Solidaritätsaktion für Lorenz Gösta Beutin; eigenes Foto
Gegen den Bau des Steinkohlekraftwerks Datteln IV haben die Menschen in den benachbarten Orten schon von Anfang an gekämpft und konnten seine Inbetriebnahme immerhin 16 Jahre lang verhindern. Nachdem es den Umweltschützern im Braunkohlegebiet gelungen war, durch ihren ebenfalls jahrelangen Kampf wenigstens einen kleinen Rest des Hambacher Forstes zu retten, setzten sie sich für die Verhinderung des in jeder Beziehung „letzten“ Steinkohlekraftwerks Datteln IV ein. Der Kampf der dortigen Bürgerinitiative wurde sogar bis Schweden bekannt – Greta Thunberg – Trägerin des alternativen Friedensnobelpreises – sandte ihnen Grüße.
Bei der Planung des Kraftwerkes gab es viele Tricksereien, die von der BI immer wieder aufgedeckt wurden. Ihr kennt ja alle das Paragraphen-Symbol – sieht das nicht wirklich schön wendig und biegsam aus?
Im Februar 2020 führten zahlreiche Umweltschützer wieder einmal eine Protestaktion durch. Dabei drangen sie auf das Gelände der Betreiberfirma Uniper vor, zahlreiche Personen wurden von der Polizei festgenommen und Uniper erstattete gegen 102 von ihnen Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch. Es gab mehr als 80 Verfahren, aber unseres Wissens nur einen Prozess mit Verurteilung.
Wer ist dieser Übeltäter? Nun, nicht nur aus Schweden, sondern auch aus Schleswig-Holstein kam Interesse. Dort ist Lorenz Gösta Beutin zuhause, Bundestagsabgeordneter der Partei „Die Linke“.Er begleitete im Februar 2020 in seiner Funktion als „parlamentarischer Beobachter“ für seine Partei die Besetzung des Firmengeländes. Das steht ihm rechtlich zu und er besitzt ja als Abgeordneter auch Immunität. Da „man“ ihm aber den Prozess machen wollte, hob der Bundestag (entscheidet der nicht frei?) die Immunität auf. Am 12. August fand nun vor dem Amtsgericht Recklinghausen der Prozess statt und endete – vorerst – mit dem oben genannten Urteil.
Bemerkenswert ist die Anklage und Urteilsbegründung. Demnach hat Lorenz Gösta Beutin seine Stellung als Abgeordneter missbraucht, sie sei keine Rechtfertigung für strafrechtliche Handlungen. Und dann kam der punktgenaue KO-Schlag: Der Bösewicht hat über das, was er als parlamentarischer Beobachter gesehen hat, nicht geschwiegen!!! Nein, der Kerl hat sogar in öffentlichen Netzwerken mehrfach darüber berichtet!!! Und nun kommt der endgültige KO-Schlag: laut Richterin schreibt er doch tatsächlich in einer Art Live-Berichterstattung „sinngemäß“ (??? – AZ): „Wir haben den Kran geentert.“ Zack, Lorenz, jetzt haben sie Dich! „Wir“ – meine Güte, das beweist doch: Du warst dabei! Und nicht nur das – Du nimmst Leserin und Leser mit! Du hast zwar nichts besetzt, nichts zerstört und auch niemanden zu so etwas aufgerufen; ja, Dir bestätigt sogar das Gericht, dass Du lebendig berichtet hast – ich weiß zwar nicht, gegen welchen Paragraphen das verstößt, aber das ist Amtsmissbrauch! Die von Dir Verführten haben wegen Dir Hausfriedensbruch in der virtuellen Realität begangen!
Alles hat zwei Seiten. Die eine ist die Justiz – die andere ist da schon erfreulicher. Lorenz Gösta war nicht allein und wird es auch nicht bleiben. Vor dem Amtsgericht hatten sich mehr als 30 Menschen zu einer Solidaritätsaktion getroffen und im Gerichtssaal waren auch einige von ihnen. Natürlich war die Linkspartei dabei, aber auch die „satirische“ Die Partei – und die zeigte, dass sie durchaus auch etwas sehr ernst nehmen kann! Und was mich besonders freute: Fridays for Future, Extinction Rebellion, Ende-Gelände und natürlich unsere „Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (Arbeit Zukunft) waren ebenfalls zur Unterstützung gekommen… „Die herrschenden Gesetze sind die Gesetze der Herrschenden“ (Karl Marx)