In den auf Druck der Gewerkschaft vorgezogenen Tarifverhandlung für das Gebäudereiniger-Handwerk kam es in der 2.Tarifverhandlung mit dem Bundesinnungsverband zu einer Einigung. Für die 700.000 Beschäftigten soll es ab Oktober 2022 zu Lohnerhöhungen kommen. Der neue Branchenmindestlohn der Lohngruppe 1 soll für die Reinigungskräfte ab Oktober 2022 von aktuell 11,55 Euro auf 13,- Euro steigen, das sind 12,6 Prozent. Im zweiten Schritt soll es ab dem 01.01.2024 eine weitere Erhöhung für alle Lohngruppen von 50 Cent geben. Für den Branchenmindestlohn 2 der Lohngruppe 6 soll der Stundenlohn für die Glasreiniger von aktuell 14,81 Euro auf 16,20 Euro, also um 9,8 % steigen. Der Tarifvertrag soll bis zum 31.12.2024 laufen.
Trotz laufenden Tarifvertrag, neue Tarifeinigung durchgesetzt!
Eigentlich hätte der vorherige Tarifvertrag noch bis Ende 2023 gegolten, durch die Erhöhung des allgemeinverbindlichen Mindestlohns ab Oktober 2022 auf 12,-Euro hätten die Reinigungskräfte zwar auch diesen bekommen, aber es hätte keinen Lohnabstand der schweren körperlichen Arbeit in der Gebäudereinigung im Gegensatz zu einfachen anderen Tätigkeiten aus anderen Branchen gegeben. Dies hätte die Arbeitgeber aus dem Gebäudereiniger-Handwerk in eine noch tiefere Krise bei der Suche nach Arbeitskräften gestürzt. Hinzu kommt das viele Reinigungskräfte den Job wechseln würden falls es keinen Lohnabstand zu 12,- Euro geben würde. Das ist natürlich nicht losgelöst von der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden hohen Inflation und den Preissteigerungen zu sehen. Dies führt dazu dass die Löhne immer mehr dahinschmelzen und die Empörung darüber war bei den Reinigungskräften hoch. Das führte auch zu dieser Tarifeinigung. Zuvor gab es betriebliche Aktionen.
Die Schattenseite des eigentlich hohen Abschlusses ist die lange Laufzeit, wobei man auch in der Tarifauseinandersetzung nicht das wichtigste Druckmittel des Streiks ziehen durfte, weil es ja eigentlich einen laufenden Tarifvertrag gab. Einen „wilden“ Streik hat die Gewerkschaft gescheut. Diese Tarifeinigung zeigt aber, dass es auch in Branchen, wo kein hoher Organisationsgrad existiert, durchaus aufgrund der Empörung bei den Arbeiter*innen und den Umständen der schmelzenden Löhnen möglich ist, Tarifverhandlungen vorzuziehen, außerordentliche Tarifverhandlungen einzufordern und Tarifabschlüsse über der Inflationsrate durchzusetzen.
Cayan Kartal