Vor 70 Jahren: Adenauer-Regierung verbietet die FDJ in der BRD

Wegen FDJ-Zeichen! Polizei greift Rosa-und-Karl-Demo an (Berlin, Januar 2021)

Vor 70 Jahren, am 26. Juni 1951, verbot die Bundesregierung unter Kanzler Adenauer durch Kabinettsbeschluss die Freie Deutsche Jugend (FDJ) in der Bundesrepublik. Die FDJ der DDR konnte sie nicht belangen, so gern sie das sicherlich getan hätte, aber im ersten Sozialistischen Staat auf deutschem Boden hatten sie damals keine Macht. Bis heute gilt faktisch dies Verbot, und es dient bis heute zu brutalen Angriffen des Staates auf Antifaschist/innen, auf Kommunist/innen, auf revolutionäre Menschen!

Aktualisiert am 29.6.21

Auf der Gedenk-Demonstration für Rosa und Karl am 10. Januar 2021 in Berlin griff hochgerüstete Polizei gewaltsam die ganze Aktion an. Sie berief sich darauf, dass auf der Demo mitgeführte FDJ Symbole verboten seien, nahm unter Anwendung brutaler Gewalt mehr als 35 Demonstranten/innen fest und verletzte viele. Auch wenn wir mit der heute agierenden FDJ, die nur wenig mit der früheren FDJ zu tun hat, und ihrer Politik nicht einverstanden sind, verteidigen wir ihr Recht. Der Hass der bundesdeutschen Staatsreligion des Antikommunismus trägt nach wie ekelerregende Früchte.

Schon wenige Wochen vor dem bundesweiten Verbot war die FDJ in Nordrhein-Westfalen durch den damaligen NRW-Innenminister Arnold (CDU) verboten worden. Auch das große politische Projekt der FDJ im Westen, die Volksbefragung gegen die Wiederaufrüstung der BRD und gegen ihren Anschluss an die NATO mittels des so genannten Generalvertrags wurde in der ganzen BRD untersagt. Diese von antikommunistischem Hass durchdrungenen Schläge beweisen, wie sehr sich die deutsche Reaktion um Adenauer, um den Nazi Globke (damals unter Adenauer zuständiger Leiter in der Hauptabteilung für innere Angelegenheiten, ab 1953 Chef im Kanzleramt), von dem großartigen Kampfgeist dieser stark proletarisch geprägten Jugendorganisation bloßgestellt und entlarvt sah!

Gegen die ca. 30000 jugendlichen Mitglieder – keineswegs alles Kommunisten, wie stets behauptet wurde – begann juristischer und politischer Terror. Ein knappes Jahr später, am 11. Mai 1952, erlebte das Wüten gegen die FDJ anlässlich einer erst tags zuvor verbotenen Friedensdemo, der „Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung und Generalvertrag“, in Essen einen blutigen Höhepunkt. Durch einen Schuss der Polizei wurde der gerade einmal 21-jährige FDJ-Kämpfer Philipp Müller ermordet.

 

Von der Adenauer Polizei erschossen: Philipp Müller Quelle: Bundesarchiv /wikipedia

Die FDJ stritt einfallsreich, mutig und militant gegen die Wiederbewaffnung der BRD unter Adenauer. Sie trat ein für ein vereintes antifaschistisch-demokratisches, sozialistisches Deutschland, da das Land ja 1949 durch die imperialistischen Westmächte und den sich frech wieder aufrappelnden (west)deutschen Imperialismus gespalten worden war.

Die FDJ organisierte Demonstrationen und Blockaden, war stark in der Gewerkschaftsjugend vertreten und wurde von der im BRD-Bundestag vertretenen und 1956 ebenfalls verbotenen KPD unterstützt. Bekannt ist ihre Teilnahme am Weltjugendtreffen in Ostberlin im Mai 1950. Von da zurückkehrende FDJ-Genossinnen und Genossen wurden in der BRD mit massiver Polizeirepression empfangen, bekannt wurde die tagelange Festsetzung hunderter Aktiver bei Herrnburg nahe Lübeck, aber nicht nur dort. Die Jugendlichen wehrten sich gemeinsam und mutig gegen die Polizeimaßnahmen. Bertolt Brecht und Paul Dessau widmeten diesen Ereignissen ihr Chorwerk „Herrnburger Bericht“.

