung verarbeiten.
Überwiegend haben die vorgestellten Bücher einen realistischen Aspekt. Sie stellen oft sehr drastisch dar, was die Zerstörung der Umwelt bedeutet und machen das mit literarischen Mitteln plastisch sichtbar. Es lohnt sich also, diese zu lesen.
Zugleich haben aber alle eine große Schwäche: Sie kennen nur den Weg in die Katastrophe. Als Ursache wird „der Mensch“ dargestellt. Der Kapitalismus als zerstörerische Gesellschaftsform kommt nicht vor. Allen diesen Werken fehlt eine Perspektive. Die Möglichkeit einer Rettung der Menschen und der Umwelt durch eine andere, sozialistische Gesellschaft oder überhaupt irgendeine positive Lösung gibt es nicht.
Am auffälligsten ist das bei Doris Lessing, die während des 2.Weltkrieges der Kommunistischen Partei Britanniens beitrat und 1956 wieder austrat. Ihre tiefe Resignation und Perspektivlosigkeit durchzieht die vorgestellten Werke. Es gibt keinen Ausweg, nur Zerstörung, Verzweiflung, Elend. Es gibt keine gesellschaftlichen Ursachen, sondern nur den „Menschen“. Alles was sie über den Kapitalismus wusste, scheint wie ausgelöscht in ihren Werken.
Auch in der heutigen Umweltbewegung gibt es diesen Kampf zwischen resignativer Katastrophenstimmung einerseits und einer Perspektive in einer neuen, menschen- und umweltgerechten Gesellschaftsordnung. Es gibt die, die ganz allgemein „den Menschen“ verantwortlich machen, und denen, die die gesellschaftlichen Zusammenhänge aufdecken und für eine Veränderung kämpfen.
Marlen Haushofer: Die Wand
Eine Frau wird von Ihrer Cousine und deren Mann für ein Wochenende in die Jagdhütte des Paares eingeladen. Die beiden machen abends noch mit dem Hund einen Gang ins Dorf. Nur der Hund kommt völlig verstört zurück. Mit blutigem Maul. Als sie sich auf die Suche nach den beiden macht, stößt sie mit dem Kopf gegen eine durchsichtige Wand, die das ganze Tal durchzieht und sie vom Rest der Welt absperrt. Hinter der Wand ist alles Leben bis hin zum kleinsten Insekt versteinert. Auf ihrer Seite findet die Frau noch eine trächtige Kuh und später gesellt sich noch eine Katze zu ihr. Zunächst wartet sie auf ein Rettungskommando, das sie holen kommt. Auch einen Sieger, der diese Schreckenswaffe eingesetzt hat, erwartet sie. Als sie merkt, dass es keinen Rundfunk mehr gibt und keine Flugzeuge mehr am Himmel erscheinen, wird ihr klar, dass sie nun auf sich selbst gestellt ist. Da nichts weiter geschieht, beginnt sie, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und den Tieren ein einfaches beschwerliches Leben wie Robinson auf seiner Insel. Die innige Beziehung zu den Tieren und die Verantwortung für sie erhält sie am Leben. Ihr Leben wird düster, als ein weiterer Überlebender in ihr Idyll einbricht, der den jungen Stier ihrer Kuh und ihren geliebten Hund tötet. Sie tötet den Mann und ist nun allein mit der Katze und der Kuh. Ihr Ende erwartend schreibt sie eine Chronik der Ereignisse auf alte Kalenderblätter.
Doris Lessing: Die Memoiren einer Überlebenden
Eine Frau vegetiert nach einer nicht näher benannten Katastrophe mit anderen Überlebenden in den Überresten einer ehemaligen Stadt. Marodierende Horden ziehen umher auf der Suche nach etwas Essbarem oder einem Platz, an dem es sich noch besser leben lässt. Wer noch etwas hat, etwa einen kleinen Garten und Tiere, muss das bewachen. Es gibt keinen Strom mehr und Wasser ist verschmutzt und muss gekauft werden. Der Frau wird ein Mädchen und dessen hässliches gelbes Katzentier gebracht. Sie soll darauf aufpassen. Katzen gibt es sonst schon nicht mehr, sie wurden alle gegessen. Das Mädchen schließt sich einer Gang von Kindern und Jugendlichen an, die von einem jungen Mann angeführt wird. Die Mitglieder seiner Gang werden immer jünger und grausamer. Sie schrecken auch nicht mehr vor Mord und Kannibalismus zurück. Am Ende gehen alle zusammen durch die Wand der Wohnung, die durchlässig wird.
Frank Schätzing: Der Schwarm
Überall rund um die Welt geschehen kleine und große Katastrophen: Ein Fischer wird von einem Makrelenschwarm ertränkt, Wale geraten beim Whale-Watching außer Kontrolle und greifen die Zuschauer an. Ein Forschungsschiff wird versenkt, das Eis der Polkappen schmilzt rasant und dabei werden Forscher getötet. Kurz: Die ganze Natur hat sich verschworen, um die Menschen von der Erde zu fegen. Dahinter steckt ein Schwarm von Milliarden Einzellern, den Yrr mit einer Königin.
Sie existieren schon seit Beginn der Erde und haben genug von den Menschen und ihrer Umweltvernichtung. Am Ende gelingt es einigen Forschern, die Yrr zu beschwichtigen. Meiner Meinung nach ist die Erfindung der Yrr überflüssig, weil der Kapitalismus es ganz alleine schafft, die Erde zu vernichten und für die Menschen unbewohnbar zu machen. Ich kann die Verzweiflung der jungen Menschen verstehen, die sehen, wie unsere Welt zugrunde geht und dagegen ankämpfen.
Doris Lessing: Mara und Dann
Zwei Königskinder, genannt Mara und Dann, überleben eine Palastrevolte in einem fiktiven Land mit zerstörter Umwelt und Zivilisation in ferner Zukunft. Es wird Ifrik genannt und hat eine bizarre Tier- und Pflanzenwelt. Gequält von Durst und Hunger irren sie mit vielen anderen Flüchtlingen durch den Kontinent nach Norden auf der Suche nach erträglichen Lebensbedingungen.
Die Errungenschaften vergangener Kulturen sind verloren gegangen. Einzelne Geräte sind noch in Betrieb, wie ehemalige Flugzeuge, die als Gleiter verwendet werden, Bahnwaggons, die auf verrotteten Gleisen von Menschen gezogen und geschoben werden. Ein solarbetriebenes Boot, das aber nach dem Tod der Besitzerin niemand mehr bedienen kann. Der Kontinent wird immer trockener und lebensfeindlicher. Immer weniger Kinder werden geboren und noch weniger überleben. Am Ende erreicht das Geschwisterpaar im Norden eine Gegend, wo es westlich noch ein Meer und Überlebensmöglichkeiten gibt.
T. C. Boyle: América
Ein Paar, das auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen illegal in die USA eingereist wird, wird dort Opfer von schamloser Ausbeutung, Verbrechen. Der Mann wird von einem reichen Amerikaner mit dem Auto angefahren, wodurch die Situation der beiden noch unerträglicher wird. Der reiche Mann begegnet seinem Opfer, fühlt sich von dessen Elend bedroht. Die Reichen verbarrikadieren sich in ihrer in einem illegal in einem Landschaftsschutzgebiet errichteten Siedlung immer mehr. Ihre Angst vor den armen Menschen nimmt krankhafte Züge an. Die tatsächliche Gefahr kommt aber aus der malträtierten Natur; Der Bergbach, der durch die Siedlung keinen Platz mehr hat, löst bei einem Unwetter einen Erdrutsch aus und begräbt die Armen und die Reichen gleichermaßen.