Am 19. September 1950 bereits hatte die Adenauer-Regierung für FDJ-, KPD- und VVN-Mitglieder ein Beschäftigungsverbot im öffentlichen Dienst verfügt. Das war – 22 Jahre im Voraus – die Blaupause für den so genannten Radikalenerlass von SPD-Bundeskanzler Willy Brandt (18. Februar 1972), der ebenfalls zahllose Berufsverbote zur Folge hatte.

Nach dem Verbot setzte eine schlimme Hatz auf die leitenden Genossinnen und Genossen der West-FDJ und ungezählte Mitglieder ein. Etliche sahen BRD-Knäste von innen.

Seit der sogenannten Wiedervereinigung besteht in Deutschland die absurde politisch-juristische Situation, dass das FDJ-Verbot nie aufgehoben wurde, also weiterbesteht bis heute. Im Einigungsvertrag aber von 1990, der den so genannten „Beitritt“ der DDR durch die BRD regelt, wurde der FDJ der DDR ein Weiterbestehen zugesichert. So gilt heute faktisch zweierlei „Recht“.

Natürlich wird zunehmend versucht, das Westrecht (Verbot) überall hin auszudehnen. Das Tragen des blauen FDJ-Hemds und das Zeigen ihrer Fahne werden immer wieder verboten, Aktivistinnen und Aktivisten zum Teil massiv und gewaltsam von der Polizei angegriffen – man denke an die eingangs geschilderten Ereignisse vom Januar in Berlin.

Angesichts der realen Größe der heutigen FDJ macht das nur Sinn im Gesamtzusammenhang des zunehmenden Abbaus demokratischer Rechte. In den letzten Jahren wurden immer wieder neue Polizeigesetze mit drastischen Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit und einer ungeheuren Ausdehnung der Bewaffnung der Polizei und ihrer Überwachungsmöglichkeiten in den Bundesländern durchgepeitscht. Gerade die Zeit der Pandemie, wo der Widerstand kaum auf die Straße getragen werden konnte, wurde massiv an dieser Schraube gedreht. 2020 kam es Baden-Württemberg zu einem neuen Polizeigesetz, das den Einsatz von Bodycams in Wohnungen, erleichterte Vorkontrollen bei Veranstaltungen und Demonstrationen, eine Ausweitung der öffentlichen Videoüberwachung und die erleichterte Überwachung von Personen ermöglicht. Das neue Polizeigesetz in Schleswig-Holstein erlaubt es der Polizei gezielt auch auf Jugendliche unter 14 Jahre schießen – der „finale Rettungsschuss“! Wie immer werden Freiheitsrechte eingeschränkt. Die Polizei dagegen erhält Elektroschocker und Bodycams sowie erweiterte Festnahmebefugnisse. Wohin die Reise geht, zeigt auch das neue Versammlungsgesetz in NRW. Am Samstag, dem 26.6.21 gab es eine Demonstration gegen dieses Versammlungsverhinderungsgesetz mit rund 15.000 Teilnehmer/innen. Nach diesem Gesetz sollen unter anderem Blockaden von Nazi-Aufmärschen verboten werden. Freie Bahn für „Nazis!“ ist das Motto der NRW-Landesregierung aus CDU und FDP unter Armin Laschet, dem CDU Kanzlerkandidaten. Dementsprechend wurde auch die Demonstration massiv von der Polizei angegriffen und über 100 Teilnehmer/innen verletzt.

Man sieht es geht heute darum, die demokratischen Rechte der großen Mehrheit des Volkes drastisch einzuschränken. Zugleich wird die Polizei zu einer Aufstandsbekämpfungstruppe aufgerüstet. Mit Bertolt Brecht fragen wir: „Haben sie denn so mächtige Feinde?“

Das immer schärfere Vorgehen gegen die heutige FDJ bedeutet in diesem Rahmen: Drohung und Einschüchterung. Jeder Gedanke an eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft soll vor allem der Jugend ausgetrieben werden.

Wir fordern deshalb:

Aufhebung des FDJ-Verbots und des Verbots ihrer Symbole!

Schluss mit den Angriffen auf FDJ-Aktivistinnen und -Aktivisten!